von 29.05.2011

taz Blogs


Willkommen auf der Blogplattform der taz-Community!

Mehr über diesen Blog

Welchen Wert hat ein Song, der digital unendlich reproduzierbar ist und dadurch nicht eine Preisbildung nach den klassischen Gesetzen von Angebot und Nachfrage durchläuft? Durch Online-Streaming-Dienste ist heute nahezu jeder Song von überall zu jederzeit verfügbar, meist kostenfrei. In einer Statistik der Künstlersozialkasse wird angegeben, dass die Brutto-Einnahmen für Profi-Musiker im Durchschnitt in Deutschland bei ca. 12.000€ liegen. Das deutsche Durchschnittsgehalt liegt im Vergleich bei 42.500€ brutto laut dem Statistischen Bundesamt Deutschland. Musiker, die den Kopf frei von Geldsorgen haben sollten, um sich ihrer Musik und Kreativität zu widmen, müssen in der Praxis jeden Euro zweimal umdrehen und sich genau überlegen, ob ihre kreative Idee überhaupt bezahlbar ist.

Die üblichen Lösungsvorschläge, sich auf Konzerte und Merchandising zu konzentrieren sind nicht neu. Ein Newcomer-Künstler allein kommt vielleicht mit einer Gage von 300-500€ am Wochenende über die Runden, aber sobald zur Band mehr als eine Person gehört, geht die Rechnung nicht mehr auf.

Kann Crowdfunding bzw. Fanfunding an dieser Stelle ein langfristiges Tool für Musiker sein? Grundlegend ist diese Finanzierungsform im Musikbereich nicht neu. Der Musiker, der auf der Straße seinen Hut aufstellt oder die Band, die ihr Album einfach im Vorhinein über ihren Shop bestellen lässt, gibt es schon Jahre.  Crowdfunding setzt hier an und geht noch einen Schritt weiter.

Mir geht es nachfolgend nicht darum, den Markt noch vielfältiger zu machen und noch mehr Musikalben zu veröffentlichen, sondern eine Idee zu diskutieren den einzelnen Musikern eine vernünftige Existenzgrundlage zu sichern und ihm die Chance zu geben überhaupt 100% als Profi-Musiker zu arbeiten und vlt. dennoch nebenbei eine Familie aufzubauen oder auch die Dienstleister um ihn herum bezahlen zu können.

Die Idee:

Viele Fans, Unterstützer, Freunde und auch Firmen finanzieren gemeinsam im Vorfeld das Musikalbum, die Tour oder das Musikvideo. Im Gegenzug bekommen diese besondere Dankeschöns (Goodies), die man später so nicht mehr im Laden kaufen können wird. Dadurch werden Supporter in das Projekt involviert und zum Weiterempfehlen angeregt.

Das Potential:

  • Erhöhung der Wertigkeit der Musik des Künstler durch:
    • Exklusivität (limitierte Dankeschöns, die es später nicht mehr gibt)
    • Individualität (handsigniert, Namensnennung, …)
    • Involvierung der Fans (Videoblog, Meet&Greet, Votings, …)
  • Integriertes Marketing: Begeisterte Unterstützer empfehlen das Projekt weiter und machen so bereits im Vorfeld Werbung und lösen Mundpropaganda aus

 
Vorteile von Crowdfunding für Musiker:

  • Vorfinanzierung des Albums, der Tour bzw. des Musikvideos
  • Integrierte Marktrecherche & Potentialanalyse
  • Keine Kosten (nur bei Erfolg fällt Provisionsgebühr an)
  • Kein Risiko (Alles-oder-nichts Prinzip; Rückbuchung wird von Plattform übernommen)
  • Keine Formulare, sofortige Auszahlung ohne Abrechnung
  • Involvierung von Fans in die Entstehung
  • Auslösung von Mundpropaganda; Vernetzung in sozialen Netzwerken
  • Unabhängigkeit

 
Der Nachteil:

  • Frühzeitige Kommunikation über das Projekt
  • Hohe Anforderung an Transparenz (für was werden die Gelder benötigt)
  • Selbstvermarktung bzw. Marketing schon während der Finanzierungsphase
  • Zusätzlicher zeitlicher Aufwand
  • Starke Fan-Nähe und zeitnahe  Reaktionen online notwendig
  • Zusätzliche Kreativität für Dankeschöns (exklusiv, individuell, …)

 
Inspiration für Dankeschöns bei Musikprojekten:

Danksagung im Booklet / Download einiger Lieder / Bonustracks / Personalisierter Dankesbrief / CD mit Unterschrift / Limited Edition / Vorabrelease / Exklusive Fotos aus dem Studio und von Auftritten / Konzert-Freikarten / Backstage-Pass / Produktionsstudiobesuch / Teile des Songs mit einsingen / Privatauftritt buchen / Logo auf CD / Cover- und Liederauswahl mitbestimmen / Gemeinsam mit Supportern einen Song schreiben /  Song mit integrierten Namen des Supports / …

Weitere Informationen zu den Finanzierungsmöglichkeiten für Musiker und Best Cases Crowdfunding im Musikbereich, finden sich unter: Finanzierung für Musiker – Crowdfunding als notwendiges Instrument?

Informationen zum Autor: Tino Kreßner ist Gründer von Startnext.de und hat über Marketing 2.0 seine Abschlussarbeit geschrieben. Mit dem Filmprojekt unter Filmtrip.de hat er zum ersten Mal einen Spielfilm komplett mit der Community produziert und durch deren Hilfe in die Kinos gebracht.

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/crowdfunding_fuer_musiker/

aktuell auf taz.de

kommentare