vonHeiko Werning 02.08.2009

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Wer in diesen Tagen Pech hat und gedankenverloren am Straßenverkehr teilnimmt, dem droht erhöhte Unfallgefahr. Denn völlig unvermittelt könnte er sich Angela Merkel, Guido Westerwelle oder Gregor Gysi in Unterwäsche gegenübersehen.

Der Express spricht von einem „Werbe-Skandal“, die Bild fragt entsetzt „Darf man das?“, Alain Posener in der Welt stört sich nicht etwa an der Darstellung von Politikern in irgendwelchen Dessous an sich, sondern sehnt sich lediglich nach knackigerem Fleischbeschau zurück: „Zu den wenigen Lichtblicken in der Ödnis moderner Städte zählen die Werbetafeln, auf denen langbeinige Schönheiten Unterwäsche vorführen.“ In der modernen Ödnis, in der Herr Posener seine Existenz zu Ende bringen muss, möchte man jedenfalls nicht mal begraben sein.

Grund für die Aufregung: Der Schlüpferhersteller mit dem ballermannesken Markennamen „Bruno Banani“ klingt nicht nur wie ein Herrenwitz am Stammtisch zu einem Alkoholpegel, bei dem weder eine langbeinige Schönheit noch eine in Dessous gewandete Ursula von der Leyen selbst am notgeilsten christdemokratischen Stammwähler noch irgendeine Regung von Manneskraft generieren könnte, er macht auch genau solche Werbung. Derzeit also mit gemalten Politikern in Banani-Höschen. Gekoppelt mit einer „Abwrackprämie“ für olle Schlüpper. 5 Euro gibt’s dafür allen Ernstes beim Kauf eines Wäschestücks der Firma. Bleibt zu hoffen, dass die Kunden nach dem letztmaligen Abtragen der Tropfenfänger nicht noch extra die Waschmaschine anwerfen, bevor sie die Dinger im nächsten Karstadt auf den Tresen legen.

Politiker in Unterwäsche – ein Witz, so prickelnd wie ein seit zwei Tagen abgestandenes Bier in einem Schankraum mit massivem Fruchtfliegenbefall. So liest sich auch die Eigenwerbung der Bananendödel mit den feuchten Höschen: „Der schnellste Highway des Designs mit zuweilen scharfen Kurven. Die Reifeprüfung für Avantgardisten, die ständig gierig sind auf das Neueste aus der Zukunft. Wir nennen das Underwear für Trendverbraucher.“ Sätze mit dem Odeur eines Schlüpfers, der seit vier Wochen am Unterleib eines unter Blasenschwäche leidenden chronischen Flatulierers klebt.

Natürlich weiß man ja, was von Werbeprosa zu halten ist, aber dennoch, selbst unter Blinden fällt der auch noch taubstumme Beinamputierte mit den großflächigen Schorfkrusten ja doch noch irgendwie auf. „Der inspirierende Szene-Cocktail, der ganz souverän mit Farben, Zutaten und Schnitten experimentiert und Grenzen auslotet.“ Was denn für Grenzen? Die Bauchnabelgrenze? Der Todesstreifen zwischen den Gesäßhälften? Mit der Selbstschussanlage vorne dran? „Kompromisslose Experimentierfreude artet in avantgardistischen Hype aus.“ Das klingt ja voll nach Kult! „Ergebnis: Eine Kultgemeinde von Sammlern nagelt sich die limitierte Serie übers Bett.“ Man wünschte sich, die Trendverbraucher würden die endbenutzten Schlüpfer statt über ihr Bett den Bananenmanagern Wolfgang Jassner und Klaus Jungnickel vors Maul nageln. Schon damit die nicht länger solche Sachen sagen können: „Kult entsteht nicht von selbst. Sondern durch Arbeit“. Arbeit macht Kult.

Einen aber dürfte die Bananenaktion definitiv gefallen: Bushido hat ja unlängst verkündet, dass er aufgrund ihres Machtstatus gerne mal mit der Bundeskanzlerin Sex hätte. Da Frau Merkel durchaus zuzutrauen ist, dieser Offerte recht leichten Herzens widerstehen zu können, hat der bitchfucking Rapper Nr. 1 jetzt immerhin eine schöne Wichsvorlage. Und wer weiß, ob sein Blick sich nicht letztlich doch eher beim Sixpack des feschen Guido verfängt. Denn bei näherer Betrachtung scheint Bruno Banani ohnehin gezielt für die Bushidos der Republik zu produzieren: „Kultur ohne Gaga und Hihi also. Sie sind sich Ihrer selber genug und haben 200 PS Persönlichkeitsstärke. Sie bleiben sich treu, treu und nochmals treu. Dazu passt natürlich nur Your Basic Underwear. Aus demselben Stoff wie Sie.“ 93 % Meryl und 7 % Elasthan also – könnte ungefähr hinhauen.

Entstanden für und zuerst veröffentlicht in der jungle world

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