vonClaudia Mussotter 14.08.2009

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„Eintopf mit etwas mehr Rind als Hammel und an den meisten Abenden Salpikon, an den Samstagen Rührei mit etwas Speck, Wurst und Hirn, am Freitag Linsen, sonntags vielleicht ein Täubchen als Beigabe, das schluckte fast die ganze Habe.“
Will man etwas über das Leben und die Küche Castilla-La Manchas erfahren, empfiehlt sich die Lektüre des „Don Quijote“ von Miguel de Cervantes, der die Region mit seinem Roman berühmt gemacht hat. Auf der ausgeschilderten „Ruta de Don Quijote“ in den weiten Ebenen der Mancha scheint der Geist des „Ritters von der traurigen Gestalt“ noch heute zwischen den Windmühlen herumzuspuken. Die Schafherden, gegen die Quijote einst vergebens kämpfte, sind so präsent wie die unzähligen Weinberge, die seinem getreuen Begleiter Sancho Panza den begehrten Rebensaft zu seinem Queso manchego lieferten.
Im dünn besiedelten Castilla-La Mancha herrscht ein extremes Klima mit langen, heißen Sommern und rauen, sehr kalten Wintern und extremen Temperaturschwankungen. Weshalb die Palette der angebauten Produkte und die Viehhaltung eingeschränkt waren. Darauf mussten sich die Bewohner des riesigen Landes mit ihrer im Grunde recht einfachen, auf die jeweiligen Produkte ihrer Region beschränkten Küche einstellen.
Doch spiegelt die Gastronomie von Castilla-La Mancha mit energiereichen und nahrhaften Gerichten nicht nur den harten Alltag der Bauern und Schäfer wider, geprägt ist sie auch von christlicher, jüdischer und arabischer Kultur, die das Land beeinflussten, das während vieler Jahrhunderte die Grenze zwischen den muslimischen und christlichen Reichen war.
Fünf Provinzen bilden die Comunidad Castilla-La Mancha: Guadalajara im Norden, gefolgt von Cuenca und Toledo, dann Ciudad Real und Albacete im Süden. Sie bieten eine reichhaltige, abwechslungsreiche, schmackhafte und ausgewogene Küche, in der sich zahlreiche regionale Produkte mit geschützter Ursprungsbezeichnung finden wie etwa der Honig von Alcarria, Knoblauch aus Las Pedroñeras, Safran aus La Mancha, Auberginen aus Almagro, der Reis aus Calasparra, der weltweit berühmte Manchego-Käse und das Olivenöl aus den Bergen von Toledo.
Nicht zu vergessen die Weine, wozu die klassischen aus der D.O. Valdepeñas, La Mancha, Mondéjar, Méntrida und Teile von Jumilla sowie die D.O. Manchuelo zählen, während die „Vinos de la Tierra de Castilla“ nach ihrer geografischen Lage (Indicación Geográfica) eingeteilt werden.

Guadalajara
Typische Gerichte der mit Bergen, Flüssen und Seen landschaftlich reizvollen Provinz sind Lamm und Zicklein, gebraten und zu Ragouts oder Eintöpfen verarbeitet oder angereichert mit einem guten Breve, einer Marinade aus aromatischen Kräutern.
Wild und Wildgeflügel, Krebse und Forellen aus den „Lagos de Castilla“, den Stauseen, die Ende der fünfziger Jahre angelegt wurden, sowie jegliche Produkte vom Schwein sind hier vertreten.
Berühmt ist der Honig aus Alcarria, der beispielsweise in dem arabischen Dessert Alajú verarbeitet wird. Andere traditionelle Desserts sind Arrope, eingedickter Fruchtsaft, oder Bizcochos borrachos, mit Alkohol getränkte süße kleine Kuchen, die in ganz Spanien populär sind.

Cuenca
Die Küche Cuencas ähnelt der ihrer Nachbarprovinzen: Sie ist ländlich und beruht auf der Schafzucht. Lamm und Wild – besonders das Rebhuhn –, Gazpachos manchegos und Eintöpfe dürfen auf keiner Speisekarte fehlen. Spezialitäten sind Mortuelo aus Schweineleber, Huhn oder Wild und Zarajos, Kutteln vom Lamm. Auch Ajoarriero auf der Basis von Stockfisch und Knoblauch sowie Forellen sind äußerst begehrt.
Ein königliches Dessert ist zweifellos Alajú, arabisches Vermächtnis in Form einer Paste aus Honig und Nüssen, das, zwischen zwei Oblaten gestrichen, die Form einer Torte hat. Dazu gibt es Resolí, den typischen Kaffeelikör.

Toledo
Kennzeichnend für Toledo steht das Rebhuhn (Perdiz), das gern auf kleinem Feuer gegart und von einer Sauce aus Weißwein, Essig, Zwiebel, Knoblauch und Lorbeer begleitet wird, dazu gibt es Kartoffeln. Auf der Beliebtheitsskala gleichrangig ist Cochifrito, Lamm mit Tomate, Ei, Safran und Weißwein. Weitere Spezialitäten aus der Küche Toledos sind Venado (geschmorter Hirsch), Judías con Perdiz (Bohnen mit Rebhuhn), Tortilla a la magra (Schinkenomelett), Krebssuppe und eingelegte Forellen. Gekocht wird mit eigenem Olivenöl mit D.O.: „Montes de Toledo“. Nicht zu vergessen das berühmte Marzipan von Toledo, ebenfalls arabischen Ursprungs.

Ciudad Real
Populärste Gerichte der Provinz sind Pisto manchego auf der Basis von grüner Paprika, Tomate, Öl und Salz sowie Lamm. Aber auch die Migas (mit Speck etc. geröstete Brotstückchen), Gachas (geröstete Speckscheiben, Paprikapulver, Mehl, eventuell Leber vom Schwein), Tiznao (Stockfisch und getrocknete Paprikaschoten) und besonders alle Wildgerichte (Kaninchen, Rebhuhn, Hirsch, Wildschwein) spielen eine große Rolle in den Küchen der Provinz. Berühmt sind die kleinen grünen „Berenjenas de Almagro“ mit eigener D.O.

Albacete
Die Provinz Albacete überrascht durch die Vielfalt ihrer Küche: Fisch vom Mittelmeer, Fleischgerichte, herrliches Obst und Gemüse finden Platz neben klassischen Gerichten – die denn auch traditionell an festlichen Anlässen auf den Tisch kommen: Migas und Gachas, Atascaburras (Stockfisch, Kartoffeln, Knoblauch, Eier, Olivenöl) und Wildragouts. Besonders ist wieder das Rebhuhn hervorzuheben, das man auf 30 verschiedene Arten zubereitet. Die Süßspeisen wie Miguelitos de Roda, Natillas pestiñadas oder Hojuelas a la miel sollte man unbedingt probieren und dazu Cuerva trinken, Wasser, Zucker, Wein und Zitrone, ein typisches Getränk der Region.

Spezialitäten
– Duelos y Quebrantos ist ein traditionelles Rühreigericht, eine Komposition aus gebratenem Schinkenspeck, Chorizo, Bauchspeck und Hirn, serviert in der Tonkasserolle.
– Flores manchegos ist ein Nachtisch aus feinem knusprigem Teig in der Form einer Blume, frittiert in Olivenöl. Gegessen wird das Ganze mit Zimt, Zucker oder Honig.
– Gazpacho manchego ist ein rustikales Bauerngericht und hat nichts mit dem bekannten Gazpacho andaluz gemein. Den andalusischen trinkt man, den Gazpacho aus der La Mancha isst man; außerdem ist Letzterer ein ausgesprochenes Wintergericht. Allen Gazpachos manchegos gemeinsam ist die Torta, ein dünner Fladen Brot, dem man in einer Vielzahl an Kombinationen je nach Ort, Tradition und Jahreszeit Wild, Kartoffeln, Pilze, Ei, Spargel, Schweinefleisch, Chorizo usw. beigibt.
– Morteruelo ist eine Art Wildterrine. Gemein ist allen Varianten Schweineleber und geriebenes Brot, dem man je nachdem Hühnchen, Hase, Rebhuhn, Kaninchen, Schinken, Tomate, Knoblauch, Lorbeer, Muskat, Zimt, Olivenöl, Paprika, Salz, Nelken, Kümmel etc. beifügt.
– Mostillo ist ein süßes Dessert, beliebt in Ciudad Real. Es wird aus Traubenmost und Mehl hergestellt, dem man unter anderem Zimt, Orangen- und Zitronenschale sowie Anis zufügt. Es gleicht dem Carne de Membrillo, einer Art Gelee aus Quitten.
– Pipirrana aus Castilla-La Mancha ist anders als das gleichnamige Gericht aus Jaén. Man bereitet es sowohl auf der Basis von Tomaten, Paprika, Zwiebel, Tunfisch und gekochten Eiern zu als auch mit Wild und anderem Fleisch sowie verschiedenen Gewürzen.
– Tiznao besteht aus zerpflücktem getrocknetem Stockfisch, Bacalao, der zuerst mit Knoblauch und Zwiebeln geröstet und dann in der Tonkasserolle zusammen mit klein geschnittenen geschälten Tomaten und Paprikaschoten, begossen mit Olivenöl, serviert wird.
– Zarajos ist ein Gericht ursprünglich aus Cuenca, obwohl es in der ganzen Comunidad verbreitet ist. Kutteln vom Lamm werden in Salz und Knoblauch gebeizt, dann im Holzofen geröstet. Man verzehrt es in Scheiben geschnitten sowohl kalt als auch warm und gibt ein paar Tropfen Zitrone darauf.
– Salpikon ist eine Art Fleischsalat aus den kalten Resten von gekochtem oder gebratenem Fleisch, Zwiebeln, hart gekochtem Ei, abgezogener Paprikaschote, gehäuteter, entkernter Tomate, alles kichererbsengroß geschnitten und mit einer Vinaigrette angemacht.

Knoblauchsuppe
Las Pedroñeras ist die Knoblauchmetropole Spaniens. Eine Hochburg auch für die bodenständige kastilische Knoblauchsuppe, für die es viele traditionelle Rezepte gibt. Die einfachste Variante besteht nur aus in Olivenöl geröstetem Brot vom Vortag, Knoblauch und Paprikapulver, aufgefüllt mit Wasser und abgeschmeckt mit Salz.
Doch dazu kann noch Schweinernes wie Schinken, Chorizo oder Speck kommen, Pimiento chorizero oder Ñora (getrocknete Paprikaschote) oder geriebene Tomate und pro Person ein pochiertes Ei. Das Ganze aufgefüllt mit einer leichten Fleischbrühe.

Asadillo manchego
1 kg rote Paprikaschoten, 1 kg reife Tomaten, 1 mittelgroße Zwiebel, 4 Knoblauchzehen, gutes Olivenöl, ca. 6 schwarze Pfefferkörner, Zucker, Salz
Paprika mit Öl bestreichen und ca. 45 Minuten im Ofen braten. In einer Plastiktüte abkühlen lassen. Dann die Haut abziehen und Kerne entfernen, Paprika in Streifen schneiden.
In Scheibchen geschnittenen Knoblauch und Zwiebelwürfel in Olivenöl goldgelb anschwitzen. Dann die überbrühten gehäuteten, entkernten und in Stücke geschnittenen Tomaten zufügen sowie Salz und die zerdrückten Pfefferkörner. Die Tomatensauce auf ganz kleinem Feuer köcheln lassen. Dabei oft umrühren.
Wenn sie fertig ist, die Paprikastreifen mit der Sauce vermischen. Nochmals mit Salz abschmecken. Ist die Sauce zu sauer, etwas Zucker zugeben.
Tipp: Ein ziemlich einfaches Gericht, das man nicht nur mit einem Stück Brot solo essen kann. Es passt auch zu Filet, gebratenem Hühnchen oder Lammkotelett.

Bon profit!

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