Publikumstage.
Wer schlau ist, fährt nach den Fachbesuchertagen nachhause und überlässt die Publikumstage sich selbst. Kollegin Niemann hat das gestern gemacht; ich bin noch hier.
Alle Gänge sind überfüllt, Securityleute mit gelben Westen sortieren die Menge in die richtigen Gänge, die mit Flughafenbändern unterteilt sind. Menschen, die auf Pläne gucken, bleiben stehen. Das Prinzip, dass man auf Rolltreppen und -bändern rechts steht und links geht, gilt hier längst nicht mehr. Allein schon, weil die meisten Leute doppelt so breit sind wie sonst, mit ihren überdimensionierten Papptüten mit Zeug drin. An den Klos steht man eine halbe Stunde in der Schlange, es stinkt zur Hölle.
Die „Welt “ schreibt, die Stimmung auf der Messe sei „entspannt fatalistisch“. Das stimmte für die letzten Tage. Heute ist sie angespannt apokalyptisch.
Weil man auf den Rollbändern stehen muss, kann man die Gespräche der Anderen mithören. „Total interessantes Buch“, sagt ein Mann zu einem anderen, „es gibt darin diese Putzfrau, aus der dann doch noch was wird.“ Gestern war so ein ähnlich schlauer Typ mit mir auf dem Rollband, er lief schräg hinter mir und quatschte mich von hinten an: „In Halle 1 und 2 ist nichts, oder?“ – „Äh, nee.“ – „Ah, okay. Hast du eine Visitenkarte?“ – „Was?“ – „Hast du eine Visitenkarte, wo deine Nummer draufsteht?“ – „Nein.“ – „Dann gib mir mal deine Hand, ich schreib dir meine Nummer auf.“ – „NEIN!“ – „Okay, komm vorbei in Halle [irgendwas], ich vertrete einen persischen Verlag, er heißt [irgendwas].“
In einem der Gänge steht vor einem kleinen Verlag eine Frau mit einer Keksschale. „Keks?“, fragt sie Vorbeikommenden. Die Frau vor mir nimmt einen und bleibt stehen. Die Keksfrau erinnert mich an das Musical von „Icke & Er“, da gibt es so eine Figur, die immer total hysterisch fragt: „Keeeeks?“ Die Keksfrau fragt die Frau jetzt „Und noch’n Lesepröbchen?“ – „Ach, gerne!“ – „Was lesen Sie denn gerne?“
Am taz-Stand verleiht die „Wahrheit“ gerade den Jieper-Preis an das ARD-Boulevardmagazin „Brisant“. Die haben im Rahmen des Unterbring-Wettbewerbs der Wahrheit den Satz „Von Rio bis zum Orinoco tanzt den Samba jede Gamba“ in zwei Beiträgen untergebracht. Glückwunsch.
Kollegin A. fragt, ob ich schon Bücher geklaut hab. Nö, sage ich, wüsste gar nicht was. „Wir müssen noch klauen gehen“, sagt sie, „warte, ich zeig dir ein Zitat.“ Sie tippt auf ihrem iPhone und liest vor: „Wer die Versuchung nicht kennt, ein Buch zu klauen, der verdient auch keine Freiexemplare.“ – „Ah“, sage ich, „wer sagt das?“ – „Ernst Rowohlt! Komm, wir gehen zum Rowohlt-Stand.“
Fiesomat, wieso schreibst du das, was ich schon immer mal schreiben wollte? Gut!