vonChristian Ihle 19.02.2011

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18 Jahre nach Schindlers Liste präsentieren die beiden damaligen Hauptdarsteller je einen neuen Film auf der Berlinale, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Während sich Neeson in den Dienst eines kompetenten Actionthrillers stellt, legt Ralph Fiennes alle Fesseln ab und verfilmt mit sich als Hauptdarsteller und Regisseur ein Shakespeare-Drama. Vanity-Projekt, ick hör dir trapsen…

Unknown

unknown identity

1. Der Film in einem Satz:

Wer bin ich – und wenn ja wieviele?

2. Darum geht‘s:

Martin Harris (Liam Neeson) ist Biochemiker und reist mit seiner Frau Liz (January Jones aus “Mad Men”) nach Berlin, um an einem Kongress im Hotel Adlon teilzunehmen. Auf dem Weg wird er in einen Autounfall verwickelt, fällt für vier Tage ins Koma und verliert sein Gedächtnis. Als er wieder aufwacht, wird er weder von seiner Frau noch von sonstwem erkannt…

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=I-lDfKb2SBA[/youtube]
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Eine klassische Hitchcock-Geschichte präsentiert Regisseur Collet-Serra mit dem komplett in Berlin spielenden “Unknown”, nur löst er vielleicht doch etwas früh das Rätsel, ob Harris nun Harris ist. Aber immerhin ist damit die Geschichte noch nicht zu Ende gedreht, etwas twist-und-turn lässt sich Collet-Serra dann doch nicht entgehen, so dass die zweite Hälfte des Films dankenswerterweise nicht zu schnödem Actionkino verkommt. Kompetent gemacht, auch viele Implausibilitäten des Anfangs durch das Ende der Geschichte begründend ist “Unknown” ein sicher nicht spektatulärer, aber guter und unterhaltsamer Krimi klassischer Machart, in dem Berlin sich zum heimlichen Hauptdarsteller aufschwingt.

3. Der beste Moment:

Solange wir mit Dr. Martin Harris rätseln, ob er denn nun verrückt geworden ist oder alle anderen.

4. Diese Menschen mögen diesen Film:

Wem Max Frisch “Stiller” dann doch immer zu viele Seiten hatte und Identitätsfragen lieber in zwei Stunden Kino inklusive Verfolgungsjagd geklärt haben möchte.

* Regie: Jaume Collet-Serra
* imdb

Coriolanus

1. Der Film in einem Satz:

Scheiß oder nicht scheiß – das ist hier keine Frage, denn die Antwort ist klar: ersteres.

2. Darum geht‘s:

Der römische Feldherr Coriolanus (Ralph Fiennes) besiegt Feinde ob seines eisernen Willens und seiner kruppstahligen Härte. Nicht einmal der ebenfalls große Kämpfer der gegnerischen Rebellen, Aufidius (Gerald Butler), kann ihm das Wasser reichen. Frisch von seiner letzten großen Schlacht nach Rom zurückgekehrt, soll Coriolanus in die Politik wechseln und aus Dank Senator werden. Doch sein Hochmut und seine offene Verachtung dem Pöbel gegenüber dreht die Senatorenwahl in eine Verbannung ins Exil. Verbittert zieht Coriolanus von dannen und verbündet sich mit seinem ehemaligen Kontrahenten Aufidius, die fortan gemeinsam gegen Rom ziehen.

Ralph Fiennes gönnt sich mit der Verfilmung des Shakespeare-Dramas sein Regiedebüt. Und wie sehr möchte man Jupiter anflehen, hätte Fiennes bei diesem Egoprojekt doch einen Regisseur über sich gehabt, der ihn ab und an in die Schranken gewiesen hätte. Mehr ironiefreies Pathos hat man lange Zeit im Kino nicht mehr gesehen. Auch Gerard Butler als Gegner und Vanessa Redgrave als Coriolanus Mutter machen sich des Overacting schuldig, doch niemand kann Fiennes das Wasser reichen, der die Rolle bis in die letzte Lächerlichkeit ausreizt. Bereits die erste Hälfte des Films ist hart am Rand des Erträglichen, doch als Fiennes den Abstieg in Wutversessenheit und Wahnsinn Coriolanus’ als Neuauflage von Marlon Brandos Kurtz-Rolle aus “Apocalypse Now” anlegt, kann man nur noch vor Verzweiflung den Kopf schütteln.

Selbst wenn man solche inszenatorischen Fehlentscheidungen und all das Pathos und Overacting verzeihen möchte, hat Coriolanus einen grundsätzlichen Fehler, der allein den Film zum Scheitern verurteilt. Mag die Idee Fiennes, das Shakespeare-Drama in die Jetztzeit zu versetzen und Kampfszenen zu drehen, die auch einem Tschetschenien- oder Balkankriegsfilm entsprungen sein könnten, die erste Hälfte erheblich stärken, so ist der entscheidende Punkt der Geschichte – die Verhinderung der Wahl Coriolanus zum Senator und seine gleichzeitige Verbannung aus Rom – eben in keiner Weise ins Jetzt übertragbar. Es bleibt völlig rätselhaft, wie ein Kriegsheld innerhalb von ein paar Stunden durch eine Wahl statt Staatsoberhaupt Verbannungsopfer werden kann. Und an dieser Unglaubwürdigkeit, am Misslingen, die zentrale Stelle des Dramas ins Jetzt zu übertragen, scheitert Coriolanus letzten Endes.

3. Der beste Moment:

Sicherlich nicht die Szene, in der Ralph Fiennes den Kurtz gibt, in der Dämmerung im Unterhemd auf einem Friseurstuhl sitzt, seine (ebenfalls glatzköpfigen) Soldaten ihn mitsamt Stuhl in die Luft recken während ein weiterer Soldat Graffitispray in die Luft sprüht.

4. Diese Menschen mögen diesen Film:

Wer eine gewisse Homoerotik schätzt, die zwischen schmutzigen, glatzköpfigen Kriegern im Nahkampf entsteht.

* Regie: Ralph Fiennes
* imdb

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