vonBen Gerten 07.01.2009

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Frau Prokop hat immer gemeint, dass man zu gegebenem Anlass auch mal vom eigenen Thema abweichen kann. Ich habe mich gestern abend an meine Verhandlung erinnert, mit der ich meine ethischen Motive zur Verweigerung des Kriegsdienstes belegen mußte. Folgendes Dokument fand ich damals sehr hilfreich:

Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte

Art. 48 

 

Grundregel

Um Schonung und Schutz der Zivilbevölkerung und ziviler Objekte zu gewährleisten,

unterscheiden die am Konflikt beteiligten Parteien jederzeit zwischen der

Zivilbevölkerung und Kombattanten sowie zwischen zivilen Objekten und militärischen

Zielen; sie dürfen daher ihre Kriegshandlungen nur gegen militärische

Ziele richten.

 

Art. 51

 Schutz der Zivilbevölkerung

1. Die Zivilbevölkerung und einzelne Zivilpersonen geniessen allgemeinen Schutz

vor den von Kriegshandlungen ausgehenden Gefahren. Um diesem Schutz Wirksamkeit

zu verleihen, sind neben den sonstigen Regeln des anwendbaren Völkerrechts

folgende Vorschriften unter allen Umständen zu beachten.

2. Weder die Zivilbevölkerung als solche noch einzelne Zivilpersonen dürfen das

Ziel von Angriffen sein. Die Anwendung oder Androhung von Gewalt mit dem

hauptsächlichen Ziel, Schrecken unter der Zivilbevölkerung zu verbreiten, ist verboten.

3. Zivilpersonen geniessen den durch diesen Abschnitt gewährten Schutz, sofern

und solange sie nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen.

4. Unterschiedslose Angriffe sind verboten. Unterschiedslose Angriffe sind

a) Angriffe, die nicht gegen ein bestimmtes militärisches Ziel gerichtet werden,

b) Angriffe, bei denen Kampfmethoden oder -mittel angewendet werden, die

nicht gegen ein bestimmtes militärisches Ziel gerichtet werden können, oder

c) Angriffe, bei denen Kampfmethoden oder -mittel angewendet werden, deren

Wirkungen nicht entsprechend den Vorschriften dieses Protokolls begrenzt

werden können

und die daher in jedem dieser Fälle militärische Ziele und Zivilpersonen oder zivile

Objekte unterschiedslos treffen können.

5. Unter anderem sind folgende Angriffsarten als unterschiedslos anzusehen:

a) ein Angriff durch Bombardierung – gleichviel mit welchen Methoden oder

Mitteln – bei dem mehrere deutlich voneinander getrennte militärische Einzelziele

in einer Stadt, einem Dorf oder einem sonstigen Gebiet, in dem Zivilpersonen

oder zivile Objekte ähnlich stark konzentriert sind, wie ein einziges

militärisches Ziel behandelt werden, und

b) ein Angriff, bei dem damit zu rechnen ist, dass er auch Verluste an Menschenleben

unter der Zivilbevölkerung, die Verwundung von Zivilpersonen,

die Beschädigung ziviler Objekte oder mehrere derartige Folgen zusammen

verursacht, die in keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren

militärischen Vorteil stehen.

6. Angriffe gegen die Zivilbevölkerung oder gegen Zivilpersonen als Repressalie

sind verboten.

7. Die Anwesenheit oder Bewegungen der Zivilbevölkerung oder einzelner Zivilpersonen

dürfen nicht dazu benutzt werden, Kriegshandlungen von bestimmten

Punkten oder Gebieten fernzuhalten, insbesondere durch Versuche, militärische

Ziele vor Angriffen abzuschirmen oder Kriegshandlungen zu decken, zu begünstigen

oder zu behindern. Die am Konflikt beteiligten Parteien dürfen Bewegungen der

Zivilbevölkerung oder einzelner Zivilpersonen nicht zu dem Zweck lenken, militärische

Ziele vor Angriffen abzuschirmen oder Kriegshandlungen zu decken.

8. Eine Verletzung dieser Verbote enthebt die am Konflikt beteiligten Parteien nicht

ihrer rechtlichen Verpflichtungen gegenüber der Zivilbevölkerung und Zivilpersonen,

einschliesslich der Verpflichtung, die in Artikel 57 vorgesehenen vorsorglichen

Massnahmen zu treffen.

Art. 52

 

Allgemeiner Schutz ziviler Objekte

1. zivile Objekte dürfen weder angegriffen noch zum Gegenstand von Repressalien

gemacht werden. Zivile Objekte sind alle Objekte, die nicht militärische Ziele im

Sinne des Absatzes 2 sind.

2. Angriffe sind streng auf militärische Ziele zu beschränken. Soweit es sich um

Objekte handelt, gelten als militärische Ziele nur solche Objekte, die auf Grund ihrer

Beschaffenheit, ihres Standorts, ihrer Zweckbestimmung oder ihrer Verwendung

wirksam zu militärischen Handlungen beitragen und deren gänzliche oder teilweise

Zerstörung, deren Inbesitznahme oder Neutralisierung unter den in dem betreffenden

Zeitpunkt gegebenen Umständen einen eindeutigen militärischen Vorteil darstellt.

3. Im Zweifelsfall wird vermutet, dass ein in der Regel für zivile Zwecke bestimmtes

Objekt, wie beispielsweise eine Kultstätte, ein Haus, eine sonstige Wohnstätte

oder eine Schule, nicht dazu verwendet wird, wirksam zu militärischen Handlungen

beizutragen.

Art. 53

 

Art. 54

 

Schutz der für die Zivilbevölkerung lebensnotwendigen Objekte

1. Das Aushungern von Zivilpersonen als Mittel der Kriegführung ist verboten.

2. Es ist verboten, für die Zivilbevölkerung lebensnotwendige Objekte wie Nahrungsmittel,

zur Erzeugung von Nahrungsmitteln genutzte landwirtschaftliche Gebiete,

Ernte- und Viehbestände, Trinkwasserversorgungsanlagen und -vorräte sowie

Bewässerungsanlagen anzugreifen, zu zerstören, zu entfernen oder unbrauchbar zu

machen, um sie wegen ihrer Bedeutung für den Lebensunterhalt der Zivilbevölkerung

oder der gegnerischen Partei vorzuenthalten, gleichviel ob Zivilpersonen ausgehungert

oder zum Fortziehen veranlasst werden sollen oder ob andere Gründe

massgebend sind.

3. Die in Absatz 2 vorgesehenen Verbote finden keine Anwendung, wenn die aufgeführten

Objekte von einer gegnerischen Partei

a) ausschliesslich zur Versorgung der Angehörigen ihrer Streitkräfte benutzt

werden,

b) zwar nicht zur Versorgung, aber zur unmittelbaren Unterstützung einer militärischen

Handlung benutzt werden; jedoch darf gegen diese Objekte keinesfalls

so vorgegangen werden, dass eine unzureichende Versorgung der Zivilbevölkerung

mit Lebensmitteln oder Wasser zu erwarten wäre, durch die sie

einer Hungersnot ausgesetzt oder zum Weggang gezwungen würde.

4. Diese Objekte dürfen nicht zum Gegenstand von Repressalien gemacht werden.

5. In Anbetracht der lebenswichtigen Erfordernisse jeder am Konflikt beteiligten

Partei bei der Verteidigung ihres Hoheitsgebiets gegen eine Invasion sind einer am

Konflikt beteiligten Partei in diesem Gebiet, soweit es ihrer Kontrolle unterliegt,

Abweichungen von den Verboten des Absatzes 2 gestattet, wenn eine zwingende

militärische Notwendigkeit dies erfordert.

Art. 55

 

Art. 57

Vorsichtsmassnahmen beim Angriff

1. Bei Kriegshandlungen ist stets darauf zu achten, dass die Zivilbevölkerung,

Zivilpersonen und zivile Objekte verschont bleiben.

2. Im Zusammenhang mit Angriffen sind folgende Vorsichtsmassnahmen zu treffen:

a) Wer einen Angriff plant oder beschliesst,

i) hat alles praktisch Mögliche zu tun, um sicherzugehen, dass die Angriffsziele

weder Zivilpersonen noch zivile Objekte sind und nicht unter

besonderem Schutz stehen, sondern militärische Ziele im Sinne des Artikels

52 Absatz 2 sind und dass der Angriff nicht nach diesem Protokoll

verboten ist;

ii) hat bei der Wahl der Angriffsmittel und -methoden alle praktisch möglichen

Vorsichtsmassnahmen zu treffen, um Verluste unter der Zivilbevölkerung,

die Verwundung von Zivilpersonen und die Beschädigung

ziviler Objekte, die dadurch mit verursacht werden könnten, zu

vermeiden und in jedem Fall auf ein Mindestmass zu beschränken;

iii) hat von jedem Angriff Abstand zu nehmen, bei dem damit zu rechnen

ist, dass er auch Verluste unter der Zivilbevölkerung, die Verwundung

von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte oder mehrere derartige

Folgen zusammen verursacht, die in keinem Verhältnis zum erwarteten

konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen;

b) ein Angriff ist endgültig oder vorläufig einzustellen, wenn sich erweist, dass

sein Ziel nicht militärischer Art ist, dass es unter besonderem Schutz steht

oder dass damit zu rechnen ist, dass der Angriff auch Verluste unter der Zivilbevölkerung,

die Verwundung von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler

Objekte oder mehrere derartige Folgen zusammen verursacht, die in keinem

Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen

Vorteil stehen;

c) Angriffen, durch welche die Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft gezogen

werden kann, muss eine wirksame Warnung vorausgehen, es sei denn, die

gegebenen Umstände erlaubten dies nicht.

3. Ist eine Wahl zwischen mehreren militärischen Zielen möglich, um einen vergleichbaren

militärischen Vorteil zu erringen, so ist dasjenige Ziel zu wählen, dessen

Bekämpfung Zivilpersonen und zivile Objekte voraussichtlich am wenigsten gefährden

wird.

4. Bei Kriegshandlungen auf See oder in der Luft hat jede am Konflikt beteiligte

Partei im Einklang mit den Rechten und Pflichten, die sich aus den Regeln des in

bewaffneten Konflikten anwendbaren Völkerrechts für sie ergeben, alle angemessenen

Vorsichtsmassnahmen zu treffen, um Verluste unter der Zivilbevölkerung und

die Beschädigung ziviler Objekte zu vermeiden.

5. Die Bestimmungen dieses Artikels sind nicht so auszulegen, als erlaubten sie

Angriffe auf die Zivilbevölkerung, Zivilpersonen oder zivile Objekte.

 

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