vondorothea hahn 08.03.2011

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„Dieses Land ist nicht pleite“, versichert Michael Moore: „das ist eine der großen Lügen des letzten Jahrzehntes. So ähnlich wie die Massenvernichtungswaffen im Irak.“

Dann spricht er von den 400 Individuen in den USA – „lauter kleine Mubaraks“ – die so viel Reichtum angehäuft hätten, wie 155 Millionen andere US-AmerikanerInnen zusammen. „Shame – Schande“, skandiert sein Publikum. Fäuste recken sich in die Luft.

Drei Wochen nach Beginn der überraschendsten Bewegung der jüngeren Geschichte der USA, ist der Filmemacher am Samstag nach Madison gekommen. Er ist in Feierstimmung. Gut gelaunt. Und euphorisch, wie die DemonstrantInnen zu seinen Füssen. „Danke Wisconsin“, ruft er ihnen zu: „ich bin so stolz auf Euch“.

Für Moore ist Wisconsin die Revanche für 2008. Die Banken und Versicherungen, die am Ursprung der Finanzkrise standen, drohten damals mit der „ökonomischen Massenvernichtung“. Und bekamen Milliarden Dollar Entschädigungen aus Steuergeldern. „Ein ganzes Volk fiel auf sie herein“, sagt der Filmemacher: „wir verloren unsere Arbeitsplätze und wir verloren unsere Häuser. Aber es gab keine Revolte. Bis jetzt. Bis zu Euch.“ Die Menge dankt ihm mit dem Ruf: „We have had it – Wir haben die Nase voll“.

Am Valentinstag, dem 14. Februar, als alles in Madison anfing,  hätte kaum einE DemonstrantIn geglaubt, dass die Bewegung so erfolgreich werden könnte. Der republikanische Gouverneur Scott Walker schien stark. Er war im November dank der  Unterstützung der Tea Party-Bewegung mit einer klaren Mehrheit gewählt worden. Und er hatte sein Amt erst im Januar angetreten.

Drei Wochen später sind die DemonstrantInnen die moralischen SiegerInnen. Ohwohl die nationalen Medien – insbesondere das Fernsehen – sie weitgehend ignoriert und ihre ReporterInnen zu den Aufständen in der arabischen  Welt geschickt haben. Und obwohl die SpitzenpolitikerInnen einen grossen Bogen um Wisconsin machen.

Die DemonstrantInnen sind nah genug am Nerv der Zeit, um die Stimmung zu verändern. Walker, der am Anfang des Konfliktes laut und offensiv vertrat, dass Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst überflüssig sind und dass Gewerkschaften entmachtet gehören, ist kleinlaut geworden. Seine republikanischen ParteifreundInnen in anderen Bundesstaaten, denen er ein Vorbild sein wollte, verteidigen nicht einmal mehr seine Politik in Wisconsin.

Auch für die 14 demokratischen SenatorInnen von Wisconsin, die vor der Abstimmung über das gewerkschaftsfeindliche Gesetz in den Nachbarbundesstaat Illinois geflohen sind und die seit mehr als zwei Wochen eine Politik des leeren Stuhls machen, hat sich die Perspektive geändert. Am Wochenende sollen sie erstmals schriftlich Kontakt mit Walker aufgenommen haben, meldet das Wall Street Journal. Angeblich wollen sie den Gouverneur in den nächsten Tagen persönlich treffen: an einem Ort an der Grenze von Wisconsin. Walkers Gesetz können sie in den gegenwärtigen Mehrheitsverhältnisse nicht verhindern. Aber die politische Zukunft hat sich in den vergangenen Wochen verändert. Und alles spüren, was auch die Meinungsumfragen sagen: Wären die Halbzeitwahlen im März  – statt im November – würde Walker nicht Gouverneur werden.

Filmemacher Moore betrachtet Wisconsin bloss als den Anfang. Er ist überzeugt, dass sich in anderen Bundesstaaten NachahmerInnen finden werden.

Das Video von Moore’s 30minütem Auftritt in Wisconsin wackelt manchmal etwas. Aber sein Blick auf die Lage ist interessant. Ein Kontrast zu dem dominanten Diskurs:

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=wgNuSEZ8CDw[/youtube]

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