So sah es gestern von meinem Hotelzimmer im Zentrum von Tunis aus. Die Straßen waren leer. Es sind Schüsse zu hören, angeblich von Scharfschützen der alten Garde Ben Ali abgefeuert. Ein Armeehubschrauber sucht die Scharfschützen
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Es war eine etwas deftige Ankunft in Tunis. Eigentlich hat es ganz entspannt begonnen. Die Ankunftshalle am Flughafen war, anders als der Abflugterminal, vollkommen leer. Dieser Tage fliegen nicht viele Menschen nach Tunesien. Wir fanden einen netten Taxifahrer, der bereit war, uns für einen korrekten Preis zu unserem Hotel in die Stadtmitte zu fahren. Es gab nicht viele Autos auf den der Straßen und die Läden waren alle dicht, ansonsten schien aber alles recht normal zu sein. Zumindest bis wir die Gegend in der Nähe des Innenministeriums erreichten. Zwei Polizeiautos nahmen uns in die Zange, zehn Polizisten stürmten mit den Waffen im Anschlag auf unser Taxi zu und riefen, wir sollten sofort aussteigen und das ganze Gepäck auf die Straße werfen, das wir dann Stück für Stück öffnen mussten. Erst dann entspannten sie sich und baten uns, diesmal höflich, weiterzufahren. Die Prozedur wiederholte sich noch dreimal, allerdings ohne Zangenbewegung an ganz normalen Straßensperren. Meist waren nur unsere Pässe gefragt.
Dann musste das Taxi etwa einhundert Meter vor dem Hotel anhalten. Von dort ging es nur zu Fuß weiter, wobei ein paar freundliche Polizisten uns mit dem Fernsehgepäck halfen, als plötzlich eine ganze Reihe Schüsse fielen. Zusammen mit den Polizisten und dem Gepäck, warfen wir uns hinter das nächste Auto, um erst wieder hervorzukommen, als die Schüsse aufhörten. Woher sie kamen und wer in unsere Richtung geschossen hat, war unklar. Im Laufschritt kamen wir bei der Hotelpforte an, die mit Wellblech-Platten verbarrikadiert war, nur durch einen kleinen Schlitz können die Hotelgäste durchhuschen. Schnell, schnell hieß es, draußen lauerten die Scharfschützen der alten Präsidentengarde Ben Alis.
Den Rest des Tages verbrachten wir am Fenster im 20. Stockwerks des Hotels, das einen wunderschönen Ausblick auf die weißen Dächer von Tunis bietet. Immer wieder fallen Schüsse. Ein Hubschrauber der Armee kreist stundenlang über das Stadtzentrum, wohl um die Scharfschützen auf den Dächern auszumachen. Wer die sind, woher sie kommen? Keiner weiß es genau. Aber offensichtlich sind sie da, um für Chaos zu sorgen, um dem neuen Tunesien ohne Ben Ali den Anfang schwer zu machen.
Erst am Abend, mit Beginn der Ausgangssperre, wird es wieder ruhig. Abgesehen von einer Alarmanlage, die nun schon die ganze Nacht vor sich hinzwitschert. Am Nachmittag, als sie begann, hatte sich der Besitzer offensichtlich nicht getraut während der Schießereien in seinen Laden zu kommen und sie abzuschalten. Und nachts herrscht Ausgangssperre.
Eigentlich sollten die Leute auf der Straße feiern, den Diktator zum Teufel gehauen zu haben. Stattdessen sitzen sie zu Haus mit Angst und Sorge, was mit ihrem Land als nächstes passiert. Morgen, haben sie im Fernsehen verkündet, wird eine neue Regierung gebildet.
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