vonDetlef Kuhlbrodt 24.02.2009

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Das Wochenende begann verheissungsvoll: seit Jahren hatte ich die Platte „Dense Music“ von Whirlpool Productions gesucht. Die Platte ist ganz weiss und hat vier Seiten. Es ist die, wo „From Disco to Disco“ drauf ist, aber meine Lieblingslieder sind andere: das Lied „Our Body“ vor allem für die, die die Platte kennen.

Ich hab diese Platte zwar auch auf Cassette, aber ich wollte sie richtig haben. Das heisst eigentlich hab ich sie gar nicht mehr auf Cassette, da ich die Cassette vor anderthalb Jahren einem Freund gegeben hatte, der sie mir digitalisieren wollte und irgendwie war sie dann verlorengegangen.

Immer wieder hatte ich die letzten Jahre in Plattenläden danach gefragt; immer wieder hatte es geheissen, nein, die gibt’s nicht mehr. Im Internet gab es sie auch nicht. Was ich eigentlich toll fand. Und überhaupt ist es ja schön, wenn man eine Weile keinen Zugang hat zu seinen Lieblingsplatten.

Nun stand sie da jedenfalls bei Dussmann herum, zu einem Preis auch, der okay war. Weil es keine Schallplatte war, sah das Cover anders aus. Ich kaufte sie jedenfalls. … Vor allem wegen des vorletzten Stücks. Ich hörte sie mir an. Ist immer noch super; so freundlich und warm, passagenweise supersehnsüchtig, verträumt und traurig manchmal auch. Irgendwie ist sie der Inbegriff meiner 90er Jahre sozusagen, oder der Zeit von 1994 bis 1999 meinetwegen; dieser Zeit, die plötzlich das zu erfüllen schien, was man sich so als Teenager erträumt hatte; eine Zeit jedenfalls, die manchmal superschön schön gewesen war. Und manchmal war es auch Winter gewesen; was ziemlich gut zu der Platte passt wegen dem „Cold Song“, den ich auch gern mal so karaokemäßig singen würde. Und auch seltsam, einen Text von vor 13 Jahren über Dense Music zu lesen. (Irgendwie war man da so … optimistisch)

So ein Hemd wie Eric D. Clarke hatte ich früher auch mal gehabt; ohne dies Video hätte ich jenes Hemd bestimmt vergessen.

Ich hatte sie ein paar Mal gehört und dann verpackt, weil Steffi doch Geburtstag hatte. Bevor ich aber zu ihrem Geburtstag in die Karaoke-Bar in der Warschauer Straße fuhr, musste ja noch Schalke geguckt werden (nun ja) und dann merkte ich, dass ich die schön eingepackte CD zu Hause vergessen hatte und dann dachte ich, ist jetzt aber blöd, noch mal zurückzufahren und fuhr also weiter. Und dann stand dieser Mann da an der Ampel und sprach mich an. Es war ein türkischer Mann, vielleicht 50. Wir würden uns doch kennen, hallo, wie geht’s. Ich war mir nicht sicher, war das nicht Abdullah. Hatte sich aber ganz schön verändert. Das Leben war wohl über ihn rübergefahren.

draussen vor dem Haus der Kulturen der Welt

Er sagte jedenfalls, ihm sei grad seine Wohnung gekündigt worden, der Job wohl auch und alles sei furchtbar. Und ob ich ihm nicht „ein Pfund“ leihen könnte, bitte, bitte, bitte, bitte. Kriegst du morgen auch wieder und Allah sei mit dir.

Ich guckte, ob ich nicht irgendwo vielleicht einen 5-Euro-Schein hätte. Ich hatte aber nur zwei 10-Euro-Scheine. Ich meinte aber, 15 Euro an diesem Abend noch zu brauchen; er bestand darauf, zehn Euro von mir kriegen zu müssen. Ich gab dann auf, bestand aber darauf, dass er mir einen Euro zurückgab.

Als wir uns trennten, fragte ich ihn, wie er heisse. Er sagte „Ahmed“. War dann wohl doch nicht mein alter Bekannter Abdullah gewesen.

Er gab mir das Gefühl, mich über’s Ohr gehauen zu haben. Zum Glück verlor sich dies Gefühl dann wieder. Wir sangen dann verschiedene Lieder in der Karaoke-Bar. Alles war prima. schade, dass sie „Somthing’s Gotten Hold On My Heart“ („The Stars We Are“ ist ja meine Lieblingsplatte von 1989) nicht da hatten. „Under Pressure“ war aber auch ein tolles Schlussstück. Auf dem Weg in’s Bett erst erfuhr ich, dass Hans Nieswandt zur gleichen Zeit grad im Berghain glaube ich auflegte. Aber da war ich doch schon zu müde.

Und am Samstag dann diese seltsame 20-Jahre-Love-Parade-Party im Haus der Kulturen der Welt mit Motte, Jonzon, Tanith, Mijk von Dijk, Hardy Hard,  Ronny Pries und Rok und arg vielen Anknüpfungspunkten, die zu weit führen würden.


Marshall Jefferson, Open your Eyes, Celestial Mix

Ich sollte drüber schreiben (hier ist das) und hatte unter Freunden nur halbherzig für diese Party geworben und ärgerte mich nun etwas, dass ich allein da war, als vergleichsweise älterer Mitbürger. Es war ziemlich voll, ich blieb nur bis fünf, es war aber toll, die schöne House- und Discomusik von vor zwanzig Jahren mal wieder laut und auf einer guten Anlage zu hören und das Wetter war der Hit, wenn man rauchend im Draussenbereich des HdKdW so herumstand oder danach und davor mit dem Fahrrad so dadurch fuhr: Schneetreiben, niemand auf der Straße, rote, gelbe und grüne Ampeln.


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