vonClaudia Mussotter 10.12.2009

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„Durch rote Rüben werden die Schwachen stark und die Schüchternen mutig.“ Das sagt der Volksmund, ob es so stimmt, muss jeder selbst ausprobieren. Wahr ist jedenfalls: Dieses Gemüse ist äußerst energiereich. So energiereich, dass man die rote Bete vielleicht schon nächstes Jahr, verwandelt in Butanol, einen viel potenteren Alkohol als Äthanol, als Treibstoff tankt. Doch „Beta vulgaris“ kann mit mehr aufwarten. Sie ist nicht nur außerordentlich gesund, sondern eine Rübe, die im grauen Winter Farbe auf den Teller bringt.
Dass die rote Bete mehr oder weniger fast in Vergessenheit geraten ist – zu Unrecht! –, liegt vielleicht auch an ihrem altbackenen Image, dem unattraktiven Einmachen in essigsaurer Marinade – nur zu gut bekannt als Bestandteil eines Salattellers aus Konserven. Mit dem aromatischen Fruchtfleisch einer frisch gekochten Rande, wie sie in der Schweiz heißt, hat das herzlich wenig zu tun. Die frischen Knollen sind wahre Geschmackswunder und lassen sich vielfältig zubereiten: als Suppe, Salat, geschmort, in Reisgerichten, als Carpaccio und mehr.
In der gehobenen Küche hat man dies längst erkannt – schwört aber eher auf die kleinen zarten Rübchen, die man auch roh genießen kann. Wie auch immer, nicht alles ist Borschtsch oder Labskaus, die rote Rübe hat es von der Ackerscholle in die Feinschmeckerrestaurants geschafft und ist es wert, dass man sich näher mit ihr befasst.
Die rote Bete oder Beete stammt aus dem Mittelmeerraum, vermutlich Nordafrika, eine uralte Kulturpflanze, die Griechen, Römer und später die Araber kannten. Es existieren auch gelbe und weiße Varianten, die sich aber nicht so ganz durchsetzen konnten und deshalb kaum auf dem Markt zu finden sind. Die Blätter sind essbar und wurden schon von den Römern einst als zartes Gemüse zubereitet. Nicht umsonst ist die rote Rübe mit dem Mangold verwandt.
Ab dem 16. Jahrhundert nahmen sich Deutsche und Engländer der Kultivierung der roten Knolle an, Polen hatte Ende des 19. Jahrhunderts schon die erste Zuckerfabrik errichtet – immerhin ist die rote Bete die Cousine der Zuckerrübe.
In Spanien erschien sie als Kulturpflanze nicht vor 1878; 20 Jahre später, nach dem Verlust der Kolonien, förderte man in Spanien ihre Kultivierung, und es entstanden Fabriken im ganzen Land. Die erste wurde in Granada errichtet. Heute wird das Gemüse in drei Zonen angebaut: in Andalusien und Extremadura, in Castilla-La Mancha und im Norden des Landes, dort vornehmlich in Castilla y León. Doch wird die rote Rübe nicht nur als Nahrungsmittel oder Zuckerstoff eingesetzt, auch der Farbstoff E 162, das so genannte rojo remolacha, wird aus ihr gewonnen.
Die kräftig-rote Farbe ist ein Problem. Nicht nur, dass man sich bei der Zubereitung von roter Bete hoffnungslos die Finger verfärbt, sie färbt auch alle anderen Bestandteile eines Gerichts, weshalb man am besten mit Einmalhandschuhen arbeitet und die Zutaten streng voneinander trennt. Ein anderer Nachteil dürfte ihre relativ lange Zubereitungszeit sein, weshalb heute überall schon gekochte, vakuumverpackte Knollen angeboten werden.
Rote Rüben besitzen eine dünne Schale, die nicht verletzt werden sollte, weil sie sonst außer dem schönen Saft auch viel von ihrer Power verlieren. Deshalb schneidet man auch nicht das Wurzelende ab, und die Blätter sollte man ein Stück stehen lassen.
Vor dem Kochen werden die Knollen unter Wasser gut abgebürstet. Man kann sie aber auch in Alufolie gewickelt auf dem Ofenblech garen – oder in einem Bett aus grobem Meersalz, das im spanischen Supermarkt beispielsweise billig zu haben ist.

Rote-Bete-Suppe
Für 4 Pers.: 1 Liter Gemüsebrühe, 500 g gekochte rote Bete (vakuumverpackt), 300 g Rotkohl, 2 EL Pinienkerne, 100 ml Sahne, weißer Pfeffer, etwas Vinaigrette, 1 EL Apfelessig, Olivenöl virgen extra, Salz
Die harten Teile des Rotkohls entfernen, Blätter in Streifen schneiden und waschen. Wasser zum Kochen bringen und den Rotkohl drei Minuten kochen. Abgießen, abtropfen lassen und mit der Vinaigrette vermischen. Beiseite stellen.
Rote Bete in Stücke schneiden, zehn Minuten in Olivenöl angehen lassen. Die zuvor erhitzte Brühe zugießen, mit Essig, Pfeffer und Salz abschmecken. Das Ganze 15 Minuten köcheln, dann im Mixer pürieren.
Die Suppe mit der Sahne verfeinern – da könnte man beispielsweise mit der Gabel ein hübsches Muster ziehen – und zum Schluss den Rotkohl und die Pinienkerne dazugeben.

Bon profit!

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