Pakistanische Nuklearwaffe. Photo: kleinezeitung.at
Aus Pakistan heute wieder Nichts Neues:
Vier Tote bei Bombenanschlägen auf Busse der pakistanischen Marine. Polizei – Ein Toter bei Bombenanschlägen in Pakistan. Mindestens 16 Tote bei Anschlägen in Pakistan. USA betrachten pakistanischen Geheimdienst als Terrororganisation.(dpa)
„Eine 2002 von mehreren Männern vergewaltigte Pakistanerin will weiter gegen die vorzeitige Freilassung ihrer Peiniger durch das Oberste Gericht des Landes vorgehen. Sie habe mit ihrer Familie und Freunden besprochen, erneut Berufung einzulegen, sagte Mukhtar Mai am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP in Meerwala in der nördlichen Provinz Punjab. Das Oberste Gericht hatte am Donnerstag Mais Berufung gegen die vorzeitige Freilassung von fünf Männern abgelehnt, die sie im Jahr 2002 im Auftrag eines Stammesrats vergewaltigt hatten. Der Rat hatte die Vergewaltigung damals als „Strafe“ für eine vermeintliche Beziehung des zwölfjährigen Bruders des Opfers zu einer Angehörigen eines rivalisierenden Stammes angeordnet.
Der Fall hatte weltweit für Aufsehen gesorgt, weil das Opfer sich traute, die Täter anzuzeigen. In erster Instanz waren sechs Männer von einem örtlichen Anti-Terror-Gerichtshof wegen der Vergewaltigung zum Tode verurteilt worden. Der Oberste Gerichtshof in Lahore ordnete jedoch im März 2005 die Freilassung von fünf von ihnen an. Die Strafe des Haupttäters wurde in Lebenslänglich umgewandelt. Das Urteil hatte international Proteste ausgelöst.
Nach der Ablehnung der Berufung hatte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch am Freitag die pakistanische Regierung aufgefordert, sich bei dem Gerichtshof für eine weitere Berufung einzusetzen. Zudem solle die Regierung für den Schutz von Mai sorgen. Die heute 40-Jährige engagiert sich für bedrohte Frauen. Im vergangenen Jahr wurden in Pakistan nach Angaben einer örtlichen Hilfsorganisation fast 1000 Frauen vergewaltigt. Mehr als 2000 Frauen wurden entführt und knapp 1500 ermordet.“ (AFP)
Die FAZ veröffentlicht heute einen ganze Seite über dieses schreckliche Land – Pakistan: „Die stete Angst vor dem großen Knall“ betitelt. Das Résümee des Autors lautet:
„Es mehren sich angesichts der Umstürze in der arabischen Welt die Stimmen, die vor einem blutigen Aufstand der vielen Armen gegen die wenigen Reichen warnen. Es könnte ein heißer Sommer werden.“
Es führt also wohl kein Weg daran vorbei: dieser Scheißstaat muß einfach untergehen! Die diesen korrupten islamistischen Militärfaschismus finanzierenden Amis tun mit ihren Drohnennangriffen absurderweise alles, um seinen Zusammenbruch noch zu beschleunigen.
Zu einem ähnlich definitiven Schluß kommt Karim El-Gawhary in seinem heutigen taz-Artikel über die Situation in Syrien:
Bisher sind mehr als 300 Menschen bei den Protesten ums Leben gekommen. Aber jeder Versuch des Regimes, den Aufstand unter Kontrolle zu bringen, hat bis zum jetzigen Zeitpunkt dazu geführt, dass die Demonstranten ihre Angst noch mehr verloren haben. Inzwischen rufen sie offen zum Sturz des Regimes auf. Eine Syrerin, die den Aufstand seit fünf Wochen aufmerksam beobachtet, kommentiert: „Das Regime setzt jetzt alles ein, und die Leute gehen trotzdem auf die Straße. Der Punkt ist erreicht, an dem es keine Rückkehr mehr gibt.“
Aus dem Jemen meldet dpa heute:
„Nach der Rücktrittsweigerung von Präsident Ali Abdullah Salih geht der blutige Machtkampf im Jemen weiter. Bei neuen Protesten gegen den Dauerpräsidenten wurden am Montag mindestens zwei Menschen getötet. Hunderttausende gingen auf die Straße. In mehreren südlichen Provinzen habe es Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Regierungskräften gegeben, berichteten Augenzeugen. Ein Demonstrant sei in der Provinz Ibb, ein weiterer in der Provinz al-Beidha getötet worden.
Über Ostern hatten sich die Hoffnungen auf eine friedliche Lösung des Konflikts zerschlagen. Salih machte deutlich, dass er nicht wie erhofft in Kürze abtreten wird. Zuvor hatte es geheißen, Salih werde im Gegenzug für Straffreiheit die Macht abtreten.“
Eine der Murdochschen Dreckszeitungen, die Londoner „Times“ schreibt heute über den Jemen, wo der nun doch nicht abtreten wollende Präsident bereits über hundert Demonstranten erschießen ließ (er nannte die Proteste gegen seine Herrschaft einen „Coup“. Islamistische Extremisten wie Al-Kaida hätten die Protestbewegung infiltriert):
„Die Außenwelt hat dem Jemen bislang weniger Aufmerksamkeit geschenkt als den Revolutionsbewegungen in Ägypten, Libyen und jetzt Syrien. Das verarmte Land mit den 23 Millionen Menschen am Rande der Arabischen Halbinsel hat weniger strategisch wichtige Ressourcen; es hat den niedrigsten Lebensstandard in der arabischen Welt und ist seit langem durch Stammesrivalitäten, politischen Zank und Korruption zerrissen. Aber für die Nachbarn des Jemens und auch für den Westen ist die Instabilität mindestens genauso bedrohlich wie die Unruhen in Nordafrika. Der Jemen liegt an einer strategisch wichtigen Seestraße, durch die täglich drei Millionen Barrel Öl gebracht werden. Al-Kaida hat sich im Land verschanzt, bietet islamistischen Extremisten wie Anwar al-Awlaki Unterschlupf und plant Operationen, um die ganze Arabische Halbinsel zu destabilisieren.“
Man erkennt daran, dass die Regierungen der Amis und Engländer und ihre Presseorgane die Arabischen Aufstände genauso wahrnehmen wie die jetzt endlich fallenden arabischen Herrscher lügen.
Erwiesen ist aber wohl:
For more than five years, Abu Sufian Ibrahim Ahmed Hamuda bin Qumu was a prisoner at the Guantánamo Bay prison, judged “a probable member of Al Qaeda” by the analysts there. Today, Mr. Qumu, 51, is a notable figure in the Libyan rebels’ fight to oust Col. Muammar el-Qaddafi, reportedly a leader of a ragtag band of fighters known as the Darnah Brigade for his birthplace, this shabby port town of 100,000 people in northeast Libya.
He was a tank driver in the Libyan Army in the 1980s, when the Central Intelligence Agency was spending billions to support religious militants trying to drive Soviet troops out of Afghanistan. Mr. Qumu moved to Afghanistan in the early 1990s, just as Osama bin Laden and other former mujahedeen were violently turning against their former benefactor, the United States.
He was captured in Pakistan after the Sept. 11, 2001, terrorist attacks, accused of being a member of the militant Libyan Islamic Fighting Group, and sent to Guantánamo — in part because of information provided by Colonel Qaddafi’s government.
Now, the United States is a leader of the international coalition trying to oust Colonel Qaddafi — and is backing with air power the rebels, including Mr. Qumu.
In addition to Mr. Qumu, local residents say the Darnah Brigade is led by Abdul-Hakim al-Hasadi, another Libyan thought to be a militant who was in Afghanistan during the Taliban’s rule, when Al Qaeda had training camps there.
“I don’t know how to convince everyone that we are not Al Qaeda here,” Mr. Hasadi said. “Our aim is to topple Qaddafi,” he added. “I know that you will never believe me, but it is true.”
For now, Western observers in Benghazi, the temporary rebel capital 180 miles from here, seem content to accept those assurances. “We’re more worried about Al Qaeda infiltration from outside than the indigenous ones” one said. “Most of them have a local agenda so they don’t present as much as a threat to the West.” (ein „Arabien-Twitter“ auf „Spiegel-online“, Libyen betreffend, wo laut „Die Zeit“ erhebliche „Unruhen“ herrschen, jedenfalls mehr als in Hamburg.)
In Tunesien soll Lech Walesa nun für „Runde Tische“, „Solidarnosc“-Gewerkschaften und polnische Streitkultur sorgen, schreibt die Berliner Zeitung heute – und beruft sich dabei auf die Gazeta Wyborcza. Ihre Kommentatorin Julia Gerlach hat unterdes nach den doch nicht so richtigen „Helden von Fukushima“ nun die „neuen Helden dieses Frühlings“ in Syrien ausgemacht: Es sind die dort friedlich demonstrierenden Bürger, die den bewaffneten Organen von Assad mit „entblößter Brust“ entgegen treten. Würden sie sich bewaffnen, um das Assadregime zu beseitigen, wäre das laut der Autorin „das Ende der Revolte und der Anfang eines Bürgerkriegs“. Eine Revolte ist demnach immer friedlich – und läßt sich mit Waffengewalt ersticken, während ein Bürgerkrieg dadurch gekennzeichnet ist, dass die Konfliktparteien bewaffnet sind. Was für ein pazifistischer Unsinn!
Die Nachrichtenagentur dpa tickerte heute um 10 Uhr 10 aus Syrien:
„Das syrische Regime geht trotz Sanktionsdrohungen aus dem Ausland weiter mit brutaler Gewalt gegen die Protestbewegung vor. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete am Dienstag, die Armee sei „auf Bitten der Bewohner von Daraa“ in der Stadt einmarschiert. Daraa ist eine Hochburg der Regimegegner, die seit Mitte März gegen Präsident Baschar al-Assad und seine Regierung protestieren.
Am Montagmorgen waren nach Angaben von Oppositionellen Tausende von Soldaten und Angehörigen der Spezialeinheiten mit Panzern und Scharfschützen in die Stadt eingedrungen. Die Regimegegner sprachen von 20 getöteten Zivilisten. Sana meldete sowohl in den Reihen der Sicherheitskräfte als auch aufseiten der „extremistischen Terrorgruppen“ habe es zahlreiche Tote und Verletzte gegeben.
Unterstützer der Proteste erklärten, in mehreren Ortschaften der Region Hauran seien die Strom- und Wasserversorgung und die Telefonverbindungen gekappt worden. Aus der Stadt Duma hieß es, die Sicherheitskräfte seien mit Namenslisten von Haus zu Haus gegangen. Sie hätten Dutzende von Männern abgeführt. In Homs sollen uniformierte Männer versucht haben, in das Al-Barr-Krankenhaus einzudringen, in dem verletzte Demonstranten behandelt wurden.
Die von den Aufständen in anderen arabischen Ländern inspirierte Protestbewegung in Syrien hatte zunächst lediglich demokratische Reformen gefordert. Nachdem die Sicherheitskräfte mehrere Demonstranten erschossen hatten, riefen sie jedoch nach einem Sturz des Regimes auf. Niemand weiß genau, wie viele Demonstranten bisher getötet wurden. Die Opposition benennt mehr als 350 Opfer. Alleine am vergangenen Freitag sollen 112 Aktivisten getötet worden sein.
Der Kunsthistoriker Peter Funken schickte mir heute einen seltsamen blog aus Syrien – von einem Künstler namens „damascusparadise“: http://damascusparadiseonearth.wordpress.com/ Die Eintragung von gestern lautet „Paradies auf Erden – der Staub der Stadt“:
(…) Die Strassensperren verhindern Besuche von Freunden und Familie auf dem Land oder in anderen Staedten. Die Hoffnung ist aus den Gesichtern verschwunden. Diesmal ist sie weit weggegangen.
Gemuese und Obst reichen fuer ein paar Tage. Ein Kilo Tomaten, ein paar gruene Paprika, drei Zwiebeln, Äpfel, Orangen. Diesmal kaufe ich vorsorglich vier Flaschen Bier im Viertel der Christen, zwei Flaschen Wasser. Vorräte für alle Fälle. Ostersonntag, 24.4.
Der öffentliche Verkehr ist teilweise eingestellt – die grünen Linienbusse fahren leer, wie Geisterfahrzeuge, an meinem Fenster vorbei. Sie transportieren jetzt Sicherheitsleute, nicht mehr die Bewohner der Stadt. Weisse runde Helme, eine Kolonne von Polizeimotorraedern, zerbeulte Busse voller Männer an Bord. Ich beobachte das Verkehrsgeschehen, hoffe auf Normalitaet. Zwei Männer tragen Brot. Die flachen runden Fladen schmiegen sich an ihre Koepfe, essbare Sonnenhüte. Ab und zu passiert ein Radfahrer mein Blickfeld, jeder Passant ist mir willkommen. Nach anderthalb Stunden taucht endlich eine Frau aus einer Gasse auf, wendet sich nach rechts, verschwindet. Ich vermisse den winkenden Morgengruss ueber die Gasse zum Nachbarn von gegenueber. Heute werden die Toten begraben.
(…) Um zwoelf Uhr wage ich den Gang nach draussen, biege nach links ab, den Gang vorbei am Ministery for criminal Investigation am Bab Musalla vermeidend. Die Geschaeftigkeit in der Strasse Al Bait befreit. Ich gehe Richtung Altstadt, zwei Siebe unterm Arm.
Je naeher ich der Zitadelle komme, desto freundlicher wird die Atmosphaere. Das Zentrum von Damaskus wird massiv abgeschirmt. Die Menschen versuchen Froehlichkeit. Um die Umayyaden-Moschee sitzen einige Touristen in der Sonne. Deutsche und italienische Wortfetzen flattern vorbei. Die Briten und Amerikaner haben ihre Buerger zurueckgerufen. Ermutigt dehne ich meinen Spaziergang aus. Gerne wuerde ich auf den Berg Quasin stadtwandern. Schoen wird es jetzt da oben sein. Zu weit, zu unsicheres Terrain, ich biege in eine belebte Strasse ein, kaufe ein kleines Souvenir, erhole mich im Glanz der schiitische Sayida Ruqiyya Moschee. Die Glaeubigen kuessen den Schrein der Enkelin des Proheten, reiben ihre Ruecken am Heiligtum, sogar Plastiktueten werden auf diese Weise geheiligt. Die Geste erheitert mich.
Das Licht der Sonne ist warm, als ich meinen Arbeitsraum erreiche. Leise klangvolle Musik weht mir entgegen, ich setze mich fuer ein paar Minuten aufs Dach, dann beginne ich den Staub zu sieben. (…) ‘Ein Tsunami wird über Syrien kommen’, sagt der Maler Abdullah Murad.
Das arabisch-syrische Auskunftsbüro im Kreuzberger Mehringhof informierte:
Das überall illegal geklebte rote Plakat, das zur Teilnahme an der 1.Mai-Demo auffordert – mit einem großen arabischen Schriftzeichen in der Mitte ist jetzt entziffert: das Schriftzeichen liest sich „jalla jalla“ und heißt so viel wie „dawai dawai“ – auf Russisch, auf Deutsch: „Vorwärts, los gehts!“ Das sagte übrigens auch Jurij Gagarin (auf Russisch), kurz bevor man ihn als ersten Menschen in den Weltraum schoß.
Ich berichtete heute auf den Berlinseiten der taz über „Die Achse der Guten“ – die Oranienstraße in Kreuzberg (36):
Die „Sarrazinisten“ sind auf dem Vormarsch – jedenfalls in Kreuzberg. In den Kneipen links und rechts der Oranienstrasse sitzen sie an der Theke und schwallen die Bedienungen voll – mit Despektierlichem über Türken und Araber. Die mögen sie nicht, die beeinträchtigen ihre „Lebensqualität“. Das muß man doch mal sagen dürfen.
Der Politologe Hamed Abdel-Samad versuchte sich auf dem taz-Medienkongreß bereits an einer Sozialanalyse dieses islamophoben Protestpotential, das er in der Schnittmenge zwischen einer Schweigenden Mehrheit (von deutschen Dumpfmeistern) und einer Kritischen Masse (von Neonazis) verortete, um sodann einmal mehr eine neue Altersdifferenz aufzumachen: „die 60plus-Generation“, der er geradezu Bürgerinitiativqualitäten attestierte. Gemeint waren damit nicht die „68er“, sondern die über Sechzigjährigen.
Sie werden nun abserviert. Sei es, weil sie starrsinnig keinen Emailanschluß haben wollen, sich Handys verweigern und Facebook ablehnen, oder weil sie von den nachdrängenden Jüngeren aus ihren Jobs gemobbt werden. Auch in Literatur, Malerei, Musik etc. werden die alten Freischaffenden aus ihren letzten Nischen gedrängt – und vergessen. Entweder, weil sie verstockt jegliches „Sie müssen sich besser vermarkten“ ablehnen oder weil sie sich derart panisch vermarkten, dass es selbst Unbeteiligten graust.
Es gibt schon zwei Romane, die sich dieses Phänomens am Beispiel alternder Schriftsteller annehmen, wobei auch gleich noch die junge „Facebook-Generation“ ihr Fett abbekommt, denn die Autoren gehören selbst zur „Generation 60plus“: Zum Einen der Trivialroman „Rumbalotte“ des Krimischriftstellers Horst Bosetzky und zum Anderen Silvia Bovenschens neuer Roman: „Wie geht es Georg Laub?“ Für ihre beiden Hauptfiguren gilt Novalis‘ Diktum: „Abwärts treibt der Sinn!“, d.h. wegen des nachlassenden Interesses an ihren Büchern steigen sie irgendwann aus dem Literaturbetrieb aus – und verkrümeln sich in in der Uckermark, wohin sich schon so viele Kulturschaffende verzogen haben. Wenn man dort zur Jagd eingeladen wird, scheuchen die Treiber inzwischen mehr von diesen Zurückgezogenen auf als Schalenwild. Ganz anders die islamophoben „Panikmacher“ (P.Bahner), die tapfer in den Türken- und Araber-Hochburgen Berlins ausharren – und Kraft durch Nörgeln schöpfen.
Ihr Anführer nennt sich ironisch El Sarrazin. Der wie eine Mischung aus Wolfgang Joop und Christa Wolf aussehende 66-Jährige, der eigentlich Uwe heißt, residierte lange im Café „Jenseits“ am Heinrichplatz, wo er den Wirt so lange mit rassistischen Meinungen, haltlosen Deduktionen und idiotischen Statistiken vollquatschte, bis dieser 2010 seinen „beliebten Scenetreff“ (Zitty) zermürbt aufgab. Seitdem ist El Sarrazin quasi heimatlos, was ihn aber nicht hindert, seine „Islamkritiker“ (FAZ) wo er steht und trinkt mit immer neuen „Sarrazynismen“ (taz) gegen Ausländer zu munitionieren. Seit den Arabischen Aufständen wird er jedoch kleinlauter. Neulich erfuhr ich von ihm – wie immer ungefragt, dass es schlimm enden werde. Ich dachte, jetzt kommt das Arschloch auf die tunesischen Migranten in Lampedusa zu sprechen – die in Wellen gegen die Festung Europa anbranden.
Aber nein, er versicherte mir und allen Umstehenden, dass jetzt – nach den Aufständen im Nahen Osten – die hier lebenden Araber alle erst recht ihr freches Haupt erheben. Dieses ihnen sozusagen in den Schoß gefallene neue Selbstbewußtsein habe bereits dazu geführt a), dass der Berliner Clubrat seinen Ukas an die Türsteher, keine Araber mehr reinzulassen, feige zurückgenommen habe, und b), dass diese ganzen Partyblondinen plötzlich wie wild auf Araber sind: „Die schnappen sich einen nach dem anderen! Ich könnte da Dinge erzählen, da fällste vom Glauben ab.“ Um mich herum nickte alles traurig. El Sarrazin ist schon lange ein Fan des faschistischen Kriegsberichterstatters Curzio Malaparte – und so wunderte es mich nicht, dass er dazu auch gleich ein passendes Zitat von ihm parat hatte – es betraf die Situation nach der deutschen Niederlage 1945, als die Amis in Kreuzberg und Neukölln einrückten: „Die Leute hatten sofort diesen prachtvollen, jungen, schönen Soldaten mit weißen Zähnen und roten Lippen Zuneigung entgegengebracht. In allen Jahrhunderten der Invasionen, der gewonnenen und verlorenen Kriege und Truppendurchmärsche hatte die Stadt noch nie so elegante, saubere, stets frischrasierte und höfliche Soldaten erlebt mit tadellosen Uniformen, mit sorgfältig geknüpften Krawatten, mit stets frischer Wäsche und ewig neuen, blanken Schuhen. Die ersten, die der Ansteckung erlagen, waren die Frauen.“
Den letzten Satz zischte El Sarrazin nur noch. „Neulich habe ich sogar schon Klara, die nette Blondine aus dem Film „Prinzessinnenbad“, im Arm eines Arabers auf der ‚O‘ gesehen. Verdammte Scheiße.,“ fügte er hinzu. Ich versuchte ihn zu trösten: „Die ist doch viel zu jung für dich.“ Ach, darum gehts doch gar nicht,“ erwiderte er. Wie sich dann herausstellte, war Klaras „Araber“ (der eigentlich ein Iraner war – „aber ist doch allet eens“) „durch einen dummen Zufall“ der Phallmanager von El Sarrazin im Jobcenter geworden. Darum gings.
Die kurdische Autonomie, im ehemaligen Irak gelegen, läßt noch zu wünschen übrig – AFP meldet aus Kirkuk:
„Bei Zusammenstößen zwischen kurdischen Sicherheitskräften und irakischen Soldaten in der irakischen Stadt Kirkuk sind nach Behördenangaben am Montag zwei Menschen getötet und vier verletzt worden. Bei den Opfern handle es sich um kurdische Sicherheitsbeamte und Polizisten, sagte der stellvertretende Provinzpolizeichef Turhan Abdelrahman der Nachrichtenagentur AFP. Nach Angaben des Polizeichefs Dschamal Taher Bakr wurden vier irakische Soldaten festgenommen und Ermittlungen eingeleitet.
Die irakischen Soldaten hätten nahe des Büros der Kurdischen Demokratischen Partei (PDK) patroulliert, als sie von einem kurdischen Beamten in Zivil gestoppt worden seien und die Situation eskaliert sei, sagte ein Polizeibeamter in Kirkuk, der anonym bleiben wollte, gegenüber AFP. Anschließend hätten sich Sicherheitsleute des Parteibüros eingemischt, und es habe Schüsse von beiden Seiten gegeben. Bakr bestätigte die Patrouille der Armee in der Stadt, die normalerweise von der Polizei kontrolliert wird.“
Aus Jordanien meldet dpa:
Ein jordanisches Gericht hat am Montag einen Prozess gegen den dänischen Mohammed-Karikaturisten Kurt Westergaard wegen Gotteslästerung und Beleidigung des Islam begonnen. Gegen Westergaard und weitere dänische Angeklagte werde in Abwesenheit verhandelt, hieß es in Justizkreisen in Amman. Die Verhandlung sei auf den 8. Mai vertagt worden. Eine Gruppe aus jordanischen Journalisten, Wissenschaftlern und Politikern hat den Prozess angestrengt. Westergaard ist seit der Veröffentlichung seiner umstrittenen Darstellung des Propheten Mohammed in der Zeitung „Jyllands-Posten“ 2005 auch immer wieder mit dem Tode bedroht worden. Im Vorjahr hatte ein Islamist aus Somalia versucht, Westergaard in dessen Haus am Rande von Aarhus mit einer Axt zu töten.
„Die Proteste in Jordanien richten sich auch gegen die hohen Benzinpreise“. Photo: nachrichten.ch.msn.com
Man ist dort auf das Auto angewiesen, denn kein Jordanier würde sich jemals auf ein Fahrrad wagen, es gibt dort nicht einmal Fahrraddiebe – wie ein taz-Artikel von Sonja Wagenbrenner belegt:
Die Fahrt aus Amman heraus ist die Hölle: Massen von Autos, die lärmen, stinken und hupen. Die Mittagshitze kennt keine Gnade, ein arabischer Schilderwald dreht sich um meinen Kopf. Und vor mir: die vierspurige Schnellstraße, die geradewegs in den gleißenden Himmel führt. Ich bereue jedes Pfund zuviel in meinen Satteltaschen. Jedes einzelne zerrt mich rückwärts, wieder ein Stück den Berg hinunter. Die Zweimillionenstadt Amman zwängt sich in steilwandige Schluchten; einmal drin, glaubt man, nie wieder herauszukommen. Die Menschen wohnen in grauen, einfallslosen Betonhäusern, die wie Wespennester an den Hängen kleben. Viele sind gar nicht fertig und werden es vielleicht nie. Als wir durch die Vorstädte fahren, ein gegensätzliches Bild: Hier wohnen die Reichen in streng bewachten Villen mit weitläufigen Parks und sehen auf das Treiben der Stadt hinab. Nach einer Stunde liegt der Streß hinter uns. Endlich frische Luft und weite, sanfte Hügel. Der Asphalt ist gut und unsere Mountainbikes schnurren friedlich nebeneinander her. Die meisten Jordanier fahren Pick-ups mit offener Ladefläche. Hauptsächlich japanische und deutsche Marken. Mercedes ist mit Abstand am beliebtesten. Gerade kommt uns ein grüner VW-Käfer entgegen. Drinnen sitzen zwei sonnenverbrannte Jordanier mit weißen Kaftanen und arabischen Kopftüchern. Sie hupen zum Gruß und winken aus offenem Fenster: „Hey, hey! Welcome! Welcome to Jordan!“
Noch eine Abzweigung und wir sind auf dem richtigen Weg: zum Toten Meer, dem tiefsten Punkt der Erde. Die Abfahrt ist grandios. Kahle Bergkuppen, die sich aneianderdrängeln wie die Rücken einer Elefantenherde. Fast eine Stunde brauchen wir, um die 1.000 Höhenmeter hinabzusausen. Nach einer langgezogenen Kurve taucht es in der Nachmittagssonne vor uns auf: das Tote Meer inmitten einer öden, steinigen Landschaft. 400 Meter unter dem Meeresspiegel. Ganz glatt und ruhig. Kein Laut, nur ab und zu das zaghafte Meckern einiger Ziegen. Sie gehören den Beduinen, den wandernden Bewohnern der Wüste. Ihre Zelte aus schwarzem Tuch stehen nicht weit von der Straße. Fast gespenstisch, die zehn Kilometer lange Fahrt an diesem verlassenen Ufer entlang. Die Luft ist feuchtwarm. Über dem Wasser liegt Dunst. Als wir am einzigen Hotel der Gegend ankommen, wird es schon dunkel. Aber die Preise vertreiben uns: 200 Mark pro Nacht sind zuviel. Und eigentlich spricht nichts gegen eine Nacht im mitgebrachten Zelt. So kommen wenigstens die durstigen Moskitos auf ihre Kosten.
Am nächsten Morgen der erste Blick aus dem Zelt: klar umrissen die staubfarbenen Berge am Ufer gegenüber. Dort liegt Israel. Die Staatsgrenze verläuft mitten durchs Tote Meer. Der Hauptzufluß zu dem Binnenmeer ist der Jordan. Einen Abfluß hat es nicht. Aufgrund der starken Verdunstung ist der Salzgehalt des Wassers sehr hoch und bewirkt enormen Auftrieb. Im Meer spiegelt sich der tiefblaue Himmel. „Das sieht alles gar nicht so tot aus“, rufe ich, und wir begeben uns hinein ins salzige Badevergnügen. Die Probe aufs Exempel ist wirklich zu komisch: Kaum lösen sich die Füße vom Meeresboden, schnellen Arme und Beine an die Oberfläche. Als hätte man Schwimmflügel an allen Gliedmaßen. Da hilft kein Strampeln. Und koordiniertes Schwimmen ist so gut wie unmöglich. Einfach lang ausstrecken,den Kopf entspannt zurücklegen, und schon treibt der Körper wie eine Luftmatratze. Zeitunglesen kein Problem. Die Rückfahrt mit der 1.400-Meter-Steigung würde uns in der Hitze allerdings nicht so gut bekommen. Während wir in die Eisen treten und noch grübeln, wie sie vermieden werden kann, bremst vor uns ein schwerbeladener Lkw. Ein kleines bärtiges Männlein springt heraus, fuchtelt aufgeregt mit den Händen und brabbelt etwas weitgehend Unverständliches. Bedeutete wohl so etwas wie: „Ihr wollt doch nicht etwa da hochfahren?! Kommt, ladet auf, ich nehm‘ euch ein Stück mit!“ Keine Frage – er packt die Fahrräder auf den Kies obendrauf und bittet uns ins heimelig anmutende Führerhäuschen: bunte Sitzkissen, Thermoskanne, pink schillernde Lamettafransen an der Decke und Häkeldeckchen auf dem Armaturenbrett.
Endlich bläst uns wieder Fahrtwind um die Nase. Auf dem Weg nach Süden lassen wir den „Desert Highway“, die jordanische Autobahn, ganz bewußt links liegen. Auf der wenig befahrenen Königsstraße kann man besser radeln. Sie ist ein uralter Verbindungsweg zwischen der Jordan-Region und dem Roten Meer. Für gläubige Muslime war die Königsstraße der wichtigste Pilgerweg nach Mekka, noch bis ins 20. Jahrhundert hinein. Die Straße windet sich durch tiefe, ausgetrocknete Flußtäler, die sogenannten Wadis. Mühsam quälen wir uns die Steigungen hoch. Bei Kilometer 15 bergauf kommt einem schon mancher Fluch über die Lippen. Die Gegend ist wenig fruchtbar. Nur hier und da ein Rinnsal, ein Fleckchen Grün. Und doch hat das spröde Land einen eigenwilligen Reiz. Alles schwingt in erdigen Tönen: Sand, Ocker, Rost. Die verstaubten Dörfer, wo sich Esel und Kamel gute Nacht sagen. Fast jedes mit einer eigenen kleinen Moschee. Und die Kinder am Straßenrand, die uns immer schon von weitem zuwinken. Bis ans Dorfende rennen sie juchzend hinter den Fahrrädern her.
In einem solchen Dorf halten wir, als es Abend wird. Eine Pension gibt es hier nicht. Aber wohin mit unserem Zelt? Im nächsten Laden bestellen wir erst mal Cola und Tee und warten ab. Meistens passiert irgendwas. Der Dorfbäcker Abdallah Mansor kommt vorbei und lädt uns ein, in seinem Vorgarten zu zelten. Neugierige Blicke der ganzen Familie, während wir aufbauen. Die Frauen bringen Matratzen und Kopfkissen. In Abdallahs Großfamilie leben vier Generationen unter einem Dach. Auf zwei Leute mehr oder weniger kommt es da offenbar nicht an.
Petra liegt tief unten im Wadi Musa. Das Tal ist benannt nach Moses, der mit den Israeliten auf dem Weg ins Gelobte Land hier durch die Wüste zog. Mit einem Stab soll er Wasser aus dem Felsen geschlagen haben. Die Mosesquelle sprudelt heute noch aus dem verkarsteten Kalkboden. Um 300 v.Chr. bot dieser Platz dem Stamm der Nabatäer ideale Lebensbedingungen. Die Nabatäer waren reich, denn sie beherrrschten in kurzer Zeit den Handel auf den Karawanenwegen: Weihrauch, Myrrhe und Gewürze aus Südarabien, Seide aus China, Perlen vom Persischen Golf. Von den Zöllen lebten sie hervorragend. Selbst beuteten sie Kupferminen aus und schöpften Asphalt aus dem Toten Meer. Den kauften zum Beispiel die Ägypter, um damit Leichen zu mumifizieren. Die Nabatäer hatten so viel Geld, daß sie sich freikaufen konnten, als sie von den Römern belagert wurden. Das Lösegeld betrug 300 Talente: nicht weniger als 15 Tonnen Gold. Die Hinterlassenschaft der Nabatäer sind eindrucksvolle Tempel und Grabmäler, auf einer Fläche von drei Quadratkilometern in den roten Sandsteinfels gehauen.
Die Fahrräder müssen diesmal draußen bleiben. Der einzige Zugang zur Ruinenstadt führt nämlich durch den steinigen Siq: eine drei Kilometer lange Schlucht, die von unterirdischen Kräften in eine schwache Stelle des Felsens gerissen wurde. Manchmal ist der Weg so schmal, daß gerade zwei Kamele aneinander vorbeikommen. Über uns ragen die Felsen bis zu 80 Meter empor. Schaut man in die bizarren Sandsteingebilde, meint man Hunderte von Gesichtern zu erkennen: Eulen, Löwen, Affen, Pharaonen. Am Ende des Siq leuchtet uns durch die engen Felswände im Morgenlicht der rosarote Stein der „Khazneh“ entgegen. Ein 40 Meter hohes Grabmonument, das die Beduinen „Schatzhaus“ nannten. Irrtümlich glaubten sie, in der Fassade sei der Schatz eines Königs verborgen. Um etwa 100 n.Chr. hatten die Nabatäer mit spitzen Knochen und zugeschliffenen Steinen dieses Grab aus dem Felsen gemeißelt.
Weiter mit dem Rad auf der Königsstraße nach Süden. Bald müssen wir auf den Desert Highway abbiegen. Reisebusse und Schwerlaster donnern im Mindestabstand an uns vorbei. Zweimal höre ich schon die Engel singen. Dies ist die Hauptroute nach Aqaba. Die LKWs transportieren Kali und Phosphat zum Export in die Hafenstadt am Roten Meer. Jedenfalls scheinen die Fahrer es eilig zu haben und dabei Kopf und Kragen zu riskieren. Als wir den Desert Highway wieder verlassen, ist der Ärger über den Verkehr schnell verflogen. Eine schmale Teerstraße führt uns in die Felsenwüste des Wadi Rum. Hier türmen sich gewaltige Standsteinfelsen auf, 30 Millionen Jahre alt. Der Wind und die extremen Temperaturen haben diese Wüstenmonumente geschaffen. Zum Greifen nah sind sie für uns. Auf der Strecke treffen wir die ersten „Kollegen“. Zwei Mountainbiker aus der Schweiz. Groß ist der Fanclub in Jordanien nicht. Das Fahrrad als Verkehrsmittel ist völlig unpopulär. Vorsichtig geschätzt gibt es vielleicht hundert davon, bei einer Einwohnerzahl von vier Millionen. Ein Fahrradladen ist uns nicht begegnet, die Versorgungslage mit Ersatzteilen ist desolat. Ein Glück also, daß es keine ernsten technischen Probleme gab. Die Schlösser für unsere Drahtesel haben wir übrigens zu Hause gelassen. Auch unabgeschlossen werden sie in Jordanien nicht angerührt.