vonDetlef Guertler 10.06.2009

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„All the world is a stage“, die ganze Welt ist eine Bühne, schrieb Shakespeare in „As you like it“, und da auch Rheinland-Pfalz zur Welt gehört, ist auch dieses Ländchen eine Bühne. Und wenn sogar Kurt Beck, das Landesväterchen des Ländchens mitspielt? Aber lesen wir Wilhelm Hahne selbst:

Wenn man es jetzt noch hinbekommen würde, einen „alten Mann“ aus der Eifel zu einem Kriminellen abzustempeln… – Wahnsinn! – Das Glück der Politiker wäre vollkommen. Aber – und das ist Fakt! – es gibt auch gute Staatsanwälte. Nicht alle – und jeder – spielt das Spiel mit, das gewünscht ist. – Nicht alle kennen auch den Unterschied zwischen Backstage und Beckstage.

Hahne ist etwa 76, entstammt einer motorsportbegeisterten Familie, war für diverse Autokonzerne, Rennställe und Automedien tätig, gibt noch auf seine alten Tage den Online-Dienst Motor-Kritik heraus und ist so ziemlich der einzige Autojournalist, der nicht käuflich ist. Er schwärmt für Wolfgang Reitzle, hält den neuen Dacia nicht nur für ein gutes Auto, sondern schreibt das auch (suchen Sie das mal in der ach so unabhängigen Fachpresse), und wies kürzlich derart hartnäckig auf ein gravierendes Problem von BMW-Motorradbremsen hin, dass ein Wikipedia-Administrator ihn dort als „ungeeignete Quelle“ löschte. Was das Bremsen-Problem zwar auch nicht löste, aber weitere Zweifel an der Unabhängigkeit von Wikipedia aufkommen lässt.

Aber zurück zur Beckstage. Eben jener Wilhelm Hahne verfolgt seit mehreren Jahren das Hin und Her um die kaufmännische, also eigentlich eher absolut unkaufmännische Leitung des Nürburgrings, in dessen Nähe er wohnt, und dessen wohl grösster Fan er ist. Ich kenne mich in der Angelegenheit nicht aus, aber wenn Hahne schreibt, dass der Nürburgring GmbH ein Konto bei der Liechtensteinischen Landesbank in Zürich mit 95 Millionen Euro gefüllt wurde, und zwar von der rheinland-pfälzischen Landesregierung, und dass das Resultat eine allen EU-Richtwerten widersprechende Subventionierung einer Strukturfördermaßnahme sei, dann bin ich sehr geneigt, eher Herrn Hahne als Herrn Beck zu glauben. Hahne erzählt viel, wenn der Tag lang ist – aber niemals die Unwahrheit.

Der oben zitierte Hahne-Satz mit Beck- und Backstage stammte vom 5. Juni. Vier Tage später wurde von der Staatsanwaltschaft Koblenz Hahnes Wohnung durchsucht, Computer, Handy und Papiere beschlagnahmt. Es bestehe der Verdacht, dass Hahne ihm zugespielte Geschäftsunterlagen der Nürburgring GmbH für seine journalistische Arbeit verwendet habe. Nach der ersten Durchsicht der beschlagnahmten Festplatten habe sich der Tatverdacht erhärtet, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Soso. Man wird also in Rheinland-Pfalz vom Staatsanwalt heimgesucht, wenn man als Journalist seine Arbeit macht – falls man bei dieser Arbeit auf für die Landesregierung unangenehme Fakten stößt. Kann sich ein SPD-Ministerpräsident solche Arroganz der Macht eigentlich noch leisten?

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