Nach vier Wochen habe ich mich gut in das Leben der hiesigen Bevölkerung eingefunden. Am besten gefallen mir die himmelhohen antiken Säulen, die überall herumstehen und auf denen eines Tages die Hochbahn rollen soll. Ja, Bangalore baut sich gerade eine Hoch- und Tiefbahn gleichzeitig, genannt ‚METRO‘. Vielleicht wird sie ja schnell fertig, dann kann man die Zeiten zwischen den Vierteln ungeheuer verkürzen: statt 45 Minuten nur noch zwei, statt 120 Minuten fünf. Für die 10-Millionen-Stadt wäre es eine Revolution. Leider haben wir kein Bild von den schönen Säulen gemacht. Es sind die einzigen ‚echten‘ Bauwerke, die die Leute hier haben, im Sinne von auch ästhetisch gestalteter Architektur. Schon jetzt werden sie manchmal mit Blumen umkränzt und angebetet, also de facto als Tempel getestet. Muß einen nicht wundern, bei mehreren hundert Göttern und entsprechend vielen Betstätten.
Daß es keine Bauwerke gäbe, stimmt nicht; es gibt ja die alten, die von den Briten. Davon haben sie seit 1868 kein einziges abgerissen, im Gegenteil: die werden alle rührend gepflegt. Es handelt sich dabei durchgehend um Schulen. Das scheint die fixe Idee zu sein, die sie sich gemerkt haben: Schulen sind das A und O von Kultur und überhaupt. Alle paar Meter eine weitere Schule, immer mit englischen Namen. Man hört das lustige Geschrei der Kinder, die alle in hübschen Uniformen herumlaufen. ‚Kinder statt Inder!‘ fällt einem dabei automatisch ein, Roland Kochs legendärer Schlachtruf, mit dem er die Landtagswahl von ich weiß nicht mehr gewann, oder war es Rüttgers?, aber es stimmt sowieso nicht, denn hier sind sogar die Kinder Inder. Morgen lasse ich Photographien von den Schulen anfertigen, also von den zehn nahegelegenen der sicher tausend Stück hier in Bangalore. Zu den Bildern von heute, Bild eins: Wer auf sich hält und dennoch nicht protzen möchte, fährt nicht den großen Ambassador, sondern den eleganten Fiat Millecento. Bild zwei: Mit neuen Traktoren aus der Sowjetunion blüht nun auch die Landwirtschaft auf. Und nicht nur Guido Westerwelle weiß, daß sich „die deutsche Agarar Industrie warm anziehen soll“, um „gut aufgestellt zu sein im internationen Wettbewerb der globalen Player“, sprich Indien und China. Übrigens war Frank-Walter Steinmeier vor wenigen Monaten hier in Bangalore und hat ein deutsches Generalkonsulat eröffnet (siehe auch unser entsprechender Bericht im SPIEGEL). Bild drei: Noch keine Dächer, aber schon kräftige Fundamente, die eine gute Zukunft verheissen. Für viele Familien reicht es bereits für die eigenen vier Wände, und bei der täglichen Hitze von 45 Grad braucht man auch nicht viel mehr. Wenn es nachts reinregnet, ist das eher ein Segen. Bild vier: Meine Freundin Nischa aus Bombay besucht mich in Bangalore. Sie ist zu Fuß gekommen. Bild fünf: Eine der großen Einkaufsstraßen der Metropole, sozusagen die Mönckebergstraße des Ortes hier, die Düsseldorfer Kö im indischen Maßstab. Die weiteren Bilder zeigen die ausgesucht schönsten Straßen der Stadt. Und immer scheint die Sonne.
Morgen: Mein Besuch im deutschen Generalkonsulat!
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