vonEva C. Schweitzer 19.11.2009

taz Blogs


Willkommen auf der Blogplattform der taz-Community!

Mehr über diesen Blog

Neulich war ich in einem Film, der New York, I Love You hieß, so ungefähr das schrägste, was ich in den letzten Monaten gesehen habe. Er spielte in New York und war auch an Originalschauplätzen gedreht, wirkte aber wie aus einen Paralleluniversum. Es ging um ein knappes Dutzen Liebesgeschichten, manche mehr, manche weniger unterhaltend, aber allesamt schienen sie in einer Art nachgemachten Paris zu spielen. Alle Beteiligten rauchten und trafen sich vorzugsweise auf der Straße zum Rauchen. Ich weiß nicht, wann ich hier das letzte Mal einen Raucher gesehen habe, aber das muss ein paar Jahre her sein.

Alle sprachen mit diesen dunkelsamtigen Stimmen und sagten Sachen wie: “Ich bin eine Prostituierte, hier ist meine Visitenkarte” (würde hier niemand sagen, geschweige denn auf eine Karte drucken, weil, Prostitution ist in New York verboten). Niemand hatte es eilig, oder hatte überhaupt irgendetwas vor. Und (fast) niemand schaffte es, Downtown Manhattan zu verlassen. Es war wie eine frühe Version von Sex and the City, die von französischen Filmstudenten gedreht wurde.

Apropos fake, ich stelle gerade fest, Jakob Augstein erregt sich darüber, ich hätte einen Fauxpax begangen, indem ich Leute, die meine Texte klauen, zur Kasse bitte, offenbar in der irrigen Ansicht, ich hätte meine Meinung darüber geändert. Jakob Augstein ist der Sohn und Erbe von Rudolf Augstein, dem verstorbenen Spiegel-Herausgeber, der seinerseits den Freitag herausgibt, dessen Onlineautoren entweder gar nicht oder furchtbar schlecht bezahlt werden — Augstein sagte zum Netzwerk Recherche: “„Unsere Autoren müssen sich ihr Geld woanders verdienen”. Er ist also ein Millionärssöhnchen, das sein Ego damit aufbürstet, dass es Autoren ausbeutet, und nun möchte, dass es zum Standard wird, sich kostenlos zu bedienen. Also, ich würde mal sagen, herunter vom hohen Ross. Ein Esel tut es auch.

Augstein lässt sich außerdem noch bewundernd über Arianna Huffington aus, Gründerin der Huffington Post, die “jetzt 80 Leute beschäftigt, über ihre Geld-Zahlen will sie aber lieber nicht reden.” Huffington, die Exfrau eines Ölmillionärs, ist eine frühere Unterstützerin des republikanischen Rechtsaußen Newt Gingrich, schwenkte dann um zu links von Bush, weil das eine kluge Karrierestrategie war und bezahlt ihre Blogger nur dann, wenn es sich um Promis handelt. Damit schaffte sie es immerhin, 25 Millionen Dollar von Oak Investment einzuwerben, eine kalifornische Finanzfirma aus dem Silicon Valley. Wahrlich ein moralischer Leuchtturm.

Und hier habe ich noch einen Cartoon.

http://dilbert.com/2009-11-17/

Eva C. Schweitzer, Manhattan  Moments. Geschichten aus New York, erschienen bei Droemer-Knaur, Juni 2009, Taschenbuch, 9,95 €

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/are_you_talking_to_me/

aktuell auf taz.de

kommentare