Der Agrarausschuss des Bundesrates hat auf seiner Sitzung am 28. Februar einen Entschließungsantrag angenommen, der die Bundesregierung auffordert durch „Verwaltungsvorschrift eine für alle Wirtschaftsbeteiligten praktikable technische Lösung für die Nulltoleranz bei Saatgut baldmöglichst zu definieren“. Mit anderen Worten: Ein Bisschen Gentechnik soll jetzt auch ins normale Saatgut.In der Begründung der Länder Niedersachsen, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein heißt es dazu:
“Der weltweit steigende Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen und eine zu-nehmende Globalisierung des Handels erhöhen die Wahrscheinlichkeit von unbeabsichtigten und technisch unvermeidbaren GVO-Spuren in Saatgut. Für Saatgutfirmen und Verbraucher ist ein reproduzierbarer und damit sicherer Nachweis von GVO im Rahmen der eigenen Qualitätskontrolle schon aus statistischen Gründen mit den derzeitigen Prüfplänen nicht möglich. Somit sind zufällige Funde durch nachfolgende staatliche Kontrollen auf GVO nicht zu vermeiden und können zu gravierenden haftungsrechtlichen Problemen führen. Die Agrar- und Ernährungsbranche benötigt daher klare gesetzliche Regelungen, die die Rechtssicherheit für alle Bereiche der Warenkette von Saatgut erhöht.”
Wir sind über diesen Beschluß alarmiert und halten seine Begründung für falsch. Offensichtlich steht dahinter die Absicht, die strikte Reinhaltung von herkömmlichem Saatgut, wie sie von der EU Gesetzgebung vorgeschrieben ist, durch technische Vorschriften aufzuweichen und zu unterlaufen. Dies ist nicht akzeptabel!
Die Reinhaltung des Saatgutes ist technisch möglich, sachlich geboten und politisch klar gewünscht. Die geltenden Vorschriften werden von den Saatgutunternehmen bisher weitgehend eingehalten. Es besteht kein Grund, Schlupflöcher für die Mißachtung eines strikten Reinheitsgebotes zu eröffnen.
In der vergangenen Woche hatte der Ständige Ausschuß der Mitgliedsländer auf EU Ebene eine entsprechende Aufhebung der Nulltoleranz für gentechnische Verunreinigungen von Futtermitteln auch mit nicht zugelassenen Gentechnik-Konstrukten beschlossen. Sie sieht vor, hier durch entsprechende Prüfpläne Verunreinigungen unterhalb von 0,1% Praxis zu dulden. Die Mehrheit des Bundesrats-Ausschusses schlägt nun vor, eine entsprechende Regelung auch für Saatgut einzuführen.
Saatgut ist die Grundlage unserer Ernährung und der Anfang aller Lebensmittelproduktion. Wir lehnen jeden Versuch entschieden ab, gentechnisch veränderte Sorten auf diese Weise durch die Hintertüre einzuführen. Er gefährdet die Sicherheit von Landwirten und Konsumenten und macht die gesetzlich vorgeschriebene Kontrolle des Anbaus gentechnisch veränderter Sorten unmöglich. Er untergräbt gentechnikfreie Landwirtschaft, die von der grossen Mehrheit der Bevölkerung gewünscht und gefordert wird und gegenwärtig von allen Landwirten in Deutschland und über 99 Prozent der Landwirte Europas praktiziert wird. Er würde es wenigen transnationalen Saatgutkonzernen, die Gentechnik anbieten, ermöglichen, das gesamte gehandelte Saatgut, aber auch den Nachbau durch Landwirte sowie die private und gemeinnützige Züchtung und Vermehrung von Saatgut gewissermaßen als Geisel zu nehmen und mit Gentechnik zu verunreinigen.
Wir fordern die Regierungen der Bundesländer auf, diesen Vorschlag des Ausschusses im Plenum des Bundesrates abzulehnen, wo er am 18. März auf der Tagesordnung steht. Die Bundesregierung fordern wir auf, unmissverständlich deutlich zu machen, dass sie sich auch künftig an das geltende Recht der EU halten und gentechnische Verunreinigungen von Saatgut unterbinden wird.
Jede gentechnische Verunreinigung von Saatgut muß weiterhin verhindert, kontaminiertes Saatgut unverzüglich aus dem Verkehr gezogen und ggf. zurückgerufen werden. Die Kosten dafür sind vollständig von den Unternehmen zu tragen, die eine solche Verunreinigung absichtlich oder unabsichtlich verursachen.
Wir werden die Reinheit des Saatgutes verteidigen und bitten die Öffentlichkeit, uns dabei zu unterstützen.
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