+++ 18:00 +++ Feierabend.
+++ 16:35 +++ Wir sind fertig. Wie jeden Tag deutlich vor Korrekturschluss, unsere Texte sind für taz.de produziert. Jetzt geht es an die Planung für morgen. Danach: Feierabend.
+++ 15:45 +++ Ich helfe einer der Ü31 Kolleginnen ihren Beitrag ins Netz zu stellen und merke wie präsent das Internet in meiner Sozialisierung war. Bestimmte unlogische Schritte, die mir vollkommen selbstverständlich vorkommen, sind für sie nicht gleich begreifbar. Nach einer Weile ist aber auch der Text online. „Beim nächsten Mal hab ich bestimmt vergessen wie’s geht“, grinst sie. Macht nix, ich bin geduldig.
+++ 15:30 +++ Endspurt in der Produktion. Die erste Seite ist schon seit sieben Minuten vollständig fertig und in der Korrektur. Die ersten Texte sind für taz.de produziert und warten darauf frei geschaltet zu werden. Auch die erste Seite ist zu großen Teilen fertig: Verena Becker hat’s nicht geschafft, Stanley McChrystal auch nicht. Dafür ist der Bischof Mixa drin. Die Suche nach der besten Überschrift überforderte die ganze Redaktion. Am Ende gewann dann der Vorschlag einer Kollegin: „Watschn für Mixa“. Inhaltlich korrekt, passt in den kleinen Überschriftenplatz. Dazu das Neueste zum umstrittenen Bau des neuen Stuttgarter Hauptbahnhofs, das wir eigentlich schon letzte Woche bestellt aber angesichts der Themenlage zunächst weggelegt hatten. Die großen Geschichten in Schlagwörtern: Bombodrom, Spendenaffäre, Özdemir und Girl’s Day.
+++ 14:00 +++ Die ersten Geschichten für die Ressortseiten trödeln langsam ein, ebenso Reporter, die auf Terminen waren. Draußen ziehen Wolken auf und es regnet. Paul pflegt das Interview mit dem Oppositionspolitiker ins Redaktionssystem ein, ich produziere es für taz.de. Unterdessen meldet unser Reporter, dass McChrystal nichts spannendes zu sagen hatte, also möglichst klein fahren. Und Verena Becker doch ins Blatt holen?
+++ 13:30 +++ Um diese Zeit findet bei den vergnügten CvD’s eine Stehkonferenz statt. Es wird über die Seite 1 gesprochen und Ideen für die Aufmachung gesucht. Wesentliche Kriterien sind: Die Botschaft muss über dem Bruch sichtbar sein, da die Zeitung am Kiosk gefaltet zu finden ist. Diese Aussage sollte zum Kauf anregen, aber auch zum nachdenken, beispielsweise für die vielen Abonennten, die sie sowieso immer bekommen. Wichtig ist ein kreativer und unkonvetioneller Dreh, für den die taz immer wieder gelobt wird. Letztlich sollte die Geschichte abgebildet werden, die für die taz am wichtigsten ist – das kann die stärkste sein, aber auch die exklusivste oder lustigste. Es ist ein angestrengtes Brainstorming und die CvD’s lächeln nicht mehr ganz so viel. Nach vielem Gerede sagt Daniel: „Wenn es sonst nicht mehr gibt, lasst uns mit der schweren Entscheidung alleine.“ Gerne.
+++ 13:20 +++ Neuigkeiten zu der Anklage der ehemaligen RAF-Terroristin Verena Becker sind raus. Melden wir das? Gerade sah es noch komfortabel mit der Seitenplanung aus, jetzt müssen wir alle Themen noch einmal abklopfen. Letztendlich folge auch ich Pauls Argumentation: Es ist nicht sonderlich viel Neues dabei, der Nachrichtenwert ist zu niedrig als dass wir heute andere Geschichten kippen könnten. Ich hätte mich wahrscheinlich anders entschieden und der Kontinuität wegen, die Nachricht doch gemeldet. Auf taz.de wird sie sicherlich stehen.
+++ 12:45 +++ Immer wieder erreichen uns Leserbriefe, die Tom und die Wahrheit vermissen, so dass wir uns langsam fragen, ob wir ein Lösegeld auf den Comic aussetzen: Wenn bis Freitag Abend eine bestimmte Summe zusammenkommt, gibt’s Samstag ausnahmsweise (in dieser Woche) Tom, und wie gewohnt in Farbe. Weil unsere derzeitige Comic-Seite als Konkurrenz empfunden wird, schimpfen die Leser gleich auch auf diese Comics, obwohl sie eigentlich sehr liebevoll gezeichnet sind und zum nachdenken anregen. Jeden Tag passen sie zu einem der von uns gesetzten Themen. Einen schnellen Lacher ersetzen sie natürlich nicht.
+++ 12:15 +++ Zeit Essen zu gehen. Heute gibt’s das mysteriös und exotisch klingende „Tafelspitz“. Obwohl eigentlich alles sehr entspannt läuft, essen wir schnell und laufen wieder hoch. Dort findet die Meinungsredaktion ein Thema unterbeleuchtet und wirbt um eine größere Platzierung. Einen Kommentar wird es wohl auf jeden Fall geben. Paul handelt einen Kompromiss aus.
+++ 12:09 +++ Intern wird Unmut über die Entscheidung der Redaktionskonferenz bekannt: Eine Kollegin hatte schwere inhaltliche Bedenken, wir aufgrund unserer Platzknappheit schwere organisatorische Bedenken. Wir fühlen uns übergangen, akzeptieren aber erst mal die Entscheidung. Schließlich lernen alle noch, wie sie mit Leitungsposten und -kompetenzen umgehen.
+++ 11:45 +++ Die Redaktion ist ruhiger, alle wissen was sie machen müssen. Bis jetzt gibt es noch keine großen Überraschungen.
+++ 11:00 +++ Die Seitenplanung muss relativ schnell festgelegt werden, auch heute, obwohl wir nicht wissen, ob wir später Geschichten doch tauschen müssen. Die CvD’s sind vergnügt wie immer, obwohl sie die schwierige Schnittstelle zwischen Ressort, Layout und Fotoredaktion sind. Je später der Tag wird, desto mehr murren die Beteiligten, und alles geht über den CvD-Tisch, der – wenn er alle so oft anruft wie uns – eigentlich den ganzen Tag nur am telefonieren ist. Also: Der General wird in die Meldungen gesteckt und online größer gemacht (da haben wir später Redaktionsschluss), die Spendenaffäre wird kleiner gefahren als sie sollte, dafür dürfen junge Frauen in technischen Berufen und ein relativ wichtiger Oppositionspolitiker sich auf mehr Platz freuen.
+++ 10:30 +++ Wilde Planung, da die Seiten vorne wegfallen, ist unser Ressort vollkommen überladen. CDU-Spendenaffäre ist wohl etwas wichtiger als Generalbesuch, zumal der Aufenthalt McChrystals erst zu Redaktionsschluss wirklich spannend wird. Irgendwie wird wohl alles es in die gedruckte Zeitung schaffen. So wirklich zufrieden, scheinen die KollegInnen aber doch nicht – im Gespräch mit Korrespondenten ist Paul in der Defensive. Zum Glück kann man die Schuld für den Platzmangel auf die Chefredaktion schieben – als wäre es nicht jeden Tag so. Der reguläre Chef des Inlands darf (= „muss“) einen Außentermin wahrnehmen und auf eine Pressekonferenz gehen.
+++ 09:30 +++ Redaktionskonferenz wird wie gestern von „hinten“ moderiert. Zu Anfang wird von einer älteren Kollegin eine konstruktive Atmosphäre gelobt, in der Themen offen besprochen und Positionen ohne Gesichtsverlust zurückgezogen werden können. Im Diskussionsverlauf wird sich das als anders heraus stellen: Heute, im Gegensatz zu den vergangenen Tagen, diskutieren endlich auch viele jüngere Kollegen mit. Es geht um zwei Exklusiv-Geschichten, die morgen in der Zeitung groß aufgemacht werden sollen. Die Alternative ist, eine Geschichte später zu publizieren. Fairerweise hört sich die Moderation alle Positionen an, unfairerweise wird nicht im Plenum über das Vorgehen entschieden, sondern von der neuen Chefredaktion festgelegt. Nicht einmal Mindeststandards von demokratischer Mitbestimmung – Mehrheitsentscheidung, oder gar Konsensentscheidung – sind erfüllt. Dafür dürfte die Zeitung morgen zwei sehr spannende Geschichten bieten.
+++ 09:05 +++ Die Inlandssitzung beginnt. Paul, der heutige Textchef, stöhnt: „10 Themen und zwei Anzeigen. Wie soll ich das alles unterkriegen?“ Während der Sitzung sortiert er radikal aus, trotzdem ist zu wenig Platz: Ist der Besuch vom US-General McChrystal wichtiger als eine CDU-Spendenaffäre in Nordrhein-Westfalen? Der Tag wird’s zeigen. Gesetzt ist auf jeden Fall eine Reportage zu jungen Frauen in technischen Berufen.
+++ 08:30 +++ Eintreffen in der Redaktion. Jetzt bis 9:00 Uhr Zeitung lesen: SZ, FAZ, BILD, Stuttgarter Zeitung, Leipziger Volkszeitung, Handelsblatt? Oder doch lieber im Netz rumklicken und Ticker lesen? Was ist seit gestern Abend passiert? Was ist heute auf jeden Fall wichtig?
– Lalon Sander, 24, taz-Inland Interims-Ressortleiter