Plakat der Berliner Autonomen für den 1.Mai. Photo: revolutionärer-erster-mai.de
»Sei mir gegrüßt, Damaskus, du Blumenreiche, du Königin der Düfte, du Augenlicht des Weltantlitzes, du Jungfrau der Feigen, du Spenderin aller Freuden und du Feindin alles Kummers!« (Karl May in „Von Bagdad nach Stambul“)
„Die Araber machen nicht für Geld mit, aber für Damaskus.“ (T.E.Lawrence in „Die 7 Säulen der Weisheit“)
In Südostasien hat man immer gedacht, wenn man dort die 1.Mai-Demonstrationen und Schlachten mit der Polizei im Fernsehen sah: Dort geht es richtig ab; die Kreuzberger verstehen noch zu kämpfen…wir dagegen…alles Feiglinge. Erst die Augenzeugenschaft vieler 1.Mai-Besucher von dort klärte sie darüber auf, dass es sich dabei im Vergleich zu den Aufständen bei ihnen eher um ein Kinderspiel handelte.
Heuer finden die „1.Mai-Krawalle“ (Bild-Zeitung) zum ersten Mal zeitgleich mit einigen größeren Aufständen statt – vor allem in Arabien. Da das schon Wochen zuvor so gut wie klar war, wurde das Kreuzberg-Event von einigen Autonomen-Gruppen – „gewaltbereite Chaoten“ von der Springerstiefelpresse genannt – in der ehemaligen Frontstadt in „Tage des Zorns“ umbenannt, wie sie den Aufständen u.a. im Jemen vorangegangen waren. Dies und das obige Plakat zur Mobilisierung für die Autonomen-Demo hat die Bild-Zeitung heute zum Anlaß genommen, um einen Tag vor dem 1.Mai noch schnell zu warnen: „Jetzt hetzt die linke Szene junge Migranten auf“:
Im Internet richtet die „Antifaschistische Revolutionäre Aktion Berlin (ARAB – sic!) ihre „Gewalt-Propagande gezielt“ auf Türken und Araber. Dort heißt es „überall auf der Welt demonstrieren Menschen für ihre Bedürfnisse und stellen die gesellschaftliche Ordnung in Frage“. Das bezieht sich auf die Freiheitskämpfe in den arabischen Ländern, beginnend mit Tunesien und Ägypten.
Im Antifa-Netzwerk „Kinder des Zorns“ schreiben die Autoren: „Jugendliche in aller Welt stehen auf gegen Unterdrückung, Ausbeutung und das Drecksystem, in dem wir leben.“
Die Bild-Zeitung nennt das „Bauernfängerei“, ist jedoch nicht beunruhigt, im Gegenteil – denn die 1.Mai-Touristen zieht es heuer in Massen eher nach Bremen und Hamburg, behauptet jedenfalls die Bild-Redaktion. Die Polizei ist jedoch eher „in Sorge: Bereits beim letzten 1.Mai bildete die ARAB drei schwarze Blöcke aus jungen Migranten“ (Türken und Araber).
Der Verfassungsschutz-Experte der Berliner SPD rät deswegen den Jung-Türken und -Arabern: „Man sollte sich klar distanzieren. Gewalttätige Protestaktionen fallen negativ auf die jungen Migranten zurück.“
Der innenpolitische Sprecher der Grünen gibt sich dagegen keckdoof: „Die jungen Migranten sind schlauer als die Antifa denkt,“ verriet er der Bild-Zeitung raunend.
Also – folgen wir den Staatsdenkern und -lenkern, dann verlangen sie Folgendes von den Berliner Autonomen, von der „linken Szene“:
1. Sie soll in ihren blogs und facebook-eintragungen nicht explizit Türken und vor allem keine Araber ansprechen, wohlmöglich noch in deren Sprache.
2. Sie soll sich der deutschen Mehrheitsmeinung anschließen: Deutschland ist eine Demokratie und die arabischen Nationen sind Diktaturen, die Völker dort wollen genau da hin, wo wir – Deutsche – sind, deswegen sind die Aufstände da berechtigt, es finden in diesen Ländern also z.T. „gerechte Kriege“ statt, die wir auch unterstützen, aber ihr – linke Scene – wollt mit Hilfe dieser armen – sowieso schon meist „negativ auffallenden“ – Ghettokids, die es nach Berlin verschlagen hat, die Aufstände in ihren Ländern nach hier importieren. Deutschland ist Exportweltmeister, von Importen hält es nicht viel – schon gar nicht, wenn es sich um solche zweifelhaften sozialen „Errungenschaften“ (Ayatollah Khomeini) handelt wie das „Revolutionär-Werden“ (Deleuze).
3. Sollten die sich zur linken Szene Zählenden schlauer werden – als die bisher eher wegen „schulischer und außerschulischer Probleme“ (Tagesspiegel) aufgefallenen jungen „Migranten“, die nämlich verdammt schnell aufgeholt haben – und jetzt sogar schon schlauer sind als die Antifa denken kann. Und die Antifa, das weiß man in den etablierten Parteien, ist der schlaueste Teil der „Linken“. – Ein Name nebenbeibemerkt, den die PDS schändlicherweise für sich gepachtet hat – und ihn nun als Parteinamen mißbraucht, ebenso wie ihr jugendlicher Flashmob gemeinerweise den Namen „SDS“ für sich vereinnahmt hat. Das geht so nicht, Genossen! Arschlöcher!
4. Soll sich nicht nur die „linke Szene“ von den „jungen Migranten“ distanzieren – sondern diese vor allem von der Linken, damit sie nicht noch mehr in Distanz zur deutschen „Gesellschaft“ geraten als sie ohnehin schon sind. Eine Hinwendung zu den „gewaltbereiten Chaoten“ würde bloß ihre „Integration“, über die gerade in Deutschland so viele „Debatten“ geführt werden, erschweren („erheblich“ vielleicht sogar). Und das wollen wir doch alle nicht!
Übrigens hatte vorgestern auch der deutsche Regierungssprecher, als er morgens auf der taz-Konferenz seine „Heftkritik“ vortrug, meinen Artikel zur BZ-Großserie über die hiesigen „linksradikalen Chaoten in Berlin“ als „zu wenig distanziert“ bezeichnet. Seine Kritik ehrte mich natürlich.
Zurück nach Damaskus, dahin wo die noch viel wirklichere Unruhe (Instabilität!) sich ausbreitet. Von dort und aus anderen arabischen Hauptstädten berichtet Karin Leukefeld fast täglich für die „Junge Welt“. Ihre Artikel sind geeignet, uns die Begeisterung für die arabischen Aufstände zu vermiesen – wenn auch oft nur wegen der Überschriften, für die sie vielleicht gar nichts kann. Die heutige – über die Situation in Syrien – lautet:
„Gesteuert per Facebook – Proteste in Syrien werden vor allem aus dem Ausland angeheizt“
Genannt wird u.a. ein mutmaßlich junger syrischer „Migrant“, der in den USA eine Internetseite hat, die sich „Syrian Revolution“ nennt und auf der er „täglich neue Berichte in Umlauf bringt“, also genau wie ich hier mit diesem blog. Aber für die JW-Autorin wird dadurch gleich „der Einfluß des Auslands auf die Geschehnisse in Syrien deutlich“.
Aber nicht nur dadurch: Gleich neben diesem Artikel findet sich ein „Beitrag“ eines in Damaskus lebenden EX-Botschafter Syriens, den die JW-Redaktion im „Onlineportal Syria Comment“ fand. Er berichtet von den ganzen bisher in Syrien während der Demonstrationen ermordeten Polizisten, Soldaten, Feuerwehrleuten und Rettungswagenmannschaften – 60 schätzungsweise. Wer tötete sie?
„Syrien hat viele Feinde. Libanesische Sunniten? libanesisch-phalangistische Christen, radikale sunnitische Muslime, vielleicht von den Muslimbrüdern, kurdische Minderheiten, der israelische Mossad, abtrünnige Alawiten aus dem System wie der frühere Vizepräsident (Abdulhamid) Kaddam, Abtrünnige aus den Sichedrheitskräften? Alles ist möglich.“
„Eins ist klar, die Bewegung für mehr Demokratie hat es nicht geschafft, signifikante Menschenmengen auf die Straßen zu bekommen. 98 Prozent der Bevölkerung bleiben zu Hause. Obwohl sie sich nach mehr Freiheiten, mehr Teilhabe und einer Lockerung des Polizeistaates sehnen, wollen sie doch kein Chaos, das ein Sturz des Baath-Regimes vermutlich mit sich bringen wird. Die Situation im Irak und im Libanon erinnert sie täglich an das, was geschehen könnte…“
Ich zitiere das hier nur als kleine Skurrilität am Rande der allsyrischen Kunst der Meinungsfindung. Solche halbstaatlichen „Statements“ konnte man dutzendweise auch schon in den englischsprachigen Zeitungen Djakartas lesen – während des letzten indonesischen Aufstands (gegen das Suharto-Regime), daneben wurden zig Briefe von Lesern abgedruckt, in denen sie sich Gedanken machten, wie die Lebensverhältnisse im Land grundlegend verbessert werden könnten. Auch der syrische Ex-Diplomat streift dieses „Thema“.
Kommen wir nun zu etwas erfreulicherem Staatstragenden: Die Bundesregierung fördert – als Alternative zu den Internetforen der Berliner Autonomen? – die Webseite „Qantara.de“ – für junge Türken und Araber, „Migranten“ von der Bild-Zeitung genannt. Diese Webseite bringt allerlei Wissenswertes für sie und uns, zum Beispiel fragten sich zwei Autoren, Nader Hashemi und Danni Postel, was ist aus dem Traum der iranischen Demokratie-Bewegung geworden? „Qantara“ hat ihr Buch darüber „People reloaded“ (Ein Volk läd sich neu durch) rezensiert:
„Für die kompromisslosen Konservativen und diejenigen, die sämtliche Gewaltmittel in der iranischen Gesellschaft kontrollieren – die Revolutionsgarden, die Sicherheitsdienste, die Bassidschi-Milizen -, stehen die Konzepte von Zivilgesellschaft und Demokratisierung im Widerspruch zu den Grundwerten und Idealen des Islam und der Iranischen Revolution. Für diejenigen jedoch, die eine tolerantere, pluralistische und demokratische Ordnung in Iran befürworten, kam die Erhebung der Zivilgesellschaft in Iran einer Explosion demokratischen Denkens und Handelns gleich: Eine „neue Einigkeit im Ziel“ unter Iranern auf der ganzen Welt, einzigartig seit dem Sturz des Schahs, entstand.
Es ist wahr, dass die ausgedehnten Proteste von 2009 wegen der Brutalität und Grausamkeit der iranischen Regierung nachgelassen haben, aber es gibt nicht den leisesten Zweifel daran, dass die Grüne Bewegung zur Zukunft Irans gehört. In den Worten Nader Hashemis, des Mitherausgebers des Buches und Professors für Islamische Politik an der Universität Denver: „Der gewaltlose Charakter der Grünen Bewegung kann am besten bekräftigt werden, indem weiterhin eine neue Zukunft für Iran formuliert wird, eine, die eindeutig mit der gewalttätigen Vergangenheit bricht und die an andere politische Bewegungen anknüpft, wie die antikoloniale Bewegung in Indien, der afrikanisch-amerikanische Kampf für Bürgerrechte und der Kampf gegen die Apartheid in Südafrika.“
In anderen Worten: Als eine demokratische Lerngemeinschaft befindet sich die Grüne Bewegung noch im Entstehungsprozess und entwickelt sich ständig weiter. Die Effektivität der Grünen Bewegung beruht auf der Selbst-Organisierung der iranischen Zivilgesellschaft, die es verlangt, in Wahrheit und im Widerstand gegen Lügen zu leben.
Neue Proteste in Iran haben bewiesen, dass die Grüne Bewegung nicht tot ist, obwohl das Regime seit der umstrittenen Präsidentschaftswahl von 2009 hart gegen sie vorgegangen ist. Es scheint, als ob die Aufstände in Tunesien und Ägypten die iranische Zivilgesellschaft revitalisiert hätten und dazu beigetragen haben, dass sie ihre Forderungen nach Demokratisierung selbstbewusster und direkter stellt. Nach zwanzig Monaten geprägt von Verhaftungen, Folter, Hinrichtungen und Hausarrest für die Schlüsselfiguren in der Opposition steht der Umfang der Proteste in den iranischen Städten in krassem Gegensatz zu den Beteuerungen der Regierung, dass die Bevölkerung generell das Regime unterstütze.
Nach Said Amir Arjomand, Professor für Soziologie an der Sony Brook Universität, „haben der Ayatollah-Diktator und die Revolutionsgarden ihr Bestes versucht, um ihre Gegner zu diskreditieren, indem sie eine Verschwörung vortäuschten. Durch erzwungene Geständnisse bei Schauprozessen zeichneten sie das Bild einer von ‚westlichen Sozialwissenschaften‘ konzipierten ’samtenen Revolution‘. Tief im Innern wissen sie, dass es keine Verschwörung gibt. Ihre Angst gründet in dem, was sie vor sich sehen: das Vorwärtsschreiten der Geschichte“.“
Das ist zwar alles hauchdünn argumentiert, soll aber Hoffnung machen – und tut das auch, denn es ist schließlich das allerwichtigste, dass das „Mullah-Regime“ endlich verschwindet. Ein anderer „Qantara“-Artikel, von der Schriftstellerin Fadia Faqir aus Jordanien, befaßt sich mit dem Trivial-„Orientalismus“, der nach dem 11.September und des antiislamischen Feldzugs der USA bis zu den Buchumschlägen arabischer Autoren, zumeist Autorinnen, durchschlug: Egal, worüber sie schreiben, stets werden die Cover ihrer Bücher mit Photos verschleierter Frauen verziert.
So zeigt z.B. das Cover des Romans „Die Übersetzerin“ von Leila Aboulela im Heinemann-Verlag: „Eine Frau in einem weißen Pilgergewand steht hilflos im Vordergrund, obwohl der Roman hauptsächlich in Schottland spielt und gar nichts mit Mekka zu tun hat.“
Weitere Beispiele: „Beduinische Jordanierinnen werden auf dem Titel als afghanische Frauen in einer Burka dargestellt. In der Tschechischen Republik wurde “My name is Salma“ übersetzt in “Sünde und Verdammung“ und auf dem Titel sieht man eine Frau mit einem dünnen Schleier in einer Moschee stehen. Diese spezielle Art von Schleier mit Brokat und Gesichtsbedeckung findet sich eher in der Golfregion als in der Levante, wo der Roman angesiedelt ist. Diese kulturelle Ungenauigkeit ist vergleichbar damit, Paris auf dem Titel von Martin Amis‘ Roman “London“ abzubilden, oder den Turm von Pisa auf dem Titel von Pat Barkers “Union Street“.
„Ich könnte über Außerirdische im Weltall schreiben und die Graphiker und Horden von PR-Teams würden ihnen afghanische Burkas anziehen. Nirgends in meinen Romanen befasse ich mich mit dem Schleier, außer als Salma ihn im Vereinigten Königreich ablegt. Meine Protagonistinnen sind Beduininnen und haben ihre eigene einzigartige Form von Kopfbedeckung…“
„Der Roman „Nisanit“ erforscht die männliche Welt der Guerillakämpfer und politischen Gefangenen. Die Ausgabe des britischen Penguin-Verlags zeigt eine wunderschöne palästinensische Bäuerin neben einem maskierten Guerillakämpfer auf dem Titel – ihrem Ritter in glänzender Rüstung. Hier wird ein Roman verkitscht dargestellt, der keine Spur von Sentimentalität enthält. Auf einem Schauplatz von Blut, Eiter und Dreck folgt der Bewusstseinsstrom dem Abstieg des Protagonisten in den Wahnsinn – aber das Titelbild würde die Herausgeber von Groschenromanen stolz machen. Die US-Ausgabe des Viking/Penguin-Verlags hat eine verschleierte Frau auf dem Titel inmitten eines – Sie erraten es – Moscheehofes.“
Auch die bei Goldmann erschienenen „Erinnerungen“ der iranischen Schriftstellerin Azar Nafisi „Lolita lesen in Teheran“, den ich gestern hier im blog erwähnte, wurde mit einem Photo auf dem Cover illustriert, das zwei junge Iranerinnen im Schador zeigt. Und mir schräg gegenüber sitzt heute die taz-Autorin A.H. und schreibt – ironisch – über den Schleier, denn gerade haben Holland, Belgien und Deutschland damit gedroht, das französische Burkha-Verbot zu übernehmen. Es wäre dies die komplette Umdrehung des iranischen Burkha-Gebots. Die Großmutter von Aza Nafisi, die eine Burkha trug, war vehement sowohl gegen ein Gebot wie ein Verbot. Der Glaube und alles, was dazu gehört, durfte ihrer Meinung nach in keinem Fall politisch administriert werden.
Aus dem Iran heute meldet AP um 11 Uhr 57:
Ein den iranischen Revolutionsgarden nahestehendes Konsortium hat den Zuschlag für zwei Großprojekte zur Gasförderung erhalten. Das Unternehmen Chatam ol Anbia werde die Gasfelder Halgan und Sefid Baghoon im Süden des Irans entwickeln, meldete die halbamtliche Nachrichtenagentur Mehr unter Berufung auf das Ölministerium.
Chatam ol Anbia gilt als wichtigste Finanzquelle der Revolutionsgarden und ist derzeit der größte Auftragnehmer bei Projekten der Regierung. Seit ihrer Gründung 1979 haben die Revolutionsgarden ihren Einfluss stetig ausgeweitet. Mittlerweile ist die Miliz ein bedeutender wirtschaftlicher sowie politischer Akteur und verfügt über ein engmaschiges Netzwerk, das in jeden Bereich des alltäglichen Lebens im Iran reicht.
Zurück nach Damaskus – von dort meldete AFP um 14 Uhr 43:
Trotz des brutalen Vorgehens der Sicherheitskräfte will die syrische Protestbewegung der Regierung in Damaskus weiter die Stirn bieten. Über das Internet-Netzwerk Facebook riefen Aktivisten am Samstag zu einer Woche der Massendemonstrationen auf, bei denen täglich in verschiedenen Städten des Landes tausende Menschen ihren Unmut zeigen sollen. Die EU beschloss, wie die USA Sanktionen gegen die Staatsführung zu verhängen.
Die Facebook-Gruppe „Syrische Revolution 2011“ rief für Sonntag zum Beginn der „Woche zum Ende der Besatzung“ zu einer Demonstration in der von der Armee besetzten Protesthochburg Daraa auf. Für Montag sind Proteste in Damaskus geplant. Am Dienstag soll die Aktion in Banias und Dschableh im Norden fortgesetzt werden, am Mittwoch in Homs, Talbisseh und Tall Kalach an der libanesischen Grenze. Am Donnerstag sind „nächtliche Sitzstreiks“ geplant.
„Euer Blut zeigt uns den Weg zur Freiheit“, würdigten die Oppositionellen auf Facebook die am Freitag getöteten Demonstranten, die am Samstag beigesetzt werden sollten. „Wir schwören, dass euer Blut nicht umsonst vergossen wurde.“ Märtyrer seien „unsterblich“. Die Kriminellen (an der Staatsspitze) würden dagegen im „Mülleimer der Geschichte“ landen, nachdem das Volk sie „abgeurteilt und bestraft“ habe.
Landesweit hatten am Freitag zehntausende Menschen einem Demonstrationsverbot getrotzt. Dabei kamen nach Angaben von Menschenrechtlern bis zu 62 Menschen ums Leben, die meisten davon in der Region um Daraa. Seit Beginn der Protestbewegung Mitte März starben laut Aktivisten mehr als 580 Menschen.
Die Protesthochburg Daraa glich am Samstag weiterhin einem „Militärgebiet“, wie der Menschenrechtsvertreter Abdallah Abasid sagte. „Die Lage ist tragisch, aber um unsere Moral steht es gut“, sagte er.
Aus Libyen meldete dpa heute:
In der Hauptstadt Tripolis demonstrierten erstmals seit Wochen wieder Regimegegner. Nach Angaben der Aufständischen schossen Gaddafis Truppen auf die Demonstranten und trieben sie mit Tränengas auseinander. Die Proteste hätten sich in den Vierteln Souk al-Dschumaa und Tadschura ereignet. Oppositionelle, die in den vergangenen Wochen aus der Hauptstadt geflüchtet waren, hatten erklärt, in Tripolis herrsche ein Klima der Angst.
Aus dem Jemen berichtet AP:
Statt wie versprochen zurückzutreten, lässt der jemenitische Präsident Ali Abdullah Saleh wieder auf die Bevölkerung schießen: Am Samstag erklärte der Staatschef über einen engen Berater, er wolle den vom Golfkooperationsrat (GCC) ausgearbeiteten Vermittlungsvorschlag nun doch nicht unterzeichnen.
Salehs Truppen lösten in Aden Augenzeugen zufolge gewaltsam einen Sitzstreik hunderter Demonstranten auf, die Salehs Rücktritt nach 32 Jahren an der Macht forderten. Die Sicherheitskräfte setzten den Berichten zufolge schwere Waffen und Panzer ein, um die Demonstranten von einem Platz zu verjagen, auf dem sie seit zwei Monaten campiert hatten. Später seien Demonstranten aus Verärgerung über das Vorgehen der Sicherheitskräfte durch mehrere Stadtviertel marschiert, sagte der Aktivist Wadschdi al Schaabi. Bei den Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten hätten mehrere Menschen Schussverletzungen erlitten, vier Menschen seien getötet worden.
Aus Marokko meldet AP:
Dass der marokkanische König während der Hochzeitsfeierlichkeiten des englischen Königshauses in London das zerbombte Touristen-Café in „seiner“ Stadt Marrakesch besuchte, wo am Donnerstag bei einem Bombenanschlag 16 Menschen ums Leben kamen. Der Monarch verbrachte etwa zehn Minuten damit, die Trümmer des Cafés Argana am Djemma-el-Fna-Platz zu begutachten. Tausende Menschen versammelten sich auf dem Platz im Zentrum der Stadt in der Hoffnung, einen Blick auf den König zu erhaschen. Vor dem Besuch von König Mohammed VI war ein starkes Aufgebot an Sicherheitskräften auf dem Platz stationiert worden.
Aus dem Irak meldet AFP:
Die irakische Regierung hat Mitglieder des Terrornetzwerks El Kaida zur Versöhnung aufgerufen. Die Organisation El Kaida als ganze sei nicht an einer Versöhnung interessiert, doch richte sich der Aufruf an Einzelpersonen, die freiwillig oder unfreiwillig für El Kaida arbeiteten, sagte der Staatssekretär für die nationale Versöhnung, Amer Chusai, am Samstag der Nachrichtenagentur AFP. „Wir wollen ihnen die Möglichkeit geben, zu einem normalen Leben zurückzukehren“, sagte er.
Denkmal für den syrischen Sklaven Eunus, dem Anführer des ersten sizilianischen Sklavenaufstands – 132 v.Chr.. Photo: de.wikipedia.org