von 27.09.2011

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Von Klaudia Wick

Familie mit Fahrrad. Foto: Helena Schätzle
Familie mit Fahrrad. Foto: Helena Schätzle
René Gerlich lässt sein Lieblingsrad nicht gerne allein. Einmal würde der Intercity bis Hannover noch halten, einmal noch würde er diskret aus dem Augenwinkel registrieren, wer das Fahrradabteil nebenan betritt und verlässt. Zufrieden warf René einen Blick auf den Göttinger Bahnsteig. Sein erster Ferientag lag vor ihm wie ein schönes Versprechen. In Berlin angekommen, würde er zunächst sein Stimmrecht als taz-Genosse wahrnehmen und abends mit seinem Freund Jörn auf der Panter-Preis-Gala die „HeldInnen des Alltags“ feiern. Dann eine Woche lang mit dem Rad bergauf (Leiden!) und bergab (Eleganz!). Kann es eine schönere Art geben, Urlaub zu machen?

Ihr Tag war bis hierin das reine Chaos gewesen. Die Wochenendverabredung hatte sich in Luft aufgelöst, der IC war ohne das versprochene Rollstuhlabteil eingelaufen, der Fahrradwaggon hing natürlich am anderen Ende des Zuges. Dort ausgepowert angelangt, macht der Typ neben Deike Terruhn nicht die geringsten Anstalten, den Rolli ihres Sohnes Aaron in den Zug zu hieven. Warum der seiner Frau wohl nicht hilft?, fragte sich René gerade, da war der Junge auch schon auf Krücken in sein Abteil gehüpft. „Renés anerkennender Blick, mit dem er auf Aaron schaute, ist mir sofort aufgefallen“, erinnert sich Deike. „Eine Mutter registriert so was ja.“ Wie seine roten Ortlieb-Taschen (aha, auf Fahrradtour!), das schöne Trekkingrad, den Anti-Atom-Aufkleber auf dem Stahlrahmen. Das würde ich mir auch auf die Fahnen schreiben, dachte Deike und hörte sich sagen: „Bist du auf dem Weg zur Demo?“

„Life is what happens to you, while youre busy making other plans“, sang John Lennon. Und so war René ab sofort nicht mehr auf dem Weg zur Mitgliederversammlung der taz-Genossenschaft, sondern würde gegen die Verlängerung von AKW-Laufzeiten demonstrieren. Und Deike würde das kinderfreie Wochenende nicht zu Hause in Göttingen verbringen, nachdem sie ihren Sohn Aaron zu seinem Vater nach Hannover gebracht hatte, sondern am Ende einer unruhig durchwachten Nacht eine gewagte SMS-Verabredung treffen, im Morgengrauen in den ausgebuchten Sonderbus nach Berlin steigen und umringt von einer Millionen AKW-Gegnern diesen sympathischen Unbekannten aus dem Zug wiedertreffen. So, wie die beiden heute von jenem 17. September 2010 erzählen, lässt sich immer noch jene besondere Mischung aus Freude und Verblüffung heraushören, im richtigen Moment das Richtige unternommen zu haben.

Alva ist ein Produkt von Deike, René und der taz. Foto: Helena Schätzle
Alva ist ein Produkt von Deike, René und ein klein bisschen auch der taz. Foto: Helena Schätzle
Die ganze Demostrecke über hatte sich René insgeheim gefragt, wie er wohl sein vollmundiges Versprechen einlösen könnte, Deike abends zur taz-Gala mitzunehmen, wo die „17 Hippies“ spielten, die sie so gerne einmal live sehen würde. „Ich hatte da eine ziemlich dicke Lippe riskiert.“ An der Abendkasse des Deutschen Theaters hatten sie ihn mit einem bedauernden „Ausverkauft!“ auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, da fiel sein Blick auf die Frau am Eingang: „Ich hatte den Eindruck, das ist jetzt wirklich wichtig“, erinnert sich Konny Gellenbeck von der taz-Genossenschaft, und so zückte sie die Eintrittskarte, die sie eigens für solche „wichtigen Fälle“ eingesteckt hatte.

Bis morgens um vier haben der Programmierer René Gerlich und die Biologin Deike Terruhn gefeiert, dass sie sich gesehen, gefunden und verliebt hatten. Seit diesem Tag sind sie ein Paar, inzwischen in Göttingen in eine Wohnung gezogen – und mit Töchterchen Alva seit August eine glückliche Patchworkfamilie. Aaron, der sich gewünscht hat, hier seinen taz-lesenden Vater zu grüßen („Hallo Papa Werner!“), hat seine Krankheit fast überwunden und wird bald wieder Sport treiben dürfen.

René wird dieses Jahr wegen der erst vier Wochen alten Alva nicht zur Genoversammlung nach Berlin kommen, hat uns aber versprochen, nächstes Jahr sein Stimmrecht wieder wahrzunehmen. Falls nicht wieder etwas „wirklich Wichtiges“ dazwischen kommt.

Alva trägt den Babybody „endlich“, den es im taz-Shop für 20 Euro plus Versandkosten gibt. Für Kinder ab 12 Monaten gibt aus der taz-Kollektion den Body „Es ist Liebe“.

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