vonJakob Hein 18.01.2010

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What a Wonderful World

Häufig hilft es dem Denken, über das Hier und Jetzt hinauszusehen. Dies ist auch in der Klimadebatte eine sinnvolle, häufig von beiden Seiten genutzte Methode. Die einen sagen: In fünfzig Jahren ist die halbe Welt untergegangen und dann werdet ihr sehen, dass man Geld nicht essen kann. Die anderen sagen: In fünfzig Jahren ist alles so auf der Welt wie immer und dann werdet ihr euch ordentlich für euren Weltuntergangsscheiß schämen.
Was ist, wenn die Dinge so eintreffen, wie beide Seiten annehmen? Wenn die Klimawarner Unrecht haben sollten, aber all ihre Forderungen durchgesetzt hätten, dann würden in fünfzig Jahren die Betriebe ihren Ausstoß von Treibhausgasen sinnlos reduziert haben. Vollkommen unnötig würden die Menschen auf Flugreisen verzichten müssen, weil die Besteuerung von Kerosin in keiner Weise notwendig gewesen wäre. Alle paar Meter würde man über Schienen stolpern, die Personenschäden mit Eisenbahnen würden stark zunehmen. Viele tausend Menschen hätten Knieprobleme, weil sie ihre Einkäufe nach Hause trugen, statt bequem in ihrem Auto nach Hause zu fahren. Kohlearbeiter wären arbeitslos, ihre Gruben versandet, obwohl sich herausstellt, dass die Verbrennung von Kohle absolut kein Problem ist. Emirate würden wieder zu Wüstenscheichtümern werden, der Ölreichtum ständig versinkend, weil die Staatengemeinschaft hysterisch in regenerative Energien investiert hat, die nun den Weltenergiemarkt mit billiger Energie überschwemmen. Und es stellt sich heraus: alles Unsinn. Die Wissenschaftler haben nur gelogen.
Was, wenn die Klimaskeptiker aber Unrecht haben sollten? Dann führe jeder Mensch ein schönes dickes Auto. Der sinnlose Emissionshandel wäre gestoppt und kein Cent Steuergeld würde für sinnlose Wind- oder Sonnenenergie vergeudet werden. Die Polkappen würden weiter schmelzen, dann aber leider nicht die vorhergesagte natürliche Kurve bekommen und bis zum Ende schmelzen. Küstennahe Städte und ganze Staaten würden im Meer versinken, der Klimawandel würde dazu führen, dass Millionen von Menschen an Hunger sterben würden. Tierarten würden aussterben, der Planet zu weiten Teilen unbewohnbar werden.
Sollten diese Überlegungen einen nicht eigentlich ins Lager der Klimaskeptiker treiben? Denn wenn die Klimawarner Recht hätten und man würde auf sie hören, dann wäre der Fortbestand der Menschheit in all seinem Elend verlängert. Hätten sie Unrecht und man würde auf sie hören, würde man sich grundlos einiges an möglicher Bequemlichkeit in seinem kurzen Leben verkneifen. Hätten aber die Skeptiker Recht, dann könnte man sorgenfrei ein schönes Leben führen und beliebig allen menschlichen Neigungen frönen. Und hätten sie Unrecht und man würde dennoch auf sie hören, dann würde sich eine Menschheit, die ihre Götzen von Völlerei, Überfluss und Unmäßigkeit nicht einmal bei Strafe des eigenen Unterganges bändigen kann, selbst dezimieren, wenn nicht von diesem Planeten ganz und gar entfernen. Und das wäre eine unausweichliche echte Chance zum revolutionären Umdenken für die Menschheit und zumindest eine Wohltat für den Planeten, der problemlos auch ganz ohne diese Menschheit seinen Weg durchs Weltall zieht.
Aus logischen Erwägungen sollte daher jeder Klimaskeptiker werden. Entweder man hatte Recht oder man hilft dabei, ein wichtiges Problem des Planeten gründlich zu lösen.

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