Sebastián Piñera hat kein gutes Händchen fürs Personal: Nachdem im März die Ernennung eines regionalen Verwaltungschefs zurückgezogen werden musste, weil dieser mutmaßlich mit der Colonia Dignidad verstrickt war, ist jetzt der Chef der Gendarmería zurückgetreten. Der Ex-Polizeigeneral Iván Andrusco leitete Chiles uniformierte Justizvollzugsbeamte nur 22 Tage lang. In einem am Freitag vegröffentlichten Schreiben beklagte er eine „Hetzkampagne“, die angeblich nicht einmal vor Morddrohungen Halt gemacht habe.
Sicher ist: Mit drei brutalen Morden wird Andrusco selbst in Verbindung gebracht – dem sogenannten Caso Degollados vom März 1985. Damals waren drei Mitglieder der im Untergrund agierenden Kommunisten entführt worden, man fand sie am nächsten Morgen mit aufgeschlitzten Kehlen in der Nähe des Flughafens. Der Fall schlug derart hohe Wellen, dass wenige Monate später sechs Angehörige des polizeilichen Geheimdienstes Dicomcar zu lebenslänglichen Freiheitsstrafen verurteilt wurden. Polizeigeneral und Junta-Mitglied César Mendoza musste seinen Posten räumen.
Andrusco gehörte damals der Dicomcar an und war möglicherweise in den Fall verwickelt. Das wurde ihm in den vergangenen Wochen von Menschenrechtsorganisationen vorgeworfen, die seinen Rücktritt forderten. An ihrer Spitze stand der Rechtsanwalt und kommunistische Abgeordnete Hugo Gutiérrez, dem Andrusco nun „Morddrohungen“ vorwirft. Aber nicht nur Kommunisten und Sozialisten, auch die Fraktion der Christdemokraten hatte die Ernennung des Ex-Generals scharf verurteilt. Ihr Abgeordneter Patricio Vallespín bezeichnete es als krassen Fehlgriff, jemanden auf einen solchen Posten zu heben, der „eine im Sinne der Menschenrechte mindestens zweifelhafte Vergangenheit hat“.
Wo die drei degollados seinerzeit gefunden wurden, steht heute ein Mahnmal am Rande der Autobahn: drei haushohe, leere Stühle.