Frau Prokop hat immer gemeint, dass man zu gegebenem Anlass auch mal vom eigenen Thema abweichen kann. Ich habe mich gestern abend an meine Verhandlung erinnert, mit der ich meine ethischen Motive zur Verweigerung des Kriegsdienstes belegen mußte. Folgendes Dokument fand ich damals sehr hilfreich:
Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte
Art. 48
Grundregel
Um Schonung und Schutz der Zivilbevölkerung und ziviler Objekte zu gewährleisten,
unterscheiden die am Konflikt beteiligten Parteien jederzeit zwischen der
Zivilbevölkerung und Kombattanten sowie zwischen zivilen Objekten und militärischen
Zielen; sie dürfen daher ihre Kriegshandlungen nur gegen militärische
Ziele richten.
Schutz der Zivilbevölkerung
1. Die Zivilbevölkerung und einzelne Zivilpersonen geniessen allgemeinen Schutz
vor den von Kriegshandlungen ausgehenden Gefahren. Um diesem Schutz Wirksamkeit
zu verleihen, sind neben den sonstigen Regeln des anwendbaren Völkerrechts
folgende Vorschriften unter allen Umständen zu beachten.
2. Weder die Zivilbevölkerung als solche noch einzelne Zivilpersonen dürfen das
Ziel von Angriffen sein. Die Anwendung oder Androhung von Gewalt mit dem
hauptsächlichen Ziel, Schrecken unter der Zivilbevölkerung zu verbreiten, ist verboten.
3. Zivilpersonen geniessen den durch diesen Abschnitt gewährten Schutz, sofern
und solange sie nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen.
4. Unterschiedslose Angriffe sind verboten. Unterschiedslose Angriffe sind
a) Angriffe, die nicht gegen ein bestimmtes militärisches Ziel gerichtet werden,
b) Angriffe, bei denen Kampfmethoden oder -mittel angewendet werden, die
nicht gegen ein bestimmtes militärisches Ziel gerichtet werden können, oder
c) Angriffe, bei denen Kampfmethoden oder -mittel angewendet werden, deren
Wirkungen nicht entsprechend den Vorschriften dieses Protokolls begrenzt
werden können
und die daher in jedem dieser Fälle militärische Ziele und Zivilpersonen oder zivile
Objekte unterschiedslos treffen können.
5. Unter anderem sind folgende Angriffsarten als unterschiedslos anzusehen:
a) ein Angriff durch Bombardierung – gleichviel mit welchen Methoden oder
Mitteln – bei dem mehrere deutlich voneinander getrennte militärische Einzelziele
in einer Stadt, einem Dorf oder einem sonstigen Gebiet, in dem Zivilpersonen
oder zivile Objekte ähnlich stark konzentriert sind, wie ein einziges
militärisches Ziel behandelt werden, und
b) ein Angriff, bei dem damit zu rechnen ist, dass er auch Verluste an Menschenleben
unter der Zivilbevölkerung, die Verwundung von Zivilpersonen,
die Beschädigung ziviler Objekte oder mehrere derartige Folgen zusammen
verursacht, die in keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren
militärischen Vorteil stehen.
6. Angriffe gegen die Zivilbevölkerung oder gegen Zivilpersonen als Repressalie
sind verboten.
7. Die Anwesenheit oder Bewegungen der Zivilbevölkerung oder einzelner Zivilpersonen
dürfen nicht dazu benutzt werden, Kriegshandlungen von bestimmten
Punkten oder Gebieten fernzuhalten, insbesondere durch Versuche, militärische
Ziele vor Angriffen abzuschirmen oder Kriegshandlungen zu decken, zu begünstigen
oder zu behindern. Die am Konflikt beteiligten Parteien dürfen Bewegungen der
Zivilbevölkerung oder einzelner Zivilpersonen nicht zu dem Zweck lenken, militärische
Ziele vor Angriffen abzuschirmen oder Kriegshandlungen zu decken.
8. Eine Verletzung dieser Verbote enthebt die am Konflikt beteiligten Parteien nicht
ihrer rechtlichen Verpflichtungen gegenüber der Zivilbevölkerung und Zivilpersonen,
einschliesslich der Verpflichtung, die in Artikel 57 vorgesehenen vorsorglichen
Massnahmen zu treffen.
Art. 52
1. zivile Objekte dürfen weder angegriffen noch zum Gegenstand von Repressalien
gemacht werden. Zivile Objekte sind alle Objekte, die nicht militärische Ziele im
Sinne des Absatzes 2 sind.
2. Angriffe sind streng auf militärische Ziele zu beschränken. Soweit es sich um
Objekte handelt, gelten als militärische Ziele nur solche Objekte, die auf Grund ihrer
Beschaffenheit, ihres Standorts, ihrer Zweckbestimmung oder ihrer Verwendung
wirksam zu militärischen Handlungen beitragen und deren gänzliche oder teilweise
Zerstörung, deren Inbesitznahme oder Neutralisierung unter den in dem betreffenden
Zeitpunkt gegebenen Umständen einen eindeutigen militärischen Vorteil darstellt.
3. Im Zweifelsfall wird vermutet, dass ein in der Regel für zivile Zwecke bestimmtes
Objekt, wie beispielsweise eine Kultstätte, ein Haus, eine sonstige Wohnstätte
oder eine Schule, nicht dazu verwendet wird, wirksam zu militärischen Handlungen
beizutragen.
Art. 53
1. Das Aushungern von Zivilpersonen als Mittel der Kriegführung ist verboten.
2. Es ist verboten, für die Zivilbevölkerung lebensnotwendige Objekte wie Nahrungsmittel,
zur Erzeugung von Nahrungsmitteln genutzte landwirtschaftliche Gebiete,
Ernte- und Viehbestände, Trinkwasserversorgungsanlagen und -vorräte sowie
Bewässerungsanlagen anzugreifen, zu zerstören, zu entfernen oder unbrauchbar zu
machen, um sie wegen ihrer Bedeutung für den Lebensunterhalt der Zivilbevölkerung
oder der gegnerischen Partei vorzuenthalten, gleichviel ob Zivilpersonen ausgehungert
oder zum Fortziehen veranlasst werden sollen oder ob andere Gründe
massgebend sind.
3. Die in Absatz 2 vorgesehenen Verbote finden keine Anwendung, wenn die aufgeführten
Objekte von einer gegnerischen Partei
a) ausschliesslich zur Versorgung der Angehörigen ihrer Streitkräfte benutzt
werden,
b) zwar nicht zur Versorgung, aber zur unmittelbaren Unterstützung einer militärischen
Handlung benutzt werden; jedoch darf gegen diese Objekte keinesfalls
so vorgegangen werden, dass eine unzureichende Versorgung der Zivilbevölkerung
mit Lebensmitteln oder Wasser zu erwarten wäre, durch die sie
einer Hungersnot ausgesetzt oder zum Weggang gezwungen würde.
4. Diese Objekte dürfen nicht zum Gegenstand von Repressalien gemacht werden.
5. In Anbetracht der lebenswichtigen Erfordernisse jeder am Konflikt beteiligten
Partei bei der Verteidigung ihres Hoheitsgebiets gegen eine Invasion sind einer am
Konflikt beteiligten Partei in diesem Gebiet, soweit es ihrer Kontrolle unterliegt,
Abweichungen von den Verboten des Absatzes 2 gestattet, wenn eine zwingende
militärische Notwendigkeit dies erfordert.
Art. 55
Art. 57
Vorsichtsmassnahmen beim Angriff
1. Bei Kriegshandlungen ist stets darauf zu achten, dass die Zivilbevölkerung,
Zivilpersonen und zivile Objekte verschont bleiben.
2. Im Zusammenhang mit Angriffen sind folgende Vorsichtsmassnahmen zu treffen:
a) Wer einen Angriff plant oder beschliesst,
i) hat alles praktisch Mögliche zu tun, um sicherzugehen, dass die Angriffsziele
weder Zivilpersonen noch zivile Objekte sind und nicht unter
besonderem Schutz stehen, sondern militärische Ziele im Sinne des Artikels
52 Absatz 2 sind und dass der Angriff nicht nach diesem Protokoll
verboten ist;
ii) hat bei der Wahl der Angriffsmittel und -methoden alle praktisch möglichen
Vorsichtsmassnahmen zu treffen, um Verluste unter der Zivilbevölkerung,
die Verwundung von Zivilpersonen und die Beschädigung
ziviler Objekte, die dadurch mit verursacht werden könnten, zu
vermeiden und in jedem Fall auf ein Mindestmass zu beschränken;
iii) hat von jedem Angriff Abstand zu nehmen, bei dem damit zu rechnen
ist, dass er auch Verluste unter der Zivilbevölkerung, die Verwundung
von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte oder mehrere derartige
Folgen zusammen verursacht, die in keinem Verhältnis zum erwarteten
konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen;
b) ein Angriff ist endgültig oder vorläufig einzustellen, wenn sich erweist, dass
sein Ziel nicht militärischer Art ist, dass es unter besonderem Schutz steht
oder dass damit zu rechnen ist, dass der Angriff auch Verluste unter der Zivilbevölkerung,
die Verwundung von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler
Objekte oder mehrere derartige Folgen zusammen verursacht, die in keinem
Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen
Vorteil stehen;
c) Angriffen, durch welche die Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft gezogen
werden kann, muss eine wirksame Warnung vorausgehen, es sei denn, die
gegebenen Umstände erlaubten dies nicht.
3. Ist eine Wahl zwischen mehreren militärischen Zielen möglich, um einen vergleichbaren
militärischen Vorteil zu erringen, so ist dasjenige Ziel zu wählen, dessen
Bekämpfung Zivilpersonen und zivile Objekte voraussichtlich am wenigsten gefährden
wird.
4. Bei Kriegshandlungen auf See oder in der Luft hat jede am Konflikt beteiligte
Partei im Einklang mit den Rechten und Pflichten, die sich aus den Regeln des in
bewaffneten Konflikten anwendbaren Völkerrechts für sie ergeben, alle angemessenen
Vorsichtsmassnahmen zu treffen, um Verluste unter der Zivilbevölkerung und
die Beschädigung ziviler Objekte zu vermeiden.
5. Die Bestimmungen dieses Artikels sind nicht so auszulegen, als erlaubten sie
Angriffe auf die Zivilbevölkerung, Zivilpersonen oder zivile Objekte.