Rund 50 NGOs aus Deutschland, der Schweiz und Österreich haben die Konzerne Voith Hydro, Andritz und Alstom aufgefordert, sich aus dem Megaprojekt Belo Monte im brasilianischen Regenwald zurückzuziehen. Voith Hydro (Heidenheim) ist ein Joint Venture von Siemens und Voith, das Auftragsvolumen der Firma in Sachen Belo Monte beläuft sich bislang auf 443 Millionen Euro.
“Das Projekt hätte weit reichende direkte und indirekte Auswirkungen auf die indigenen Gemeinschaften vor Ort”, heißt es in dem Appell. “Neben den großen indigenen Gruppen, die sich zum Teil aktiv am öffentlichen Widerstand gegen Belo Monte beteiligen, wurden rund 70 Kilometer vom Ort des geplanten Staudamms entfernt bisher unkontaktierte Indianer beobachtet. Der forcierte Kontakt mit der Zivilisation wird ihre Kultur und – insbesondere durch Übertragung von Krankheiten – sogar ihr Überleben gefährden. Die bisher ergriffenen Maßnahmen sind absolut ungenügend.”
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Neues Belo-Monte-Video von Martin Keßler
Für den Bau des Staudamms müssten nicht nur bis zu 40.000 Menschen, darunter tausende Indigene, zwangsumgesiedelt werden. Auch der Wasserstand des Xingú-Flusses würde massiv sinken, so dass Fischer und Kleinbauern ihre Lebensgrundlage verlieren. Zudem dürfte er rund 100.000 Zuwanderer in die empfindliche Regenwaldregion locken. Es gibt bereits Pläne für den Abbau von Bodenschätzen, für den Bau weiterer Staudämme und von zusätzlichen Infrastrukturprojekten, teilweise mitten in den Indianerreservaten. Die wirtschaftliche Erschließung des Gebietes hätte gravierende Konsequenzen für die Umwelt und die ansässige Bevölkerung.
Zahlreiche Auflagen in den Bereichen Umweltschutz und Menschenrechte wurden nicht eingehalten (s. u.). Auch die Rechtmäßigkeit des Bewilligungsprozesses selbst ist äuérst dubios. Deshalb wurden bereits mehrfach Beschwerden gegen das Projekt eingereicht. Zudem wird der Staudamm lediglich in der Regenzeit die erwartete Maximalleistung erbringen – in der Trockenzeit fällt diese fast auf Null.
Die brasilianische Regierung gab 2010 grünes Licht für den Bau des weltweit drittgrößten Wasserkraftwerks Belo Monte. Voith Hydro, Alstom Power aus der Schweiz, eine Tochtergesellschaft der französischen Alstom, und Andritz aus Österreich unterzeichneten im Februar und März 2011 Verträge mit der brasilianischen Firma Norte Energia, die mit der Bauausführung beauftragt ist.
Die von den Folgen des Staudammbaus betroffene Bevölkerung wurde weitgehend vom Entscheidungsprozess ausgeschlossen. Laut der ILO-Konvention 169 und der UNO-Erklärung der Rechte der indigenen Völker, die beide von Brasilien angenommen wurden, müssen aber indirekt und direkt betroffene Völker vor solchen Projekten ausreichend informiert und ihr Einverständnis eingeholt werden.
Zu den Unterzeichnern des Appells an Voith Hydro, Alstom Power und Andritz gehören die Arbeitsgemeinschaft Regenwald und Artenschutz ARA, der Arbeitskreis Indianer Nordamerikas (AKIN), die Aktionsgruppe Indianer und Menschenrechte (AGIM), die Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt (ASW), die Brasilieninitiative, die Brasilieninitiative Mandacaru, Campo Limpo – Solidarität mit Brasilien, die Freunde der Naturvölker, die Gesellschaft für bedrohte Völker, KoBra – Koordination Brasilien, Misereor, Poema – Armut und Umwelt in Amazonien, das Regenwald-Institut, Rettet den Regenwald, OroVerde – Die Tropenwaldstiftung sowie 39 NGOs aus Österreich und der Schweiz. Bereits im April hatte Survival International ein ähnliches Schreiben an Voith Hydro gerichtet.
Unterdessen stellte die staatliche Umweltbehörde Ibama fest, dass die Betreiberfirma Norte Energia bislang gerade fünf der 40 Auflagen erfüllt hat, die das Umweltministerium Anfang 2010 zur Voraussetzung für den Baubeginn erklärt hatte. Dies dürfte zu weiteren Verzögerungen führen, die Regierung Rousseff hält aber unverändert an dem Megaprojekt fest.