vonClaudius Prößer 11.06.2010

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Keine zwei Monate hat er sich auf seinem Posten gehalten: Miguel Otero, im April von Präsident Sebastián Piñera als Botschafter im Nachbarland Argentinien eingesetzt, hat am Dienstag sein Rücktrittsgesuch eingereicht, das von der Regierung in Santiago umgehend angenommen wurde. Gestolpert ist der fast 80-Jährige über seine stramm reaktionären Ansichten, insbesondere eine Apologie des Putsches und der Pinochet-Diktatur. Für Piñera bedeutet die Abdankung seines Parteifreunds eine weitere Blamage nach diversen unglücklichen Personalentscheidungen (wie zuletzt im Fall Iván Andrusco).

Was war passiert? Der Jurist Otero, renommierter Anwalt und in den Neunzigerjahren Senator für die rechte Partei Renovación Nacional, hatte sich geärgert, weil die argentinische Tageszeitung Clarín anlässlich seiner Ernennung eine recht ätzendes Porträt verröffentlicht hatte – das Porträt eines enthusiastischen Putschisten, der in leitender Funktion an der Universidad de Chile Razzien gegen linke Dozenten und Studenten mitverantwortete, später an der demokratisch nicht legitimierten Gesetzgebung der Militärjunta mitwirkte und sich noch später als Parlamentarier gegen die Abschaffung der von Pinochet durchgedrückten „desiginierten Senatoren“ aufbäumte.

Otero bemühte sich bei Clarín um ein Interview (wie sich später herausstellte – zuerst hatte es geheißen, die Zeitung  sei an ihn herangetreten), um diese Anwürfe zu parieren. In diesem Gespräch (hier findet sich der Wortlaut) klärt der chilenische Botschafter darüber auf, dass es niemals zu ideologischen Säuberungen an der Universität gekommen sei und er sich sogar per Brief bei Pinochet beschwert habe, als jemand einen dahingehenden Vorschlag gemacht habe. Im weiteren Verlauf des sehr erhellenden Interviews outet sich Otero dann als das, was ohnehin jeder von ihm wusste: als großer Fan Pinochets, der Menschenrechtsverletzungen für bedauerliche Einzelfälle hält und dem General lediglich ein Kommuniktationsproblem attestiert. Hätte es den Putsch nicht gegeben (den „militärischen Aufstand“, wie Otero ihn im Einklang mit der tradtitionellen Terminologie der Rechten nennt), wäre Chile jedenfalls heute ein zweites Kuba. Die meisten Chilen hätten nicht unter der Diktatur gelitten, im Gegenteil, sie seien erleichtert gewesen: „Die Straßen waren wieder sauber, es gab wieder Dinge zu kaufen.“

Völlig unrecht hat Otero mit seiner Behauptung natürlich nicht, viele Chilenen hätten den Putsch begrüßt. Trotzdem ist seine Rechtfertigung ein Affront gegen die Opfer der Diktatur und alle demokratisch gesinnten Menschen. Auch Sebastián Piñera war nicht erfreut – er hatte sich im Wahlkampf immer als Kritiker Pinochets geriert, als jemand, der 1988 mit „Nein“ gestimmt hatte und deshalb auch für enttäuschte Anhänger der Concertación wählbar war.

An dem Sturm der Entrüstung, der nun in Chile losbrach, waren deshalb auch nicht nur linke Politiker und Menschenrechtsaktivisten wie die Vereinigung von Familienangehörigen Verschwundener (AFDD) beteiligt – auch einige gemäßigt rechte Parlamentarier, die es leid sind, immer wieder den Kopf für den pinochetismo der alten Garde hinzuhalten, äußerten Unverständnis.  Nach viel Aufregung und Getwitter kam dann die Nachricht: Otero bittet den Außenminister um Entlassung. Die er auch bekommt.

Interessanterweise hatte das Außenministerium bis zuletzt darauf beharrt , dass es sich bei den Aussagen Otetros um dessen Privatmeinung gehandelt habe. Dass ein Botschafter keine Privatmeinung habe, sie jedenfalls nicht in Interviews zu Markte tragen solle, die er auch noch selbst angeleiert hat, findet unter anderem Andrés Allamand, ebenfalls RN und Senator, der letztens auch einen Vorstoß in Richtung homosexueller Lebenspartnerschaften gewagt hat. Ganz so monolithisch ist Chiles Rechte eben auch nicht mehr.

Foto: Miguel Otero mit dem Bürgermeister von Buenos Aires, Mauricio Macri (Gobierno de la Ciudad de Buenos Aires auf flickr)

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