vonMargarete Stokowski 13.10.2017

Buchmesseblog

taz-Autor*innen bloggten live von den Buchmessen in Leipzig und Frankfurt. Ein Schmöckerladen für Buchliebhaber*innen.

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„Wir wollen gern zum Literaturhaus“, sage ich zum Taxifahrer, und der Taxifahrer sagt: „Am Main das oder das andere?“ – „Am Main“, sage ich, „gibt es noch ein zweites?“ – „Najaaa“, sagt der Taxifahrer, „es gab früher, vor Jaaahren, da gab es noch ein anderes, weiß nicht ob es das noch gibt, hätte ja sein können.“ – „Nee, nee“, sage ich, „am Main. Die Straße heißt: Schöne Aussicht.“ – „Genau“, sagt er. O. fragt, ob die Aussicht wirklich schön ist, und der Taxifahrer sagt: „Klaaaar, direkt am Main, das sieht gut aus, aber es gibt noch eine Straße, die heißt Hinter der schönen Aussicht, parallel dazu, die is nich so toll.“

Es ist O.s erste Buchmesse, sie ist nur einen Tag da, und sie will alles sehen, auch wenn „alles“ nicht so verrückt viel ist. Wir gehen zur Fischer-Party. Durch weltliche Umstände hat die glorreiche Z. entschieden, nicht zur Fischer-Party zu gehen, obwohl sie eine Einladung+1 hat. O. und ich haben keine. Auf magische Art nehme ich die Identität von Z. an, schlüpfe in ihre Seele, während meine körperliche Hülle vollständig gleich bleibt, und sage zum Kartenmann: „Hallo, Z. plus eins, wir müssten auf der Liste stehen.“ Der Kartenmann lässt sich nicht lumpen und sagt: „So, Frau Z., haben Sie Ihre Karte dabei?“, hab ich aber nicht, bin ja auch nicht Frau Z., macht aber nichts, alles schön, hereinspaziert. Z. ist gerade mit Foto in allen Feuilletons und sieht nicht aus wie ich, stört aber keinen.

Auf der Fischer-Party läuft keine Musik, alle sind Ü60 und stehen rum. O.wird fuchsig. Erkläre ihr das Konzept von „Party“ auf der Buchmesse. O. wird noch fuchsiger. „Seit sechs Jahren erzählst du von diesen Buchmessepartys und dann ist das sowas?“ – „Ich erzähle seit sechs Jahren von Buchmessepartys?“ – „Du bloggst darüber.“ – „Ja weil irgendwer das Geld nachhause bringen muss.“ – „Gibt es oben auch noch was im ersten Stock.“ – „Kleine Räume.“ – „Séparées?“ „Nee.“

Zusatzwissen!: Hab gerade gegoogelt, wie man „Séparée“ schreibt. Wikipedia sagt, jo, so schreibt man das, aber, wusstest du, dass das gar kein französisches Wort ist? „Diese Bezeichnung ist französisch, kommt jedoch nicht in dieser Verwendung im Französischen vor. Auf Französisch heißt der nämliche Raum „cabinet particulier“. (…) Somit ist Séparée ein Scheingallizismus.“

Jedenfalls sagt O., sie stellt sich vor, die ganze Veranstaltung ist eigentlich eine Swingerparty, aber alle Leute tun wahnsinnig seriös, und nur dann und wann, wenn man um die richtige Ecke biegt, geht es plötzlich sehr hart zu und danach geht man wieder zurück und trinkt Weißwein wie ein Sachbuchlektor. Ist aber nicht so. Niedlich ist die Tischdeko, die aussieht wie von der Bravo Girl empfohlen: Rosenblüten um ein Glas mit Teelicht rumgestreut. Sofort eine kostengünstige Pimperatmosphäre für 15-Jährige, aber für nix und wieder nix, denn die sind nicht da.

Wir laufen rüber zur Hanser-Party. Entschlüpfe auf dem Weg Z.s Identität und werde wieder ganz ich. Bei Hanser läuft Musik. Will Gin Tonic, gibt aber nur Aperol Spritz, K. sagt ich soll nicht immer so meckern. Er sagt aber auch, alle seine Buchmessegespräche laufen auf Kulturpessimismus hinaus, ich sage: „Mit mir nicht!“ und dann noch bisschen was Naives als Beweis. Überzeugt ihn nicht. J. erzählt von einer französischen Verlegerin, die sich auf einer Party am selben Ort mal obenrum ausgezogen habe und allen Männern am Ohr geleckt. Sowas passiert gar nicht mehr, irgendwie. Oder er denkt es sich aus. Ich meine, hey, Schriftsteller. L. erzählt, aber gestern auf der Rowohlt-Party wurde noch gekifft. Niemand fällt vom Stuhl. Als ich gehe, läuft „Sweet Dreams“. Some of them want to use you / Some of them want to get used by you.

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https://blogs.taz.de/buchmesse/2017/10/13/party-party-fuchsig-bei-fischer/

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