vonKarim El-Gawhary 29.06.2010

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Drei Libanesen wurden am Montag im Libanon für ihre Facebook-Aktivitäten verhaftet. Sie sollten dort den libanesischen Präsidenten Michel Suleiman verunglimpft und beleidigt haben.

Michel Suleiman schreitet Präsidentengarde ab
Michel Suleiman schreitet Präsidentengarde ab

Der Generalstaatsanwalt Said Mirza hat die Verhaftung von Naim George Hanna, 27, Antoine Youssef Ramia, 29, und Shebel Rajeh Qasab, 27, angeordnet, nachdem die Behörden sie wegen Verleumdung und Diffamierung des Präsidenten verhört haben,“ berichtet die Nachrichtenagentur AFP in Berufung auf Quellen aus dem Justizministerium.

Laut dem libanesischen Gesetz muss der Staat auch ohne eine Anzeige von dritter Seite im Falle der Diffamierung des Präsidenten oder eines „befreundeten Staates“ aktiv werden.

Die ursprünglichen Facebook-Einträge sind seit Montag nicht mehr zugänglich.
Das Justizministerium in Beirut rechtfertigt seinen Schritt in einer Erklärung. Darin heißt es:

Die Pressefreiheit  erreicht im Libanon und in allen anderen zivilisierten Ländern eine Grenze, wenn es um verleumdende und diffamierende Inhalte geht, die die Autorität des Staatschefs unterminieren.“

Der libanesische Präsident selbst scheint kein allzu großer Facebook-Anhänger zu sein. Zumindest nutzt er dieses Instrument nicht sonderlich zur Selbstpräsentation. In einer Seite in seinem Namen stammt sein letzter Facebook-Eintag vom 28. Juni 2008. Auf einer andern Michel Suleiman Facebook-Seite findet sich lediglich sein Wikipedia Lebenslauf.

In der libanesischen Facebook-Szene kursieren bereits die ersten Postings als Reaktionen auf die Verhaftungen, beispielsweise folgender:  “F…. you Michel Suleiman … Are you going to arrest me?”

Das Ganze wirft einige Fragen auf: Darf man einen Staatschef in den neuen Medien beleidigen? In den traditionellen Medien ist das in den meisten Staaten gesetzlich geregelt. Beispielsweise in Deutschland steht Verunglimpfung des Bundespräsidenten in § 90 StGB unter dem Titel Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates unter Strafe. Damit soll das Amt des Staatsoberhauptes ebenso geschützt werden wie die Person, die es jeweils bekleidet.

Macht es dabei einen Unterschied, ob das Staatsoberhaupt demokratisch gewählt wurde oder nicht?

Und schießt sich die Staatanwaltschaft in Beirut nicht ein Eigentor, wenn sie die diese Fälle verfolgt und das Ganze dann in den neuen Medien erst recht verbreitet und diskutiert wird? Schließlich gibt es im Internet den sogenannten Streisand-Effekt

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