vonMargarete Stokowski 26.03.2017

Buchmesseblog

taz-Autor*innen bloggten live von den Buchmessen in Leipzig und Frankfurt. Ein Schmöckerladen für Buchliebhaber*innen.

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S. wundert sich, dass alle mit ihr über Fäkalien reden wollen, dabei hat sie in Halle 1 drei Kacke-Emoji-Kissen gekauft. „Drei Stück für 12 Euro, so günstig!“, sagt sie, und erzählt, dass sie sonst nie diesen Dialog mit der Taxifahrerin gehabt hätte: „Haben Sie Ihre Kackhaufen jetzt noch im Kofferraum?“ – „Meine Kackhaufen hab ich hier.“

E-kel-haft.

So geht diese Buchmesse zuende. Ich wollte noch von einem Comic erzählen, Liv Strömquist: „Der Ursprung der Welt“. Gestern gab es eine Veranstaltung, die hieß „Perspectives on Genitals in (queer) feminist Comics“, da sollte Liv Strömquist eigentlich sein, war sie aber nicht, weil krank. Ihr Comic jedenfalls ist eine Art Sachbuch (mit Fußnoten!) und handelt von Tabus um weibliche Genitalien und Menstruation. Eigentlich kein so lustiges Thema, aber ein sehr lustiges und lehrreiches Buch.

Strömquist erzählt von Männern, die sich mehr oder weniger obsessiv mit der Vulva beschäftigt haben und Frauen verbieten wollten, sie anzufassen (unter anderem Kellog, der Cornflakes-Typ), von Schamlippen-Verkleinerungen und Penis-Vergrößerungen, von Fruchtbarkeitsgöttinnen und Orgasmusproblemen und von einem Bild, das die NASA ins All geschickt hat, damit Außerirdische es angucken können: eine Zeichnung mit einem Mann und einer Frau, beide nackt, wobei aber beim Mann der Penis zu sehen war und bei der Frau keine Vulva (siehe Foto), weil das zu obszön gewesen wäre. Offenbar fand man bei der NASA männliche Genitalien nicht so schlimm, aber weibliche zu eklig, sogar für Aliens. Im weiteren Verlauf des Comics sieht man dann die Außerirdischen, die auf die NASA-Nachricht nicht antworten wollen, weil sie die Menschen für verklemmt und unzivilisiert halten.

Außerdem analysiert Strömquist Werbung für Menstruationsprodukte und stellt fest, dass darin immer wieder zwei Wörter auftauchen: „frisch“ und „sicher“. Vor allem das mit der Sicherheit ist so eine Sache. Strömquist schreibt:

„Aber warum gerade diese beiden Wörter? Wovor muss man sich sicher fühlen während der Menstruation? Vor welcher Bedrohung muss man sich schützen? (…) Wenn man es aber mit anderen Situationen vergleicht, in denen man Flecken riskiert, wie wenn man beispielsweise betrunken auf jemandes Sofa sitzt und sich selbst und andere mit südafrikanischem Rotwein bekleckert – eine solche Situation würde man nicht als ‚unsicher‘ oder ‚ungeschützt‘ beschreiben. (…) Wovor man sich fürchtet, wenn man seine Tage hat, ist also in nicht in erster Linie, dass man zusätzliche unbezahlte Hausarbeit verrichten und z.B. Textilien reinigen muss, sondern man fürchtet sich davor, dass jemand ENTDECKT, dass man SEINE TAGE hat.“

Und das wäre schlimm. Später schreibt sie, im Polynesischen bedeutet „Tapu“ oder „Tupua“, woraus sich das Wort „Tabu“ ableitet, sogar unter anderem „Menstruation“ – aber auch: „heilig“. Sind nämlich nicht alle so drauf wie die Leute aus der o.b.-Werbung.

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https://blogs.taz.de/buchmesse/2017/03/26/letzter-messetag-da-rein-da-raus/

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