vonsaveourseeds 20.04.2009

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Man sollte den Marienkäfer nicht unterschätzen, schon gar nicht sein Gebiss. Eine Studie zur Schädlichkeit des Gentechnik-Mais Mon 810 für zweigepunktete Marienkäfer gab letzte Woche den Ausschlag bei der „rein fachlichen“ Entscheidung zum Verbot des ungeliebten Monsanto-Maises. Jetzt herrschen berechtigte Zweifel daran, dass der Marienkäfer allein solch weitreichende Beschlüsse tragen kann.

Jörg Albrecht und Volker Stollorz haben den Fall in einem hervorragenden und ausführlichen Artikel in der FAZ, „Kleiner Käfer große Fragen“ am Sonntag auseinandergenommen und dabei nicht nur minutiös die Streitfragen, die sich um die Wirkungsweise des Bt-Toxins auf die Larven des Nützlings (weil räuberischen Vertiglers sogenannter Schädlinge) beleuchtet, sondern auch die Politisierung der Forscher, die sich mit Risikofragen befassen.  Schade nur, dass sie, anstatt daraus politische Schlüsse zu ziehen, sich letztlich auf etwas einseitige und unkritische Betrachtungen zur Evolution von wissenschaftlichem Konsens  beschränkten.

Solange die herrschende europäische Rechtsprechung nur eine Form des Verbotes von Gentechnikprodukten kennt, nämlich „neue wissenschaftliche Erkenntnisse“ über deren Schädlichkeit, weist sie dem wissenschaftlichen Konsens eine politisch problematische Rolle zu. Und solange wird sich an der Instrumentalisierung der Wissenschaft kaum etwas ändern, erst recht nicht am Beissverhalten der beteiligten Wissenschaftler und ihrer Auftraggeber. Der Wissenschaft und ihrer Glaubwürdigkeit tut dies nicht gut. Es bedarf schon starker Nerven und Sekundärtugenden um der Wahrheit auf den Fersen zu bleiben, wo unliebsame Erkenntnisse mit Rufmord geahndet werden. Monsanto gilt als Meister dieses Faches. Aber auch verschiedene Gentechnikaktivisten, die als „unabhängige Wissenschaftler“ die Lufthoheit über den Stammtischen des „Standes der Wissenschaft“ verteidigen, sind dabei nicht zimperlich. Und auch bei kritischen WissenschaftlerInnen hinterläßt dieser Grabenkrieg seine Spuren.

Wir können uns also schon jetzt auf eine pseudowisschenschaftliche Schlammschlacht um die Marienkäferstudie gefaßt machen und eine extra Botanisiertrommel bereithalten, in dem wir die Stilblüten sammeln, die daraus von „Experten“ der politischen und medialen Verdauung dieser Art von Wissenschaft verbreitet werden. Die naheliegende Erkenntnis, dass die Wirkung von Toxinen, die den Magen von Insekten perforieren, sich nicht auf jene Insekten beschränken wird, gegen die sie eingesetzt werden sollen, wird dabei hinter einem Schleier von Detailfragen (saugt die Mareinkäferlarve ihre Opfer aus oder frißt sie sie) verschwinden – quod erat demonstrandum.

Vor diesem Hintergrund hat Ilse Aigner mit ihrer Behauptung, das Verbot habe rein gar nichts mit Politik zu tun, sondern sei ausschließlich fachlich geboten, dem Diskurs keinen Gefallen getan. Die schlichte Frage, ob der Gentechnik-Mais denn gebraucht und gewünscht wird, ist in dieser verengten Auseinandersetzung verboten. Eine Abwägung der Umwelt- und Gesundheitsrisiken, aber auch der unerwünschten sozialen und kulturellen Nebenwirkungen und der strukturellen Auswirkungen auf die Land- und Lebensmittelwirtschaft darf nicht stattfinden. Allein das Urteil der Hohenpriester der Wissenschaft soll entscheiden – und so die Politiker entlasten.

Das ist unredlich und schädlich. Die eigene Urteilskraft an der akademisch besetzten Garderobe abzugeben, überfordert nicht nur den Marienkäfer, selbst wo er Adalia bipunctata heißt, sondern auch die Wissenschaftler und entmündigt die Bürgerinnen und Bürger. Ihre Bedenken und Urteile werden als „emotional“ entwertet. Politiker, die sie dennoch ernst nehmen, als Populisten verunglimpft. Am Ende dieser Logik steht der wissenschaftliche Gottesstaat und die Allmacht derer, von denen diese Wissenschaftler abhängig sind.

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