- Schweizer Trinkkultur
Na toll! Da gewinnt schon mal jemand, den ich kenne, den Preis der Leipziger Buchmesse, und dann finde ich den Autor nicht, zum Gratulieren und um mir das Buch zu besorgen und überhaupt. Ich war zu spät, um beim Preisträgergespräch mit David Wagner zuzuhören, nur weil ich bei so einer komischen Handlesemutti war, die meine Unterschrift und meine Hände gescannt hat, und dann war auch noch alles falsch, was dabei raus kam, oder zumindest vieles, und ich hab auch noch 8 Euro dafür bezahlt.* Ach, ach, ach.
Aber der er Schweizer Nachtschattenverlag: so charmant! Lauter Bücher zu Alkohol und Hanf und Kiffen und LSD, und dann kriegen die ihren neuen 400-Seiten-Klopper zur Kulturgeschichte des Alkohols nicht pünktlich zur Messe fertig, die alten Kiffer. An ihrem Stand haben sie eine Absinth-Trink-Anlage. „Das soll wach und klar machen, hab ich gehört“, sagt eine Frau und nimmt eine Absinthflasche in die Hand. Daneben liegen Postkarten mit Oscar Wilde drauf und einem Zitat von ihm:
„Das erste Stadium ist normales Trinken. Im zweiten fängt man an, ungeheuerlich grausame Dinge zu sehen, aber wenn man es schafft, nicht aufzugeben, kommt man in das dritte Stadium, in dem man Dinge sieht, die man sehen möchte, wundervolle sonderbare Dinge.“
Ich laufe weiter. Überall Gesprächsfetzen, Teile von Lesungen, wieder Gesprächsfetzen:
„Wie hast du dieses Trauma überwunden?“ – „Die Schwester redet sie immer schlecht“ – „Sehr streng, die Frühjahrskollektion!“ – „Und frisch: der Maulwurfshügel.“
In Halle 4, im Forum OstSüdOst gibt es eine Diskussion über Feminismus in Polen, der Ukraine und Belarus. Die Autorin Joanna Bator erzählt, wie sie in einer polnischen Apotheke keine Verhütungsmittel kaufen konnte. „Die Apothekerin wollte sie mir einfach nicht geben. Aus ideologischen Gründen. Aus katholischen Gründen.“
Ein paar Meter weiter drückt mir eine schwarz gekleidete Frau zwei kleine Heftchen in die Hand. „Erotische Leseprobe zum Mitnehmen?“
Der Puzzlechaoseindrückeflash der Buchmesse hat mich wieder.
Die Kolleginnen räumen den taz-Stand auf, es gibt Prosecco und Musik, Leute tanzen.
*Eso-Nachfolge-Ding von Frankfurt, da hab ich nämlich mein Gesicht lesen lassen.