vonEva C. Schweitzer 14.08.2009

taz Blogs


Willkommen auf der Blogplattform der taz-Community!

Mehr über diesen Blog

Wenn ich was für meinen Kreislauf tun will, lese ich Artikel von Kollegen über Amerika, die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben. Heute erfahren wir aus der Frankfurter Rundschau von Robert Kaltenbrunner neues über ethnisch segregierte Stadtviertel in New York, die er mit arabischen Vierteln in Neukölln vergleichen möchte:

Eigentlich ist es ja bekannt: Phänomene wie Chinatown oder Little India erbringen eine enorme Integrationsleistung für die jeweils betroffenen städtischen Gesellschaften, werden oftmals auch als Bereicherung, gar als touristische Attraktion empfunden. Einerseits Anlaufpunkt und Auffangnetz für Einwanderer (allerdings bei recht prekären Lebensverhältnissen), andererseits möglicherweise ein Ort, an dem die Ordnungsvorstellungen der Mehrheitsgesellschaft ein Stück weit außer Kraft gesetzt werden.

Nee, Robert, sorry, das ist allenfalls „bekannt“ unter Touris, die New York nur aus dem Reiseführer kennen. Erstens sind Chinesen und Inder so ehrgeizig wie keine andere Immigrantengruppe, niemand anderes bemüht sich so sehr, Kinder nach Harvard und Yale zu schicken und sich überhaupt rundum zu integrieren. Und die Ordnungsvorstellungen der Mehrheit sind auch nicht so richtig außer Kraft, tatsächlich arbeitet der Business Council von Chinatown mit der New Yorker Polizei zusammen, etwa, um den Verkauf von gefälschten Produkten zu unterbinden.

Und, Tatsache, diese hübschen bunten Fassaden in Chinatown mit den rotgoldenen Ballons dienen dazu, Touristen anzulocken. Nicht „auch“, sondern ausschließlich. Mehr noch, schockschwerenot, halte dich fest, wohnen die Immigranten noch nicht einmal unbedingt dort. Little India ist ein Geschäfts- und Restaurantviertel, die Inder wohnen in Queens. Und in Little Italy lebt kein einziger Italiener. Das ist alles bloß für die Touristen. Die kriegen noch nicht einmal eine vernünftige Pizza hin. Andererseits, würdest du den Unterschied merken?

Eva C. Schweitzer, Manhattan  Moments. Geschichten aus New York, erschienen bei Droemer-Knaur, Juni 2009,Taschenbuch, 9,95 €

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/chinatown/

aktuell auf taz.de

kommentare