Nachdem unser Lieblingskolumnist Hal Faber uns gerade den Sonntagskaffee versalzen hatte, mit der Behauptung, in dem in der Printausgabe erschienen Artikel Hatz auf Textdiebe eröffnet seien „vor lauter Tralali…auch die Fakten hübsch verdreht“, konnten wir über die Begründung – „Der Blogger kopierte keinen Artikel, sondern zitierte etwas viel.“ dann aber fast schon wieder lachen. Wie über einen Anwalt, der seinen Klienten mit dem Argument verteidigt: ‚Mein Mandant hat keinen Diebstahl begangen, sondern nur etwas zuviel mitgehen lassen‘ oder ‚Er wollte nicht einbrechen, sondern hat nur ein bißchen fest gegen die Tür getreten‘ – und hernach die Presse der „Faktenverdreherei“ bezichtigt. Das ist eigentlich zum Piepen – aber auf diesem Niveau läuft die ganze Diskussion, und wie sich zeigt, sind auch die elder statesmen der Blogosphäre wie Hal Faber davor nicht gefeit. Insofern scheint unsere Beschimpfung der Piraten-Spießer in Klein-Bloggersdorf nach wie vor berechtigt. Für Spießer besteht die Welt nur aus Eindeutigkeiten- schwarz/weiß, gut/böse – und für „Piraten-Spießer“ ist das „Kostenlos-Für-Alle-Internet“ das Reich des Guten, das gegen das Böse – die „Content-Mafia“ – verteidigt werden muß. Dazwischen gibts für den Spießer nichts – auch keine freien Journalisten, Autoren, Künstler, die von ihrem „content“ leben und selbst darüber entscheiden müssen, wie und wo er erscheint – und wie und wo dafür (oder damit) „Werbung“ gemacht wird.
„Ja aber wenn jemand mit der Abmahnkanone auf Blogspatzen feuert, das ist doch eine Schweinerei, das könnt ihr als taz doch nicht unterstützen“, tönt es uns da entgegen. Das tun wir auch nicht, aber wir verstehen durchaus, dass eine freie Autorin, deren Texte dutzendfach ungefragt und unhonoriert kopiert werden, dagegen vorgeht- und machen ihr in der Wahl ihrer Mittel keine Vorschriften. Den rabiatesten Piratenspießern ist freilich, wie in den Kommentaren und Briefen zu sehen, selbst ein solches Verständnis schon zu viel, sie fordern Distanzierung, Rausschmiß, Schreibverbot. Und Feingeist Hal Faber sieht gar das „Zentralorgan der Altbaubewohner“ schon vom sloterdijkschen „Aufbruch der Leistungsträger“ und neoliberalem „Hass auf’s Prekariat“ unterwandert.
Wo da nun also nicht weniger als der Untergang des sozialmarktwirtschaftlichen Abendlands droht, macht es keinen Sinn, weiter über Stilfehler auf beiden Seiten – ein Blogger, der nicht nachfragt, bevor er großzügig kopiert „zuviel zitiert“, eine Autorin, die zur „Schleppnetzfahndung“ greift – zu streiten. Deshalb kommen wir wohl nicht umhin, für das nächste taz-ZK-Plenum ein paar Anträge auszuarbeiten: zur strikten Benimmkontrolle von taz-AutorInnen, zum Artenschutz von Textdieben und Kopisten („Die machen doch nur Werbung !“) sowie zum Arroganzabbau und Mitleidsmaximierung gegenüber dem bloggenden „Prekariat“. Wir arbeiten dran !