Weil die Freisetzung gentechnisch veränderter Gerste in ihrer Nachbarschaft ein Schlag ins Gesicht des Reinheitsgebotes für deutsches Bier sei, hat die Stralsunder Brauerei unter Protest den ihr soeben von Ilse Aigner verliehenen Ehrenpreis wieder zurückgegeben. Der Protest der Brauerei und 1400 weiterer Einwender sowie eine Feldbesetzung und Mahnwache gegen den Freisetzungsversuch, habe nichts gefruchtet, klagte Geschäftsführer Markus Berberich. Das Bundesamt für Verbraucherschutz hatte den Versuch vor drei Tagen genehmigt.
Warum ein Freisetzungsversuch der Universität Gießen ausgerechnet in seinem schönen Mecklenburg-Vorpommern stattfinden muß, sieht Herrn Berberich überhaupt nicht ein. In Gießen waren die Versuche zweimal am Protest der Bevölkerung vor Ort gescheitert. Nach seinen Recherchen hatten die Gießener Forscher, die den Versuch als „Sicherheitsforschung“ deklarieren und dafür vom Bundesforschungsministerium bezahlt werden, bei vorangegangenen Versuchen zu Hause die Gentech-Gerste nicht wirklich im Griff.
Jetzt soll er von der dort ansässigen Firma „Biovativ“, die die Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen als Dienstleistung anbietet, im AgroBioTechnikum in Groß Lüsewitz ausgebracht werden. Notabene auf ganzen 9,6 Quadratmetern. Dem Gentechnik-Club um die Rostocker Professorin Inge Broer geht es möglicherweise dabei eher ums Prinzip. Die Fördermittel, von denen er sich im wesentlichen ernährt, fließen in letzter Zeit spärlicher und die ursprüngliche Begeisterung für den „hightech-Standort“ scheint sich auch bei der Landesregierung etwas abgekühlt zu haben.
Der Brauerei dagegen geht es um den guten Ruf ihres Gersten-Saftes – auch ein Prinzip, auf das sie nichts kommen lassen wollen. Mittlerweile haben sie sich schlau gemacht:„Gentechnikkritiker haben inzwischen nachgewiesen, dass die angeblichen Ziele des Gerstenversuches nur behauptet werden, um an hohe Fördermittel zu kommen. Tatsächlich soll Produkt- und Methodenentwicklung betrieben werden. In dieser Sache sind bereits vor längerer Zeit Strafanzeigen gegen die Versuchsleitung eingereicht worden,“ schreiben sie in ihrer Presseerklärung.
Die Gentechnik-Gerste stammt aus den USA und ist gegen bestimmte Pilze resistent. Weil Gerste aber gleichzeitig mit anderen Pilzen eine wichtige Symbiose eingeht, soll nun untersucht werden, ob sie sich mit dem Plizgift nicht gewissermaßen selbst den Ast absägt, auf dem sie sitzt. Ein Bedarf an Gentechnik-Gerste ist in Deutschland nicht wirklich abzusehen. Der Nabu warnt ebenfalls vor dem Versuch und verweist auf wilde Verwandte der Gerste in Deutschland.
Den Spass lassen sich Herr Berberich und seine Qualitätsbrauer von der ungeliebten Gerste trotzdem nicht verderben: Am 27. Juni sind alle zum grossen Hoffest mit Carsten Pape, Lotto King Karl und den Dicken Kindern eingeladen. Erwartet werden 10.000 Gäste. Da wollen wir mal hoffen, dass die sich nicht im Anschluss betrunken nach Groß Lüsewitz begeben, um am Biotechnikum abzuschlagen. Denn ebenfalls im Angebot bei den Stralsundern ist diese Marke: