vonHelmut Höge 18.04.2011

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Photo: bento-bernd.blogspot.com

In einem Vortragstext von Antonia Herrscher zur „Schleierdebatte“, der von Frantz Fanons Essay „Algerien legt den Schleier ab“  bis zu Christina von Brauns und Bettina Mathes‘  jüngster Studie „Verschleierte Wirklichkeit – die Frau, der Islam und der Westen“ reicht, ist von einer Aktion der französischen Ehefrau des Algerierschlächters General Massu die Rede: Sie veranstaltete mitten im blutigen Befreiungskampf der Algerier gegen die Franzosen auf dem Marktplatz von Algier eine öffentliche „Entschleierung“ der algerischen Frau. „Wenn wir die Frauen gewonnen haben – haben wir den Kampf gewonnen,“ so bezeichnete Edward Said diese Aktion innerhalb der Anstrengungen der Franzosen, das Land zu pazifizieren.

Wenn hier und jetzt wiederholt davon die Rede war, dass die arabischen Frauen das „historische Subjekt“ der Aufstände und der Demokratiebewegungen in den Ländern des Nahen Ostens und des Maghreb sind, dann klingt darin noch der General Massu quasi in den Mund gelegte Satz von Said nach.

Hier ein anderer Ansatz von Claude Lévi-Strauss – aus seinem 1955 veröffentlichtem Buch „Traurige Tropen“:

Der französische Ethnologe hielt sich mehrmals in der Gegend um Kaschmir auf, zwischen Rawalpindi und Peshawar. Die buddhistischen und islamischen Altertümer studierend schrieb er:

„In ästhetischer Hinsicht hat sich der islamische Purismus, indem er darauf verzichtete, die Sinnlichkeit zu beseitigen, damit begnügt, sie auf ihre gemeinen Formen zu reduzieren: Wohlgerüche, Spitzen, Stickereien und Gärten. In moralischer Hinsicht begegnet man derselben Zweideutigkeit: einer zur Schau getragenen Toleranz neben einem Proselytismus, dessen Zwangscharakter offen zutage liegt. In der Tat macht ihnen die Berührung mit Nicht-Mohammedanern Angst. Ihre provinzielle Lebensweise verwewigt sich angesichts der Drohung anderer Lebensweisen, die frfeier und flexibler sind als die ihre und sie durch Anstecklung beeinflussen könnten.

Statt von Toleranz zu sprechen, sollte man eher sagen, daß diese Toleranz ein ständiger Sieg über sie selbst ist. (…) Es ist dies eine im Pawlowschen Sinne ‚paradoxe‘ Situation, die einerseits Angst und andererseits Selbstgefälligkeit erzeugt, da man sich dank dem Islam für befähigt hält, einen derartigen Konflikt zu überwinden. Im übrigen vergebens: wie es einmal ein indischer Philosoph mir gegenüber bemerkte, sind die Mohammedaner stolz darauf, daß sie den universellen Wert großer Pinzipien verkünden – Freiheit, Gleichheit, Duldsamkeit-, während sie den Kredit, den sie beanspruchen, wieder verspielen, indem sie im selben Atemzug behaupten, sie seien die einzigen, die sie praktizieren.

Der gesamte Islam scheint in der Tat eine Methode zu sein, im Kopf der Gläubigen unüberwindliche Konflikte zu schaffen, aus denen man sie dann dadurch rettet, daß man ihnen Lösungen von sehr großer (jedoch zu großer) Einfachheit anbietet. Mit der einen Hand stößt man sie an den Rand des Abgrunds, mit der anderen hält man sie zurück. Macht ihr euch Sorgen um die Tugend eurer Gattinnen oder Töchter, wenn ihr auf Reisen seid? Nichts einfacher als das: werft ihnen einen Schleier über und sperrt sie ein. Auf diese Weise gelangt man zum modernen ‚burkha‘. (…) Aber damit hat sich die Grenze der Besorgnis lediglich verschoben, denn um euch zu entehren, reicht es nun schon aus, wenn einer eure Frau nur leicht berührt, und so quält ihr euch noch viel mehr. Ein freimütiges Gespräch mit zwei jungen Mohammedanern machte zweierlei deutlich: zum einen, daß sie vom Problem der vorehelichen Jungfräulichkeit und der ehelichen Treue gepeinigt sind; zum anderen, daß der ‚purdah‘, d.h. die Segreegation der Frauen, zwar in gewissem Sinn den Liebeshändeln hinderlich ist, sie auf einer anderen Eben jedoch begünstigt: indem man nämlich die Frauen in eine eigene Welt verbannt, deren Geheimnisse und Schliche sie allein kennen. Da die Männer in ihrer Jugend Haremseinbrecher sind, haben sie gute Gründe dafür, sich zu Wächtern des Harems zu machen, sobald sie verheiratet sind. (…)

Wenn der Buddhismus, wie der Islam, versucht, der Maßlosigkeit der primitiven Kulte Herr zu werden, so dank der einigenden Befriedung, die dem Versprechen auf die Rückkehr in den mütterlichen Schoß innewohnt; auf diesem Umweg reintegriert er die Erotik, nachdem er sie von Raserei und Angst befreit hat. Der Islam dagegen entwickelt sich in eine männliche Richtung. Indem er die Frauen einschließt, versperrt er den Zugang zum mütterlichen Schoß: aus der Welt der Frauen hat der Mann eine verschlossene Welt gemacht. Gewiß hofft auch er, auf diese Weise zur Ruhe zu kommen; aber er versichert sich ihrer  durch Ausschlüsse: dem der Frauen aus dem gesellschaftlichen Leben und dem der Ungläubigen aus der geistigen Gemeinschaft; während der Buddhismus diese Ruhe eher als eine Verschmelzung begreift: mit der Frau, mit der Menschheit, in einer geschlechtslosen Darstellung der Göttlichkeit. (…)

…Und es ist ein weiteres Unglück des westlichen Bewußtseins, daß das später entstandene Christentum, das ihre Synthese hätte vollziehen können, ‚vor dem Buchstaben‘ – also zu früh – in Erscheinung getreten ist, nicht als nachträgliche Versöhnung zweier Extreme, sondern als Übergang vom einen zum anderen: als der mittlere Terminus einer Reihe, die aufgrund ihrer inneren Logik, ihrer Geographie und ihrer Geschichte dazu bestimmt war, sich künftig in die Richtung des Islam zu entwickeln; denn dieser letztere – in diesem Punkt tragen die Mohammedaner den Sieg davon – stellt die entwickelste Form des religiösen Denkens dar, ohne deshalb die beste zu sein; und ich möchte sogar behaupten, daß sie aus diesem Grund die beunruhigendste von allen dreien ist.

Möge der Westen nach den Quellen seiner Zerrissenheit forschen: indem sich der Islam zwischen den Buddhismus und das Christentum schob, hat er uns islamisiert, nämlich als der Westen sich von den Kreuzzügen verleiten ließ, sich dem Islam entgegenzustellen und damit ihm ähnlich zu werden, statt sich, als hätte der Buddhismus nie existiert, zu jener langsamen Osmose mit ihm bereitzufinden, die uns noch mehr christianisiert hätte, und zwar in einem umso christlicheren Sinn, als wir zu den Wurzeln des Christentums selbst vorgedrungen wären. Damals hat der Westen die Chance verspielt, Frau zu bleiben.“

Kann es vielleicht sein, daß der Westen, allen voran der kleine mickrige Sarkozy, sich jetzt schon wieder in diese islamische Männerscheiße hat reinziehen lassen – in Libyen? Und dass er nun in allen arabischen Ländern nacheinander gezwungen sein wird, seine korrupten Statthalter dort (Mubarak, Assad, Ali, Gaddafi etc.) fallen zu lassen, ja sogar umzubringen, nur um am Ende den Muslimbrüdern an die Macht zu helfen?

Der Korrespondent der Berliner Zeitung Thomas Schmid berichtete kürzlich aus Bengasi und von den dort verlaufenden Fronten:

„Frauen sind nirgendwo zu sehen, aber in kriegerischen Auseinandersetzungen dominieren ja stets die Männer…“

Aus Libyen wird heute gemeldet:

Die NATO flog 60 Kampfeinsätze gegen die Gaddafi-Truppen und -Söldner. Großbritannien will 5000 Einwohner aus dem belagerten Misrata evakuieren. Gaddafis Truppen bis in Innenstadt von Misrata vorgestoßen. Ärzte berichten von 1000 Toten bei Kämpfen um Misrata.

Die Nachrichtenagenturen melden aus Syrien:

Es gab wieder Tote bei Demonstrationen. Dennoch weiten sich die Proteste aus.

Aus dem Irak meldet Reuters:

Mindestens neun Tote bei Autobombenexplosionen in Bagdad

Aus Ägypten meldet dpa:

Tausende Muslime haben am Montag in der oberägyptischen Stadt Kena erneut gegen die Ernennung eines christlichen Provinzgouverneurs demonstriert. Dabei blockierten sie auch Autobahnen und Bahnstrecken, die Kairo mit Assuan und Luxor verbinden.

AP meldet aus Bahrain:

Mehr als hundert Staatsbedienstete sind im Golfstaat Bahrain, wo seit dem 15.März das Kriegsrecht gilt, wegen ihrer Teilnahme an regierungskritischen Protesten entlassen worden. Wie die amtliche Nachrichtenagentur BNA am Sonntag meldete, wurden 111 Angestellte des Bildungsministeriums mit dem Jobverlust für ihre Teilnahme an den Demonstrationen im vergangenen Monat bestraft.

Außerdem sollen die Entlassenen wegen Verstößen gegen das Gesetz zur Regelung des öffentlichen Dienstes angeklagt werden. Der Lehrerstreik im vergangenen Monat sei politisch motiviert gewesen und habe darauf abgezielt, die Schulen zu beschädigen.

.Aus Jordanien meldet dpa:

Die jordanischen Sicherheitskräfte haben am Wochenende 103 radikale Islamisten festgenommen. Die Salafisten werden beschuldigt, für Zusammenstöße mit der Polizei am Freitag in der Industriestadt Sarka bei Amman verantwortlich gewesen zu sein, gab Innenminister Saad Srur am Sonntag in der jordanischen Hauptstadt bekannt. Bei der Kundgebung der Islamisten waren rund 90 Menschen verletzt worden, die meisten von ihnen Polizisten.

Nach Darstellung der Polizei hatten die Demonstranten die Sicherheitskräfte angegriffen und dabei gewaltverherrlichende, islamistische Parolen gerufen. Dagegen erklären die Salafisten, sie seien von der Polizei und Regierungsanhängern attackiert worden. Die Salafisten hängen einer dogmatischen Auslegung des Korans an. Ein Teil von ihnen schreckt auch nicht vor Gewalt gegen Andersdenkende zurück.

Aus dem Jemen berichtet AP:

In der jemenitischen Hauptstadt Sanaa sind Sicherheitskräfte am Sonntag mit Waffengewalt und Tränengas gegen Demonstranten vorgegangen, die gegen frauenfeindliche Äußerungen von Präsident Ali Abdullah Saleh protestierten. Dabei wurden nach Angaben von Ärzten mindestens 220 Menschen verletzt. 20 von ihnen erlitten Schussverletzungen. Sanitäter wurden von den Sicherheitskräften behindert, als sie den Betroffenen helfen wollten.

Saleh hatte erklärt, das gemeinsame Demonstrieren von Männern und Frauen verstoße gegen islamisches Recht. Mehr als 100.000 Demonstranten gingen allein in der Stadt Tais auf die Straße. In den Städten Ibb, Aden und Schabwa kamen weitere zehntausend Menschen zusammen. Bereits am Samstag hatten mehrere tausend Menschen bei Demonstrationen ihren Unmut über Salehs Äußerungen ausgedrückt, die sie als Beleidigung der Frauen und des gesamten jemenitischen Volkes zurückwiesen.

Aus dem Iran kommt die AFP-Meldung:

Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat den USA vorgeworfen, Unfrieden zwischen Teheran und seinen arabischen Nachbarn stiften zu wollen. „Amerika und seine Verbündeten versuchen, eine iranisch-arabische Spannung aufzubauen, um zwischen Schiiten und Sunniten Zwietracht zu säen, aber dieser Plan wird nicht aufgehen“, sagte Ahmadinedschad am Montag bei einer Militärparade in der Hauptstadt Teheran in einer vom Staatsfernsehen übertragenen Rede. Die USA sollten wissen, „dass es für sie zwischen unseren Staaten keinen Platz gibt“, fügte er hinzu.

Der Golf-Kooperationsrat hatte den mehrheitlich von Schiiten bewohnten Iran am Sonntag aufgefordert, sich künftig nicht mehr in die Angelegenheiten seiner sämtlich von Sunniten regierten Mitgliedsländer einzumischen und „jegliche Provokationen“ zu stoppen. Dem Rat gehören Saudi-Arabien, Oman, Bahrain, Kuweit, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate an. Mit direktem Bezug auf diesen Beschluss sagte Ahmadinedschad, die USA richteten „ihre Schwerter gegen die eigenen Freunde, die sich für Amerika aufopfern“.

Die Junge Welt berichtet heute über die in den libyschen Kämpfen auf Seiten der Gaddafi-Truppen angeblich verwendete Streumunition, die Gaddafi zuletzt von Spanien geliefert wurde:

„Die libyschen Streitkräfte sollen bei den Kämpfen um die Stadt Misurata drei oder vier Mörsergranaten mit Streumunition eingesetzt haben. Danach befragt, sagte US-Außenministerin Hillary Clinton: »Ich bin über nichts überrascht, was Oberst Ghaddafi und seine Leute tun. Das ist eine besorgniserregende Meldung.« Noch viel weiter kann man die Heuchelei kaum treiben. Zwar ist die Mehrheit der Staaten der Welt einem Ende 2008 geschlossenen Abkommen beigetreten, das den Einsatz von Streumunition verbietet. Die USA gehören jedoch nicht zu den Unterzeichnern. Die NATO und ihre Verbündeten haben in früheren Kriegen massenhaft Streubomben und Streugranaten eingesetzt. So wurden im Jugoslawien-Krieg (1999) nach offiziellen Angaben 1392 Streubomben über 333 Zielen abgeworfen. Sie enthielten insgesamt rund 290000 Stück sogenannte Submunition. Jedes von diesen zerlegt sich wiederum in etwa 2000 Splitter, die besonders grausame Wunden verursachen. Gegen Afghanistan setzten die USA allein in den ersten Kriegsmonaten mindestens 1210 Streubomben mit 250000 Stück Submunition ein. Für den Irak-Krieg (2003) sind genaue Zahlen nicht bekannt. Mehrere tausend Stück Submunition liegen dort heute noch als Blindgänger herum. Israel warf im Libanon-Krieg (2006) riesige Mengen Streubomben auf mindestens 378 Ziele – nach unvollständigen Erkenntnissen einer UN-Abteilung – ab. Bis zu einer Million nicht explodierte Stücken Submunition gefährden die Bevölkerung Südlibanons. Allein im ersten Halbjahr nach Kriegsende wurden 162 Menschen durch solche Blindgänger verletzt, 26 starben.

Ein Sprecher der libyschen Regierung dementierte die Meldungen am Wochenende. Sein Land setze diese Waffen aus moralischen und rechtlichen Gründen nicht ein. Während die meisten Aussagen zu dem angeblichen Beschuß mit Streumunition sehr vage und unzuverlässig sind, behauptet die US-Organisation Human Rights Watch (HRW), ihre Vertreter hätten ein Granatenteil gesehen. Dieses gehöre eindeutig zu der von der spanischen Firma Instalaza hergestellten Mörser-Streumunition MAT-120. Spanien hat die Ächtung dieser Waffen unterschrieben und angeblich alle Bestände im Jahr 2009 vernichtet. Geht man aber auf die Internetseite von Instalaza und klickt auf der Bilderleiste oben die »Productos« an, erscheint an dritter Stelle die MAT-120 mit Kurzbeschreibung.“

Der Spiegel berichtet heute aus Libyen:

Sie tun alles, um den Gegner zu demoralisieren: Soldaten des libyschen Machthabers Gaddafi sollen mit massiver sexueller Gewalt gezielt gegen Frauen vorgehen. Ein Arzt berichtet allein in der Stadt Bengasi von rund hundert Opfern.

„Frauen sind im Islam gleichberechtigt“. Photo: pi-news.net

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