Die Abschiedszeremonieen liegen hinter mir. Ich habe ein letztes Mal die Bürotüre geschlossen. Ein letztes Croissant gekauft. Eine letzte morgendliche Polit-Diskussion beim Zeitungshändler gehabt. Letzte innige Umarmungen von FreundInnen bekommen.
Dann waren alle Kartons gepackt. 15 Jahre in Paris liegen hinter mir.
Ich bin jetzt im Rythmus des ersten Mals: Die erste Metrokarte in Washington DC. Die erste Wohnungsbesichtigung. Der erste Supermarkt. Die erste Umrechnung der eisigen Temperaturen von Farenheit in Celsius.
Die alten Landschaften und Gewissheiten rücken rasant schnell in die Ferne. Frankreich, Deutschland und Europa schrumpfen zusammen. Und der Name „Sarkozy“, vor dem bis vor wenigen Tagen kein Entweichen möglich war, ist mir in den USA noch kein Mal begegnet.
Der Anfang meines neuen Lebens ähnelte dem Ende des alten. In Paris hatte uns ein Mann aus Algerien zum Flughafen gefahren. Acht Stunden später stiegen wir in Washington in einen Wagen ein, den ein Afghane lenkt.
Zwei Länder, zwei Taxifahrer, zwei Einwanderungsgeschichten. Und eine Perspektive, die sich verschiebt. In Washington DC geht der Blick in eine andere Welt. Im Stadtteil Mount Pleasant, wo Freunde uns fürs Erste beherbergen, gibt es Pupusas aus El Salvador und Burritos aus Mexiko. Ein junger Mann, der mir eine Telefonkarte verkauft, erzählt, daß er Kunden verliert, weil er als einziger im Laden nicht Spanisch spricht.
Washington hat nicht die architektonische Einheit von Paris. „Es ist eine Stadt für den zweiten Blick“, sagen Wohlmeinende. „Es ist tiefe Provinz“, lästern andere.
Beides kann ich noch nicht beurteilen. Aber schon nach drei Tagen in der Stadt spüre ich Umgangsformen, die ich aus Paris nicht kenne. So warten Washingtonians tatsächlich auf dem Bahnsteig ab, bis alle PassagierInnen ausgestiegen sind, bevor sie selbst ins Innere der Metro-Waggons drängen. So bieten sie auf der Straße ungebeten ihre ortskundliche Hilfe an. Und so finden sie nichts dabei, eine Fremde, nach einer kurzen Begegnung auf dem Treppenabsatz zu sich nachhause zu einem Umtrunk mit FreundInnen einzuladen.
Das mögen Kleinigkeiten sein. Aber sich erleichtern das Ankommen.