Keine Frage, das Breitband-Internet räumt in der Medienwelt ordentlich auf. Den einen oder anderen Verlust mag man bedauern, das Verschwinden der Schallplatten und Singles gar beweinen, aber den endgültigen Todesstoß für das konventionelle Radio, das die größten Hits der 70er, 80er und 90er spielt, crazy Anmoderationen im Dutzend bietet und vielen sonst dem Prekariat anheimfallende „Comedians“ eine Anstellung bietet, kann man nur bejubeln.
Auf zwei Wegen schickt sich das neue Netz an, das Radio zu verdrängen. Während die eine Variante namens LastFM hier bereits kritisch diskutiert wurde, wachsen die Webradios klassischer Bauart (also mit Programmplan und Moderationen, gar Diskussionen) dank der verbesserten Soundqualität zu einer sehr angenehmen Alternative heran.
Einer der jüngsten Emporkömmlinge stammt aus Hamburg und nennt sich ByteFM.
Nicht nur überzeugt das klare und schlanke Design, das eine intuitive Benutzerführung aufweisen kann, von der das heillos überfrachtete LastFM nicht einmal zu träumen wagt, sondern auch der Wille, über eine reine Abspielstation hinaus wieder Qualität und Qualitätskontrolle in das Netz zu transportieren.
Ob der renommierten Band „Mutter“ eine Stunde Sendezeit zur Verfügung gestellt wird, um ihre liebsten Songs zu spielen, der taz-Musik-Redakteur Tobias Rapp regelmäßig eine Sendung gestaltet oder an diesem Freitag beispielsweise Klaus Walter von der legendären Radiosendung „Der Ball ist rund“ eine zweistündige Sondersendung zur silbernen Hochzeit von New Orders „Blue Monday“ und ihrer 12-Inch-Veröffentlichung bespielt – ByteFM ist der wahr gewordene Traum durch Jahrzehnte dummdreisten Formatradios gepeinigter Radiohörer.
Wie oft hat man früher neidvoll nach England geblickt und sich einen deutschen John Peel gewünscht? Oder zumindest einmal: Musik im Radio, die mit Herz oder Hirn – oder gar beidem – gemacht wurde. ByteFM ist ein junges Versprechen, aber die ersten zwei Monate lassen aufhorchen und einschalten. Die einzige Frage, die noch bleibt: wie bekomm ich nun das Internet in mein Auto?
Christian Ihle