vonChristian Ihle & Horst Motor 13.02.2007

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Es ist schon erstaunlich: den ersten Tag bestreitet man mit unbekannten Debütwerken und absurden Geschichten, den zweiten mit Stars und Megaproduktionen – doch unterhaltsamer waren allemal die kleinen Filme.

Beginnen wir mit dem Besten der Großen: Clint Eastwood stellte in Berlin – persönlich – seinen Film Letters From Iwo Jima vor, der eine Zweiweltkriegsgeschichte aus der Sicht der die Amerikaner bekämpfenden Japaner erzählt und damit der Komplementärfilm zu „Flags Of Our Fathers“ ist, der amerikanischen Perspektive der gleichen Story.
„Letters From Iwo Jima“ ist sicherlich einer der besseren Kriegsfilme der letzten Jahre, auch weil Eastwood offensichtlich frei von jeglichen kommerziellen Zwängen arbeiten konnte. Der gesamte Film ist japanisch (auch in den USA nur untertitelt) und erzählt vom Kampf gegen Amerika in blassen Bildern, die nur selten Pathos und sinnvolles Heldentum zeigen. Häufig erinnert „Letters From Iwo Jima“ an Stanley Kubricks „Wege zum Ruhm“ von 1957 in dem es wie bei Eastwood um einen mehr oder minder hoffnungslosen Versuch ging, einen wertlosen Etappensieg in der Schlacht zu erringen. Die Sinnlosigkeit des Krieges und die menschenverachtende, zynische Arroganz der Mächtigen zu kritisieren war Kubricks Anliegen in dem besten Kriegsfilm, der je gedreht wurde. Eastwood will ähnliches, kann aber selbstredend dem Meisterwerk des Genres nicht ganz das Wasser reichen, liefert aber dennoch einen respektablen, interessanten, ausgewogenen Versuch ab.

Hatte auch „Letters From Iwo Jima“ durchaus seine kleinen Längen, so kann man de Niros Der gute Hirte nur noch als langatmig bezeichnen. Völlig rätselhaft, warum de Niro geschlagene zweieinhalb Stunden benötigt, um den Werdegang eines der zentralen CIA-Mitarbeiter zu zeigen. Gute Ansätze werden zerredet oder zerschwiegen, der Plot schleppt sich mühsam voran und wird immer wieder aufs neue von Rückblenden und Erklärungen unterbrochen. Das an sich sehr überzeugende Ensemble (Damon, Baldwin, Gambon) leidet unter der Fehlbesetzung von Angelina Jolie, deren Figur eine weder überzeugende noch gut gespielte Wandlung von Sexbombe (das schon eher) zu vom Aktenwälzer Matt Damon betrogenem Heimchen (das nun gar nicht) durchlebt. „Der gute Hirte“ müsste zurück in den Schneideraum, denn eigentlich ist eine gute Geschichte in diesen 167 Minuten versteckt: mit einer klareren Struktur und nach Absaugen unnötiger Fettpölsterchen auf knapp zwei Stunden geschrumpft, würde de Niros erste Regiearbeit seit 13 Jahren mehr Vergnügen bereiten.

Die 167 Minuten des guten Hirten sind wenigstens nur langweilig, die 140 der Biographie eines von Joseph Fiennes gespielten Nelson-Mandela-Wärters in Goodbye Bafana aber ärgerlich. Eine platte Storyentwicklung, uninspirierte Dramaturgie und mit Diane Krüger und Joseph Fiennes zwei Hauptdarsteller, die sich gegenseitig in stoischem Mienenspiel unterbieten, lassen die ja nun wirklich erzählenswerte Geschichte entlang Mandelas Leben missraten. Schade dass somit Dennis Haysberts (Präsident Palmer aus „24“) erste richtig große Kinorolle als Nelson Mandela nicht zum Tragen kommt. Bereits im letzten Jahr verärgerte Joseph Fiennes mit dem Gutmenschen- und Pseudohumanistenquatsch „Man To Man“ auf der Berlinale, nun bestätigt der Mann mit den zwei Gesichtsausdrücken diesen Eindruck aufs Neue. Wie die Coen Brüder sagen würden: Platt, simpel.

Christian Ihle

Weitere Berlinale-Berichte:

* Berlinale (1): Koreanische Schulmädchen, ein kanadischer Nervenzusammenbruch und deutsche Jagdhunde

* Berlinale (3): Subtilität vs. dreihundert Spartaner 0:2, Cate Blanchett vs. Judi Dench 3:3

* Berlinale (4): Skurriles aus Südkorea, Ironisches aus Frankreich und abgebissene Penisse in den USA

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https://blogs.taz.de/berlinale-2-dirty-harry-de-niro-und-der-mann-mit-den-zwei-gesichtsaudruecken/

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