vonBlogwart 09.04.2011

taz Blogs


Willkommen auf der Blogplattform der taz-Community!

Mehr über diesen Blog

Von Andreas Wiebel

Diese Zeitungen warten auf ihren neuen Eigentümer. Foto: Fiona Krakenbürger
Diese Zeitungen warten auf ihren neuen Eigentümer. Foto: Fiona Krakenbürger

Redaktionelle Unabhängigkeit zu gewährleisten ist heutzutage schwer. Zu oft verliert der publizistische Inhalt gegen die Interessen eines Medien-Konzerns. Doch kritischer Journalismus entsteht nur, wenn diejenigen, die ihn produzieren, auch Mitsprache bei der Vermarktung ihrer Arbeit besitzen. „Wem gehört der Journalismus?“ – diese Frage stellte Jacob Augstein, Verleger des Freitag, Werner D`Inka (FAZ), Thomas Darnstädt (Spiegel) und Karl-Heinz Ruch (taz). Diskutiert wurden die verschiedenen Eigentumsverhältnisse der Medien, angefangen beim Genossenschaftsmodell der taz, über die Mitarbeitergesellschaft des Spiegels bis hin zur Stiftung der FAZ.

Der Spiegel gab sich selbstbewusst: „Wir sind unverkäuflich – nicht übernehmbar“. Keine Frage: Die Verankerung der Verfügungsrechte von Medien garantiert otfmals einen qualitativen Journalismus. Abgesehen davon, dass sich die Glaubwürdigkeit eines Blattes, insbesondere eines linken, natürlich in den Eigentumsverhältnissen widerspiegelt, hat die ökonomische Struktur eines Medienunternehmens auch redaktionelle Auswirkungen.

Während die taz im Verlauf ihrer 32-jährigen Geschichte vornehmlich positive Erfahrungen mit ihren kollektiven Entscheidungsprozessen erlebt hat – sei es die Gründung einer Genossenschaft oder der Ankauf des Verlagshauses in der damaligen Kochstraße. Im Gegensatz dazu muss Darnstädt für den Spiegel konstatieren, dass die patriarchale Prägung des Firmengründers Rudolf Augstein bis heute beibehalten wurde, zumindest in Hinblick auf die hierarchische Struktur innerhalb der Redaktion. Für die FAZ widerum gilt der Grundsatz der publizistischen Freiheit par excellance: Ein konservativer Politikteil, der Wirtschaftsteil liberal und linke Tendenzen im Feuilleton. „Die spezielle Art der Eigentumsverhältnisse produziert auch eine spezielle Form des inhaltlichen Wahnsinns“, befindet Augstein über die schillernden Autorenpositionen von taz und FAZ. „Das stärkt auch die publizistische Pluralität des Mediums.“

Die wahren Vorteile eines genossenschaftlichen Modells belegen sich aber vor allem in Krisenzeiten, so Ruch. Der taz kann es egal sein, ob die Anzeigen rauf oder runter gehen, sie hat das Kapital ihrer Genossenschaft als Sicherheit im Rücken. Wie das beim Spiegel oder der FAZ im “worst case“ aussähe, die ihre Ausfälle bisher durch Anhebung der Verkaufspreise aufgefangen haben, wollten deren Vertreter nicht so recht beantworten. Im Gegenteil: „Die Leser sind durchaus bereit, mehr für unser Produkt zu bezahlen“, so Darnstädt. Im Grunde sei der Rückgang der Anzeigenfinanzierung sogar eine Aufwertung der redaktionellen Arbeit. „Das ist etwas Neues, dass wir nicht mehr die Rückseiten der Anzeigen beschreiben.“

Ob das Genossenschaftsmodell der taz auf andere Medien übertragbar sei, beantwortet Ruch mit einem klaren „Nein“: „Bei der taz ist das mit viel Glück entstanden, wir sind krisengewachsen, man denke an die Rettungsaktionen in den Neunzigerjahren.“ Gute Erfahrungen mit genossenschaftlichen Strukturen gibt es hingegen auch in anderen Ländern. So berichtet Caspar Behrendt, Kongressteilnehmer aus Schweden, von seiner Arbeit bei Stockholms Fria Tidning (Freie Nachrichten Stockholm). Zugegebenermaßen unter geradezu idealen politischen Rahmenbedingungen, denn der Staat zahlt in Schweden für jeden Zeitungsabonnementen ungefähr zwei Euro im Monat an Subvention. Sollte man vielleicht auch in Deutschland einmal über einen öffentlich-rechtlichen Print-Medien-Sektor nachdenken?

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/die_eigentumsverhaeltnisse_sind_der_schluessel_fuer_die_autonomie_der_zeitung/

aktuell auf taz.de

kommentare