vonClaudius Prößer 15.05.2009

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Bolivien hat ein Problem, seit 1879: Es fehlt der Zugang zum Meer. Seit hundertdreißig Jahren schwelt der Territorialkonflikt mit dem Nachbarn Chile, der im ersten Jahr des Salpeterkriegs die bolivianische Küs­ten­region um Antofagasta annektierte. Kein Schnee von gestern, je­den­falls nicht für Bolivien: Die Verhandlungen mit Chile über freien Zu­gang zum Pazifik stehen auf der Agenda von Präsident Evo Morales ganz oben.

Jetzt haben drei chilenische Architekten ihrem Außenminister Mariano Fernández einen verblüffend einfachen Vorschlag zur gütlichen Lösung des Konflikts unterbreitet: Bolivien baut einfach einen hundert Kilometer langen Tunnel zum Pazifik – genau unter der Grenzlinie zwischen Chile und Perú. Das unterirdische Viadukt transportiert gleich auch noch Gas und Öl und endet auf einer künstlichen Insel vor der chilenisch-peru­ani­schen Küste, die mit dem Aushub aufgeschüttet wird. Dass da vor­her noch keiner drauf gekommen ist.

Man könnte die Idee als Albernheit abtun, wären ihre Urheber nicht durchweg renommierte Architekten. Einer der drei, Fernando Castillo Velasco, wird dieses Jahr 91 und hat in den Sechzigern Santiagos erste Hochhäuser projektiert, später war er Rektor der Universidad Católica de Chile, prominenter Gegner der Diktatur und Politiker. Außenminister Fernández hat denn auch anstandshalber den Tunnelplan ent­ge­gen­ge­nommen und Castillo Velasco mitsamt Kollegen zu einem Ge­spräch eingeladen. Es handele sich schließlich um „interessante Vorschläge mit avantgardistischem Charakter“, bei denen es um die Einheit La­tein­ame­ri­kas gehe.

Natürlich ist ein Projekt dieses Ausmaßes für ein Land wie Bolivien völlig unbezahlbar, technisch extrem problematisch und überhaupt eine Ab­sur­di­tät. Aber vielleicht war ja genau dies das Ansinnen von Castillo Velasco und Co. – ein wenig Bewusstsein für den absurden zwischen­staat­lichen Konflikt zu schaffen?

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