vonKarim El-Gawhary 19.06.2010

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Was passiert, wenn der Vater als Übersetzer von der US-Armee im Irak und der Sohn von einer Al-Kaida-nahen Gruppe rekrutiert wurde? Sie ahnen es?

Oedipus at Colonus by Jean-Antoine-Theodore Giroust 1788 French Oil

Der Sohn hat gestern den Vater in dessen Bett im Schlaf ermordet, nachdem der sich geweigert hatte, seinen Job an den Nagel zu hängen. Der 50jährige Hameed Al-Daraji wurde aus kürzester Entfernung um drei Uhr morgens in Samarra in die Brust geschossen.

Die Polizei nahm den Sohn und dessen Cousin fest. Nach Angaben der Polizei sollen die beiden jungen Männer mit der Tat versucht haben, ihre Loyalität zu den Aufständischen unter Beweis zu stellen, in deren Rängen sie erst vor kurzem aufgenommen worden waren. Nach dem zweiten Sohn wird gefahndet.

Hameed Daraji hatte seit sieben Jahren als Übersetzter für die US-Armee gearbeitet. Er war bereits kurz nach dem Einmarsch der US-Truppen angestellt worden. Ansar al-Sunnah, die militant islamistische Gruppierung, der die jungen Männer angehören sollen, war nach Polizeiangaben in den letzten Monaten in der Gegend wieder aktiver geworden und hatte dort vermehrt Jugendliche rekrutiert, indem sie ihnen auch Geld angeboten hat.
So hat die irakische Familie Daraji offensichtlich auf allen Seiten ihr tägliches Brot verdient – mit tödlichem Ausgang.

In Kreisen der Aufständischen werden die zahlreichen Mitarbeiter der US-Armee als Verräter angesehen. Man kann sich ausmalen, was mit ihnen geschieht, wenn die US-Truppen wie geplant zum größten Teil diesen Sommer abziehen. Ich möchte jedenfalls nicht in deren Schuhen stecken,

Gestern war übrigens wieder einer dieser irakischen Tage. Mindestens 27 Menschen kamen bei Bombenanschlägen und in für sie gelegten Hinterhalten um, die meisten waren Regierungsbeamte und Polizisten. In die Schlagzeilen schaffen es solche Geschichten aber schon lange nicht mehr.

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