vonClaudia Mussotter 19.06.2007

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carpaccio.jpgEs gibt Bars, die berühmte Drinks erfunden haben. Es gibt Restaurants, die berühmte Gerichte erfunden haben. Aber es gibt wenige Orte, auf die beides zutrifft. Harry’s Bar in Venedig, 1931 von Giuseppe Cipriani eröffnet, ist einer dieser Orte. Einmal handelt es sich um den „Bellini“, einen Cocktail auf der Basis von weißen Pfirsichen und Prosecco, benannt nach Giovanni Bellini, einem venezianischen Maler aus dem 15. Jahrhundert. Das andere ist als Carpaccio in die Geschichte eingegangen. Ein im Original hauchdünn aufgeschnittenes rohes Filet vom Ochsen oder Rind, das fächerartig auf dem Teller ausgebreitet wird. Kontrast schafft eine mit Zitrone und Senf versetzte leichte Mayonnaise, kunstvoll über das Fleisch verspritzt.
Die Idee kam Cipriani 1950, als er eine italienische Komtesse zu Gast hatte, der eine Diät von rohem Fleisch verordnet worden war. Inspiriert wurde er von den Gemälden des Renaissancemalers Vittore Carpaccio, die in Venedig damals gerade ausgestellt waren. Die Rot-weiß-Töne in Carpaccios Bildern, die auf unvergleichliche Weise das Leben in der Lagunenstadt im 15./16. Jahrhundert wiedergaben, waren es, die den Kunstliebhaber Cipriani zu dieser eleganten Vorspeise animierten.
Mit ganz frischen Zutaten und dem richtigen Messer lässt sich so ein Carpaccio leicht herstellen – wenn man das Fleisch vorher eine Zeit lang im Gefrierschrank fest werden lässt. Das aber ist in Gourmetkreisen verpönt mit dem Argument, dass Aroma und Konsistenz darunter leiden.
Wie auch immer, ist das Fleisch irgendwie aufgeschnitten, rollt man die Scheiben zwischen starker Klarsichtfolie mit dem Nudelholz aus, bis sie fast durchsichtig sind. Ziegelartig auf Tellern anrichten, sodass sie etwas überlappen.
Nun kann man sich künstlerisch auslassen, denn die Mayonnaise wird lässig in unregelmäßigem Muster über den Fleischscheiben verteilt. Wer die abstrakten Werke des amerikanischen Künstlers Jackson Pollock kennt, weiß, was gemeint ist.
Heutzutage wesentlich beliebter als Mayonnaise ist allerdings die Variante mit einer Vinaigrette aus Salz, Pfeffer, Zitrone und Olivenöl. Und damit das Carpaccio nicht so platt auf dem Teller liegt, kann man es noch mit verschiedenen Salaten ausgarnieren. Ein paar Blättchen Rucola oder Feldsalat etwa, zum Schluss kommt dann frisch gehobelter Parmesan dazu. Geblätterte Champignons sind möglich, einige ganz frisch gekochte oder frittierte Kartoffelwürfel phänomenal. Kontrast schaffen aber auch das grüne Pesto, ein paar Kapern, Kräuter…

Carpaccio
Für 1 Person: 100 g Ochsenfilet, 1 Stück reifer Manchego-Käse oder Parmesan, Saft einer halben Limette, frischer Oregano, gutes Olivenöl, grobes Meersalz, frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
Das Fleisch von allen Häuten befreien. So fein wie möglich aufschneiden und auf einem Teller ausbreiten. Wenn es zu dick geworden ist, vorsichtig mit dem Messerrücken ausstreichen.
Oreganoblättchen und den Limettensaft darauf verteilen. Mit frisch gemahlenem Pfeffer versehen. Ein Schuss Olivenöl darübergießen und mit Meersalz würzen. Mit Hilfe eines ordinären Kartoffelschälers ein paar Streifen vom Käse in die Mitte platzieren.

Fisch statt Fleisch
Carpaccio ist heute auf vielen Speisekarten zu finden – nur meist nicht im Original. Alles, was dünn aufgeschnitten roh oder gegart auf den Teller kommt, trägt mittlerweile den berühmten Namen, seien es Tomaten, rote Bete, Jakobsmuscheln, Kiwi oder Fisch.
Gerade frischer Fisch bietet sich für eine Zubereitung als Carpaccio, Ceviche oder Sashimi an – mit der entsprechenden Begleitung. Limette oder Zitrone, Sojasauce, eine Vinaigrette: Kommt Fisch in Berührung mit Säure, wird er dadurch gegart.
Für ein Carpaccio häufig verwendet werden Sorten wie Lachs – roh, mariniert und/oder geräuchert; Tunfisch,  Stockfisch, Schwertfisch, Seeteufel und mehr. Auch Meeresfrüchte wie Gambas und Scampi lassen sich derart aufschneiden, indem man sie schlicht halbiert.

Lauwarmes Lachs-Sashimi
Für dieses einfache japanische Sashimi eignen sich auch Wolfsbarsch, Gambas, Jakobsmuscheln etc.
100 g frisches Lachsfilet, 1/2 Zitrone, 3 EL Olivenöl, 2 EL Sojasauce, Minzblättchen
Gräten vom Lachs mit einer Pinzette herausziehen. Eventuell vor dem Aufschneiden etwas anfrieren lassen.
In dünne Scheiben schneiden und auf dem Teller anrichten. Ein paar Minzblättchen darauf verteilen und etwas Zitronenschale darüberreiben.
Nun Sojasauce, den Saft einer halben Zitrone und das Olivenöl miteinander verrühren. Kurz vor dem Servieren die Sauce erhitzen und über die Lachsscheiben geben.

Buntes Früchte-Carpaccio
Für 4 Pers.: 1/2 Mango, 1/2 Apfel, 4 Erdbeeren, 1 Banane, 1/4 Ananas, ein Glas Wasser, ein Glas Zucker, eine Vanilleschote, 4 EL Vanilleeis, Minzblättchen Zucker, Wasser und das ausgekratzte Innere der Vanilleschote zu einem Sirup einkochen.
Die vorbereiteten Früchte so fein wie möglich aufschneiden und auf den Tellern hübsch anrichten. Mit der abgekühlten Zuckerlösung beträufeln, mit ein paar Minzblättchen garnieren und einem Löffel Vanilleeis servieren.

Bon profit!

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