vonFalk Madeja 18.05.2009

taz Blogs


Willkommen auf der Blogplattform der taz-Community!

Mehr über diesen Blog

Klang vielleich ganz gut – der niederländische „Medien-Minister“ Ronald Plasterk will acht Millionen Euro zur Verfügung stellen, mit denen die Gehälter von 60 jungen Journalisten finanziert werden sollen. Diese würden in der jetzigen Krise entweder als erstes gekündigt oder gar nicht erst eingestellt. Das Haager Parlament muss aber erst mal zustimmen. Inzwischen, so berichtet die Website der niederländischen Journalistengewerkschaft NVJ, hat allerdings bereits die erste Zeitung die Finanzierung von „Staats-Journalisten“ abgelehnt. Der Chefredakteur der Zeitung „Trouw“, Willem Schouten, Dabei muss die Zeitung wohl sechs Redakteure entlassen.

Trouw gehört zum Zeitungskonzern PCM – und da geht es momentan chaotisch zu. Zunächst einmal wird PCM zu 50,1 Prozent vom belgischen Zeitungs-Mann Christian Van Thillo (De Persgroep) übernommen. Der heutige Eigentümer von PCM, die Stiftung SDM, hatte sich mit den Risikokapitalisten von APAX ein kleines Abenteuer geleistet – PCM verlor dabei um die 400 Millionen Euro, hat nun 120 Millionen Euro Schulden bei Banken und 40 Millionen bei Stiftungen wie SDM. Van Thillo sollte für den Einstieg ursprünglich 100 Millionen berappen – allerdings fordern nun die Banken, dass ihnen das Geld gleich direkt überwiesen wird. Bleibt vielleicht vom Kaufpreis nichts übrig – dabei muss PCM gleich wie verrückt sanieren.

Zum Beispiel beim Algemeen Dagblad, wo PCM auch noch die Übernahme von 37 Prozent stemmen muss. Diese Anteile gehörten zum Imperium des auch in Deutschland bekannten David Montgomery (Mecom), dem Verlag Wegener. Beim AD soll es nun eine Massenentlassung geben – es ist die Rede von 200 der 550 Mitarbeiter. Diese Operation (es geht auch Druckereien usw.) soll um die 20 Millionen Euro kosten, in etwa so viel, wie PCM im vergangenen Jahr mit einem sinnlosen Abenteuer mit der Gratis-Zeitung „Dag“ verpulvert hatte. Dag hatte als vierte Gratis-Zeitung neben Metro, Spits und De Pers von Anfang an keine Chance. Nun streiten sich Mecom/Wegener und PCM wer die Sanierungskosten beim AD berappen muss und zeigen mit den Fingern auf einander. PCM hat kein Geld, Mecom/Wegener steht das Wasser selbst bis zum Hals.

PCM hat noch zwei andere Zeitungen. De Volkskrant und NRC Handelsblad. Bei De Volkskrant dürfte es auch eine Massenentlassung geben, das munkeln schon die Redakteure. Die Website „Welingelichte Kringen“ (Gut unterrichtete Kreise) hat ausgerechnet, dass beim weiteren Sinken der Auflagen von De Volkskrant und des NRC diese im Jahr 2016 und 2014 eingestellt werden müssten. Allein zwischen 2005 fiel De Volkskrant von 240.000 auf 195.000 Abonennten (minus 19 Prozent) und das NRC Handelsblad 212.000 auf 167.000 (minus 21,5 Prozent).

Aber PCM will das NRC ohnehin verkaufen – und schon gibt es ein neues Problem. Es sollte eine Versteigerung geben – und gleich wurde mal einer der potentiellen Käufer, die Telegraaf Media Groep (TMG), verprellt. TMG-Direkteur Frank Volmer scheint sich bei seinen Übernahme-Bemühungen wohl nicht ernst genommen und erklärte, dass TMG kein Interesse mehr am NRC habe. Bleibt anscheinend nur noch die Investitions-Firma HAL übrig – die bereits an „Het financieele Dagblad“ beteiligt ist. War erst noch von einem Kaufpreis für das NRC in Höhe von 70 Millionen Euro die Rede, sollen es jetzt nur noch 60 Millionen Euro sein. Und wenn PCM bzw. die Persgroep von van Thillo am Ende wirklich nur noch mit einem Interessenten verhandeln kann, könnte der Preis noch weiter sinken.

De Telegraaf hat auch seine eigenen Problem. Auch hier wird es Entlassungen geben – um die 500. Und dann wurde im ersten Quartal diesen Jahres 3,8 Millionen Euro verloren.

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/chaos_bei_zeitungen_in_den_niederlanden/

aktuell auf taz.de

kommentare