Die erste sonntaz ist auf dem Weg, droben im sechsten Stock wird noch eifrig gefeilt an dem, was ihr LeserInnen erst morgen früh auf dem Tisch habt. Ich durfte schon mal reingucken in die sonntaz. Es ist die erwachsene taz, die Thirtysomething-taz: professioneller, journalistischer, näher an den Leuten als die alte, die junge taz. „Wir wollen mit Menschen sprechen, statt nur über sie zu grübeln“, sagt Georg Löwisch. Er ist der Leiter der sonntaz.
Was steht morgen in der sonntaz? Da rennen die RedakteurInnen regelrecht herbei. Denn Waltraut Schwab, die Reporterin in der sonntaz, hat die erste „Die ganze Geschichte“ geschrieben. Eine lange Story über einen Mann, den erst der Untergang des Sozialismus arbeitslos gemacht hat und nun der Untergang des Kapitalismus, wie wir ihn bisher kannten. Der Typ arbeitet in der Chip-Branche, arbeitete, muss man sagen. Gerade wurde er entlassen. Aber er ist mehr. Er hat – damals – ein Spiel namens Planopoly erfunden, mit dem er – wie Monopoly die Marktwirtschaft – die Planwirtschaft auf die Schippe nahm. „Diese Geschichte hat alles: Ost und West, Zukunft und Vergangenheit, Menschen und Systeme“, sagt Waltraut, die 16.000 Zeichen dazu aufgeschrieben hat. Das ist verdammt viel Stoff. Ihr LeserInnen müsst selbst entscheiden, ob’s klappt.
„Mein Leben ist sehr viel sonniger geworden“, sagt Martin Reichert. Der Ex-Magazin-Redakteur meint damit nicht den besseren Umgang mit seinem neuen Ressortleiter – „muss man abwarten“ –, sondern wirklich die Sonne. Bisher saß er im Fettabzug des Restaurant sale e tabacchi im taz-Gebäude. Jetzt scheint ihm im sechsten Stock die Sonne auf den Landmännerbauch. „Wenn wir uns erwachsen verhalten hier oben, dann wird es fruchtbar“, sagt Waltraut. Wie meinen? Kann man nicht verstehen, nicht von außen. Eine Anspielung auf taz-interne Gruppendynamiken. Seit es die taz gibt, existieren diese Dynamiken.
Es ist nämlich keine Wagenburg eingerichtet worden, sondern eine Mischung aus Inhaltisten, Journalisten, Ideologen, erfahrenen Leuten und ganz jungen. Aus Redakteuren wie Bernd Pickert (Ausland), Waltraut (Reportage, Berlin), Jan Feddersen (Magazin, Autor), Anja Maier (Reportage) und Nachwuchs wie Volontär Paul Wrusch. Und eben Georg Löwisch, einem der besten und konzeptionellsten Journalisten, den die taz je hatte.
Für Georg ist der Hammer dieser Ausgabe die 100-Tage-Obama-Geschichte. „Bringt er wirklich die Wende?“ will die sonntaz wissen. Da diskutiert ein Politologie-Student mit Außenminister Steinmeier auf Augenhöhe, hier schreibt die Welt-amnesty-Generalsekretärin Irene Khan mit einer kubanischen Bloggerin namens Yoani Sánchez um die Wette. Yoani Sánchez meint: Ja, Obama, der isses! Den Rest müsst Ihr Euch selber angucken.
Drunten im zweiten Stock, wo die Macher der Tagesthemen-Redaktion sitzen, grummeln sie übrigens noch ein wenig. „Die haben keine einzige Seite-1-Geschichte“, mosert einer. Kein Wunder. Das sonntaz-Team oben im sechsten ist die Konkurrenz für die Tagesthemen unten. Denn was die unter der Woche machen, das wird die sonntaz ab morgen am Wochenende sein: Sie schreibt die wichtigsten und die besten Themen auf, die ab Samstag zu lesen sind. Hoffentlich wird es eine positive Konkurrenz. Wie man hört, hauen sie unten auch schon rein, um denen oben zu zeigen, wer besser ist. 😉