vonlottmann 10.09.2011

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Viel zu früh und für uns Nachgeborenen schmerzlich verstarb letzte Woche Christian Kracht (im Foto Dritter von links neben der Buhlschaft während der Salzburger Festspiele 1937). Ich habe ihn gut gekannt. Nach dem Krieg war er wie ich Volontär bei der WELT. Später wechselten wir als Redakteure zum Hamburger Abendblatt. Kracht wurde Assistent des aufstrebenden Verlegers Axel Cäsar Springer.
Wirklich nur Assistent? Es gab Jahrzehnte, da leitete er de facto den Springer Verlag. Spätestens dann, wenn der visionäre Verleger dieses Lieblingswort, ‘visionär’ also, zu ernst nahm und sich monatelang für Jesus Christus hielt. Dann war es Kracht, der den übergeschnappten Springer diskret aus dem Verkehr zog und jeden Skandal unbemerkt und säuberlich austrat. Krachts Gespür für spannende Storys (s.a. ‘Faserland’, der Romanerfolg seines Sohnes, dessen Story vom Vater stammte) und schnelle, aktuelle Nachrichten halfen, die Auflagen der Springer Zeitungen rasant in die Höhe schießen zu lassen.
Als Springer Ende der 50er Jahre den Ullstein Verlag übernahm, überließ er Kracht die Neuerwerbung als Spielwiese. Besonders um neue Spezialzeitschriften wie ‘Eltern’, ‘Bravo’ und ‘Jasmin’ kümmerte sich Kracht ganz persönlich und mit großem Erfolg. So wurde er in den 80er Jahren auch offiziell Geschäftsführer im Vorstand der Axel Springer GmbH.
Christian Kracht genoß bis zuletzt den Einfluß oder den Ruf eines großen Mannes im Hintergrund, vergleichbar mit dem späten Deng Xia Ping im China der Sonderwirtschaftszonen. Sein Tod kam überraschend, weil dramatisch: ein spektakulärer Gartenunfall setzte seinem Leben ein Ende.
Ich werde Christian Kracht nicht vergessen. Meine Gedanken sind bei seinem lieben Sohn in Kenia.

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