Der Tag beginnt mit einer jungen Frau, die übers Kacken spricht. Und sie macht das sehr gut. „Die Welt sieht viel lustiger aus“, sagt Giulia Enders, „wenn wir nicht nur das sehen, was man sehen kann – sondern auch noch all den Rest.“ Giulia Enders hat Medizin studiert und forscht jetzt für ihre Doktorarbeit am Institut für Mikrobiologie und Krankenhaushygiene in Frankfurt am Main. Zusammen mit ihrer Schwester Jill, die die Illustrationen gemacht hat, hat Giulia Enders ein Buch über den Darm geschrieben: „Darm mit Charme. Alles über ein unterschätztes Organ“. Ein sehr lustiges, lässiges, lehrreiches Buch.
Eigentlich, erzählt Giulia Enders, sollte ihr Buch ganz anders anfangen, als es jetzt anfängt. Eigentlich wollte sie schreiben: „Lieber Leser, folgen Sie mir, wie Alice dem weißen Kaninchen. Fragen Sie nur nicht, in welches Loch wir gleich fallen.“ ‒ Dann aber hat sie sich gedacht, nee, kann man nicht machen, weil bei anderen Menschen die Schamgrenzen noch nicht so völlig aufgelöst sind wie bei ihr.
Giulia Enders erzählt, dass sich Menschen „grob aus drei ‚Schläuchen‘ entwickeln“: Einen fürs Blutgefäßesystem, zu dem das Herz gehört. Einen zweiten für das Nervensystem, zu dem das Gehirn gehört. Und einen dritten: Das Darmrohr. Während aber Herz und Gehirn als Organe ziemlich hoch angesehen sind, wird der Darm ständig missachtet. Das will Giulia Enders ändern, und erzählt sehr begeistert davon, was für ein cooles Organ der Darm ist, was er alles kann und wie er funktioniert.
Sie spricht über die Zunge und verschiedene Spuckesorten, über den Magen und den Dünndarm und über Bauchknurren, über den inneren und den äußeren Schließmuskel, über das „Stuhlgangbusiness“, über das sie anfing nachzudenken, nachdem ihr Mitbewohner in die Küche kam und sie fragte: „Giulia, wie geht kacken?“ Sie erklärt verschiedene Sitztechniken fürs Klo und in welcher Position ein „vollständiges Entleerungserlebnis“ empfunden wird (beim Hocken nämlich). Und dass die „Stuhlgangsohnmacht“ gar nicht so selten vorkommt (wenn Leute zu doll pressen.)
Gleichzeitig geht es ums Nervensystem, um Gewohnheiten und Ängste und um Bakterien und was sie alles können. Heißhungerattacken auslösen. Oder dick machen. Wenn man Mäuse mit bestimmten Darmbakterien ausstattet, die übergewichtige Menschen haben, werden auch die Mäuse dick. „Moppel-Bakterien“, sagt Giulia Enders. Nebenbei erklärt sie, warum man in einem normalen Haushalt eigentlich kein Desinfektionsmittel braucht, es sei denn, „ein kranker Hund hat auf den Teppich gekotzt“.
Sie habe es früher immer furchtbar gefunden, auf Campingplätzen oder in Zügen aufs Klo zu gehen, erzählt Giulia Enders. Seit sie sich mit ihren beiden Schließmuskeln (dem inneren und dem äußeren) angefreundet hat, sei das alles kein Problem mehr. Der Trick ist, „dem inneren Schließmuskel mehr Macht zu geben“. Denn der innere Schließmuskel vertritt unser Unbewusstes: „Ihn interessiert einzig und allein, ob es uns im Inneren gut geht.“ Und das ist doch wunderschön zu wissen.