Das vorherrschende Thema in Kivu ist derzeit das Verbot sämtlicher Bergbauaktivitäten, das Präsident Joseph Kabila am 11. September mit Wirkung ab 9. bei der Durchreise in Goma verfügte. Da die Ökonomie der beiden Kivu-Provinzen weitgehend vom Mineralienexport abhängt, hat das den Effekt eines Blitzeinschlags: Praktisch über Nacht fällt die wichtigste Einnahmequelle des Ostkongo aus. (Mehr dazu in der taz von heute)
Das Bergbauverbot hat viele Facetten, auf die nicht alle gleichzeitig eingegangen werden kann. Nehmen wir erstmal die offizielle Begründung, die sich in extenso so liest:
„Angesichts der Verbindung, die zwischen der illegalen Ausbeutung von und dem illegalen Handel mit Mineralien, der Proliferation und dem Schmuggel mit Waffen durch bewaffnete mafiöse Gruppen, und der wiederholten Unsicherheit in den Provinzen Maniema, Nord-Kivu und Süd-Kivu besteht;
Angesichts der Notwendigkeit, die Souveränität des Staates zu bewahren und seine Autorität auf und unter der Erde in den betroffenen Provinzen wiederherzustellen;
Angesichts der Einmischung von Akteuren und Personen, die nicht den vom Minenkodex im Ausbeutungs- und Handelskreis mineralischer Substanzen anerkannten Diensten angehören;
Angesichts der Notwendigkeit, den Betrug und den Schmuggel mit Mineralien in all seinen Formen zu bekämpfen…
Sind alle Bergbauaktivitäten in den Provinzen Maniema, Nord-Kivu, und Süd-Kivu bis auf weiteres suspendiert.“
Das muss man erstmal verstehen. Es gibt, das weiß man seit langem, im Kongo (nicht nur im Osten, also nicht nur in Kriegsgebieten) ein Problem mit undeklariertem Mineralienhandel sowie speziell mit Bergbau in Gruben unter Kontrolle von Militärs oder bewaffneten Gruppen. Es gibt daneben auch einen florierenden völlig legalen Handel. Um das Problem des illegalen Handels in den Griff zu bekommen, wird nun also der legale Handel verboten. Muß man lange raten, was dann übrigbleibt? Und muß man sich wundern, wieso die lokale öffentliche Meinung darauf eher erstaunt reagiert?
Zu den Reaktionen und Konsequenzen vor Ort und den möglicherweise wahren Hintergründen mehr demnächst an dieser Stelle. Eines allerdings muß jetzt schon erwähnt werden:
Es kommt selten vor, daß Kongos Präsident etwas verfügt – und daß es dann sofort umgesetzt wird. Die größte ostkongolesische Zinnmine Bisie ist schon öfter von der Regierung geschlossen worden, ohne jegliche praktische Auswirkung. Diesmal ist es anders. Alle Minen sind dicht, alle Handelskontore müssen Däumchen drehen. In Bisie, traditionell als Hochburg des Schmuggels verschrieen und mitten in einem als komplett unregierbar geltenden Urwaldgebiet gelegen, warfen laut Augenzeugen Soldaten die Bergleute innerhalb eines Tages raus. Ähnliches soll sich in Minen Süd-Kivus ereignet haben.
Also reicht die Autorität des kongolesischen Staates doch ziemlich weit, wenn er nur will. Das sollte man sich merken, wenn demnächst wieder von Massenvergewaltigungen, Fluchtbewegungen, Überfällen durch Bewaffnete und weitere Kriegsgreuel und Kriegsverbrechen im Ostkongo zu hören ist. Kongos Staat hat durchaus Macht. Wenn er will.