In der Tea-Party geht der Kalte Krieg weiter, als hätten die letzten zwei Jahrzehnte nicht stattgefunden. Auf Transparenten beschimpfen Tea-Party-DemonstrantInnen den US-Präsidenten als „Kommunisten“. Seine Gesundheitsreform gilt ihnen als „sozialistisches“ Übel.
Doch für den Kandidaten Joe Miller in Alaska im Oktober 2010 ist die DDR ein Vorbild. Nicht etwa trotz, sondern wegen der Mauer. Eine Grenzsicherung dieser Art wünscht sich der Mann, der in den Senat möchte, auch für die USA.
Bei einer Wahlkampfveranstaltung in Anchorage am vergangenen Sonntag antwortete er auf die Frage, was er mit der „illegalen Immigration“ tun wolle: „Die DDR war sehr, sehr gut in der Lage, den Fluss einzudämmen. Natürlich ging es dabei um andere Dinge. Aber wir sind eine große Nation. Und wir haben die Fähigkeit unsere Grenze zu sichern.“
Joe Miller kommt aus der Tea-Party-Bewegung. Er gehört zu dem extrem rechten Kreis neuer PolitikerInnen, die bei den Midterm-Wahlen im November antreten. Er ist gegen den gesetzlichen Mindestlohn, gegen das Recht auf Schwangerschaftsabbruch und gegen staatliche Konjunkturpolitik.
Sarah Palin unterstützt ihn. Aber dem alten, republikanischen Establishment ist er ein Greuel. Nach Joe Millers Sieg in den Primaries hat die unterlegene Lisa Murkowski, die bisherige republikanische Senatorin für den nördlichsten Bundesstaat, im Alleingang trotzig ihre Kandidatur aufrecht erhalten.
Wer sich Joe Millers O-Ton zu DDR und Mauer antun möchte, kann bei Minute 00:47 in dieses Video des Bloggers Steve aus Alaska hineinhorchen:
Für den Kandidaten Joe Miller war der Sonntag nach seinem Lob auf DDR und Mauer noch nicht perfekt. Am Ende der Wahlkampf-Veranstaltung in Anchorage ließ er auch noch einen Lokalreporter durch seine privaten Body-Guards festnehmen und in Handschellen legen. Tony Hopfinger von der Online-Zeitung Alaska Dispatch hatte es gewagt, ihm eine Frage über seine frühere Tätigkeit als Anwalt in der Gemeindeverwaltung von Fairbanks North Star zu stellen. Joe Miller hat dort wegen mißbräuchlicher Nutzung von Dienst-Computern während der Arbeitszeit für politische Zwecke ein Disziplinarverfahren.
Kaum hatte der Reporter seine Frage gestellt, schubste der Kandidat ihn zur Seite und verließ eilig das Schul-Gebäude. Unterdessen nahmen seine privaten Sicherheitspolizisten den Reporter fest und legten ihm Handschellen an (Fotos des Reporters in Handschellen hier).
Ein Vorgeschmack auf die journalistische Arbeit in den USA, wenn Leute wie Joe Miller im November die Mehrheit im Repräsentantenhaus erobern?