Alter, ich komm nicht zum Bloggen… schreibe ich, gucke hoch und sehe Kollege O. vor mir, ooooh, lange nicht gesehen, hast du kurz Zeit, darf ich mich setzen, ja komm her, ich lege den Computer weg. Prosecco, Chips, Stößchen. Schön, ihn zu sehen, schön, überhaupt alle zu sehen.
Ich wollte um zwei meinen ersten Text für heute schreiben, jetzt hab ich mit drei Leuten Kaffee getrunken und mit zwei Leuten Sekt, gesunder Schnitt.
Jetzt aber.
Judith Holofernes war im „Orbanism Space“ heute Vormittag, das ist ein neuer Ort hier, organisiert von Christiane Frohmann und Leander Wattig, als „‘Spielwiese‘ für Netzwerker, Blogger und die mediale Avantgarde“, und das ist super, denn ich hab da am Freitag auch eine Veranstaltung („Kolumne als Netzgenre“) und jetzt weiß ich, dass ich mediale Avantgarde sein muss, weil Netzwerkerin bin ich echt nicht, und Bloggerin nur 9 Tage im Jahr (wenn Buchmesse ist), also muss ich… naja. Vielleicht. Egal.
Judith Holofernes jedenfalls. Die von „Wir sind Helden“, früher. Die hat ein Buch geschrieben: „Du bellst vor dem falschen Baum“ – ein Buch mit Tiergedichten, eigentlich, aber sie sagt, sie habe jetzt gelernt, dass sie sagen muss, es sei ein „Lyrikband“. Sonst denken Leute, ah, Tiergedichte, ein Kinderbuch! (Halbe Stunde später komm ich zum taz-Stand mit dem Buch, Kollegin K. sieht nur das Cover und sagt „Oh, toll, Judith Holofernes macht jetzt auch Kinderbücher?“)
Das Buch ist wunderschön illustriert von Vanessa Karré, mit bunt innen und außen, und die Gedichte sind irgendwo zwischen albern und wunderschön und lustig und flach und tief, aber nicht mittel. Über Meisen und Makis und Faultiere, Rentiere, Raubtiere, Tiere, Tiere, Tiere, Oktopoden und Hoden.
Eigentlich ist sie aber im Orbanism Space, um über Künstler_innen auf Twitter zu reden. Sie twittert erst seit drei Monaten, ist aber angefixt wie nix und sagt, dass sie jetzt weiß, wo sich die ganzen coolen Leute rumtreiben. Ihre Facebookseite bespielt sie noch weiter, aber ein bisschen widerwillig: „Ich trage Facebook mit Würde – ich mag es aber einfach nicht.“ Facebook wird immer mehr vom Kommunikations- zum Werbekanal, und das nervt sie. „Facebook ist für mich quasi kaputt.“
Twitter mag sie lieber, weil das „Schwarmbewusstsein“ so schön ist und man genau die Leute findet, die ähnliche Interessen haben wie man selbst und mit denen kann man dann lustige Sachen machen: „Und ich habe einen ausgeprägten Spieltrieb“, sagt Holofernes. Die Hashtagspielchen auf Twitter seien so ähnlich wie früher ihre Tourbusspiele mit „Wir sind Helden“. Jemand sagt „Sag mal Lieder mit Tieren“ und dann geht’s los. Manchmal schreibt sie auch Twittergedichte oder probiert Songzeilen aus. „Verquickung von ästhetischen und sozialen Belangen“, nennt Frau Frohmann das.
Hinterher verpasse ich aufgrund von Kaffeetrinken Richard David Precht, treffe aber beim nächsten Kaffeetrinken eine Kollegin, die dort war und meinte, es sei so lala gewesen und er hätte irgendwas zur Feminisierung der Gesellschaft und sinnlosen Frauenquoten geredet, und zwar als Antwort auf die Frage, warum in seiner Philosophiegeschichte so wenig Frauen vorkämen. Ach ja. Der Kaffee war sehr gut.
Sag i do imma, wa?! Dat is‘ ja gerade heut‘ SO wichtig, näh?! Dat pro.duck.tplesment, näh!? Un‘ dat frauen, die halt sons‘ nix zu sagen haben, zusammenhalten, näh?! …. oda eben wat schreiben, irgendwat!