von 09.10.2013

Buchmesseblog

taz-Autor*innen bloggten live von den Buchmessen in Leipzig und Frankfurt. Ein Schmöckerladen für Buchliebhaber*innen.

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death

 

Starken Eindruck übt der Abend im Frankfurter Hof noch immer von außen auf mein Hirn aus. Neben vielen schwankenden Kollegen und Verleger-Urgesteinen wie Herr Übleis, Nico Hansen und der BuchMarkt-Papst Christian von Zittwitz ist mir vor allem die sagenhaft frische Buch-Autorin und -Gestalterin Judith Schalansky in Erinnerung, die  das auf ein wenig Laugengebäck reduzierte Buffet des Script-Empfangs bedauerte und ihr Auge auf die zur Dekoration aufgestellten Paprika und Blumenkohl geworfen hatte. „Wie kommen der Blumenkohl und ich heute Abend zusammen?“, war die einzige Frage, die sie bewegte,  bevor sie beschloss, den Abend andernorts ausklingen zu lassen.

 

Gegessen hatte ich zum Glück ausgiebig zuvor, aber wir teilten den Wunsch, ihr neuestes Buchprojekt, das Esel-Buch von Jutta Person in der Naturkunden-Reihe im Matthes & Seitz Verlag endlich mal in den Händen halten zu können. Während Frau Schalansky sich unauffällig verzieht, sagt die junge und schöne taz-Kollegin Fatma Aydemir: „Geht es hier nur ums saufen? Ich bin ja das erste mal hier…“ Herzlich Willkommen.
Leute, die des nachts durch den Frankfurter Hof schwanken, unterscheiden sich darin von jenen, die derweil dicke Bücher schreiben. Irgendwo her muss die Zeit ja kommen. Diese Erkenntnis teilt auch der Zeit-Kollege C., den ich um seine 3-Raum-Suite versucht bin zu beneiden, aber hey, drei Räume oder 3 qm – who cares?

 

Sarah Stricker ist so eine von denen, die eher wenig Alkohol trinken und ihre Zeit lieber auf das Schreiben oder den Kauf von japanischen Kleidern in Tel Aviv verwenden, wo sie zufällig auch wohnt. Ihr Debüt-Roman „Fünf Kopeken“ ist in den Feuilletons zu recht schon ziemlich gut und ziemlich rauf und runter besprochen worden  – sogar im ZDF-Morgenmagazin, wo die Handlung von Praktikanten nachgestellt wurde. Nach einem Auftritt am FAZ-Stand läuft sie mit einem Team des SWR immer wieder den Messehallengang entlang und fährt Rolltreppe, dann treffen wir uns auf einen Kaffee vor laufender Kamera, den wir dann doch nicht trinken, weder draußen, noch vor der Kamera. Stattdessen trinken wir Wasser am eichborn-Stand, unter dem Regal mit Büchern von Frau Katzenberger und Ingrid Steeger, die  – ach echt? – noch gar nicht tot ist. Nicht zu verwechseln mit Helga Feddersen. Die war klasse.

 

„Das Internet quillt über vor Tod, der kommt an Beliebtheit gleich nach Sex“ sagt der Autor des bei Rowohlt, nee, von Rowohlt veröffentlichten – „Deathbooks“. Der Roman erscheint zwar irgendwann in gedruckter und gebundener Form, bis dahin gibt es ihn als ePub und als App und aufm kindle, mit Videos, Blogs, Links, Chats, Codes und social media via facebook. Das Ganze für 1,49 € pro Folge und jeder Menge Vermischung von Realität und Fiktion, Echtzeit und Erzählzeit. Wer’s mag, kann also durchaus mit einem Anruf des Autors rechnen. Das Traditionshaus versucht mit diesem Projekt auf den sich wandelnden und sich digitalisierenden Markt zu reagieren. Und gehört natürlich auch mit zu den Unterstützern der ersten Stunde von Sascha Lobos neuem Projekt Sobooks.

 

Eigentlich wollte ich diesen Termin doof finden, weil ich mich vorher so umständlich auf einer externen Seite anmelden musste und voll viel Zeit einberaumt wurde und so ein Wind gemacht wurde, dass nichts Geringeres als die Verkündung der Weltformel und die Antwort auf die Frage nach dem Leben und dem ganzen Rest. Und irgendwie kam das auch so männerselbstdarstellmäßig. Große Show. Ist aber eine ganz ganz normale gute Präse geworden. Bei sobooks gibt es Bücher im Netz zu kaufen und massig Möglichkeiten damit sozial zu interagieren. Also so socialmediamäßig, deshalb sobooks, social books.

 

Ehrlich gesagt ist die Idee prima und will nichts Geringeres, als die Buchbranche, Autoren und Leser mit dem Internet zu versöhnen und richtig zusammenzubringen, so ganz ohne Peinlichkeit, sondern so, wie es zeitgemäß ist. Die closed beta gibt es ab Sonntag, den 13.10. zu sehen, offiziell erst zur Leipziger Buchmesse 2014. Wieso muss man Bücher noch runterladen? Fragt Lobo. Alles zum Buch gibt es im Internet, nur nicht das Buch selbst, sagt er. Bei sobooks.de gibt’s die dann ohne Lesegerät im Browser, später auch über ios- und Android-Apps.  Aber noch ist das Projekt nicht fertig.

 

Bei Sobooks läuft alles so social ab, weil Bücher gerne diskutiert werden. Deshalb soll man das auch per Kommentar im Text machen können und die Kommentare im Netz teilen können, Leute zur Diskussion einladen usw. Negative Äußerungen gibt es allerdings nur in Form von „Hä?“ in der Randspalte. Oder eben Lob. Lobo behält sich vor, das Auskotzen draussen zu lassen. Bald kann man da Zusammenfassungen mit 120 Zeichen passend für Twitter sharen, taggen, kommentieren und alles, was man eh den ganzen Tag so macht, nur nicht mit Büchern.

 

Der durch Helene Hegemann bekannt gewordene Blogger Airen mit seinem Buch Strobo war mit seinem Verlag Sukultur der erste Autor am Start. Es folgten weitere mutige weil reiche Verlage: Random House. Ullstein, Hoca, Rowohlt und einige kleine, die nichts zu verlieren haben. Aber damit kein Irrtum entsteht – es wird da schon für Inhalte bezahlt… bis zu fünf Euro. Man kann sich zur Zeit echt nur mit Code und über facebook anmelden, per mail kommt noch. Man kann das Buch auch verleihen. An drei Leute.  Einige Bücher sind mit epub oder pdf runterladbar. Textstellen kann man teilen. Kostenlos anlesen. Man kann Bücher verschenken und subskribieren. Man kann Buch- Zitate einbinden in Artikel, die dann zu sobooks führen, wo man wiederum das besprochene Produkt kaufen kann. Man kann Leute auswählen, die das Buch kommentieren können. Als quasi-Co-Autoren. Weil es dann mehr Leute interessiert, wenn ein Buch von Schirrmacher rezensiert wurde oder von Katrin Passig kommentiert wurde. Es gibt keine Werbung im Buch.

 

Am I missing something? Ich find das irgendwie gut und von mir aus kann er damit auch reich werden, facebook freut sich sowieso.

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https://blogs.taz.de/buchmesse/2013/10/09/und-facebook-so-yeah/

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kommentare

  • Liebe Taz,

    EHRLICH!?

    Noch so ein Facebook-bla-bla-Artikel und nichts über den Protz-Bischof aus Limburg? Es reicht! Es gibt von mir erst wieder 5 Sterne, wenn das korrigiert ist!

    Mit mahnenden Grüßen,
    Hans Magnus

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