Monsanto und die Kleinwanzlebener Saatzucht, KWS, können nochmal aufatmen: Ein Gericht in San Francisco hat am Dienstag den Antrag auf eine einstweilige Verfügung, den Anbau aller gentechnisch veränderten Zuckerrüben in diesem Jahr zu verbieten, abgelehnt. Nachdem Vertreter von Monsanto glaubhaft erklärt hatten, dass eine solche Verfügung den Zuckerpreis in den USA in die Höhe treiben, tausende von Arbeitsplätze gefährden und Verluste von 1,5 Millarden Dollar verursachen würde, hielt Richter Jeffrey White diesen möglichen Schaden für grösser als jenen, den der Anbau für Bio-Landwirte in diesem Jahr haben könnte. Er forderte allerdings die Bauern auf, sich in Zukunft mit konventionellen Rüben-Saatgut zu versorgen weil in Zukunft ein Verbot der Gentech-Rüben durchaus wahrscheinlich sei.Im Herbst letzten Jahres hatte White den Klägern gegen die Gentechnik-Rüben Recht gegeben: Weil keine ausreichende Risikobewertung der möglichen Umweltfolgen durch das US-Landwirtschaftsministerium erfolgte, sei deren Anbau illegal, urteilte er damals. Erfolgreich geklagt hatten Bio-Landwirte, die Umweltorganisation Sierra Club und das Centre for Food Safety. Sie machten u.a. geltend, dass eine sichere Versorgung mit gentechnikfreien Rüben wegen der Auskreuzungsgefahr in Zukunft schwer möglich sei und besonders in Williamette Valley, wo die Gentechnik-Rüben vermehrt werden, Zucker- und Speiserüber, aber auch Mangold gentechnisch verunreinigt würden. Weil Zuckerrüben normalerweise erst im zweiten Jahr blühen aber schon nach einem Jahr geerntet werden, sind Auskreuzungen einerseits leichter zu vermeiden. Andererseits können sogenannte Schosser, die schon im ersten Jahr blühen und Samen tragen umso mehr Schaden anrichten: Einmal verstreuter Samen kann mindestens zehn Jahre lang im Boden überwintern und wieder aufwachsen. In seinem blog versucht Monsanto eine Biobäuerin so zu beruhigen: Verunreinigungen führten nicht automatisch dazu, dass das Produkt nicht mehr als Bioprodukt verkauft werden könne, wenn die Verunreinigung nur zufällig sei. Auch werde Monsanto in einem solchen Fall keine Patentgebühren auf die verunreinigten Bio-Rüben erheben. Kein Grund zur Panik also.
Zuckerrüben spielen für die US-Landwirtschaft insgesamt keine allzu grosse Rolle. Sie werden auf knapp 500.000 Hektar angebaut. Seit ihrer Einführung vor 4 Jahren haben Roundup-Ready Rüben 95% des Marktes erobert. Der Weltmarktführer KWS, der seine Rüben über die Firma Betaseed vertreibt, hält dabei einen Anteil von über zwei Drittel, für den er freilich so viel Lizenzgebühr an Monsanto bezahlt, dass trotz steigenden Umsatzes der Gewinn des Unternehmens im Rübengeschäft deutlich gelitten hat. Den Rest besorgt im Wesentlichen Monsanto selbst unter seinem label genuity. Weil gentechnikfreies Saatgut kaum noch angeboten wird, haben die Saatgutfirmen vollendete Tatsachen geschaffen, an denen auch Richter White nicht mehr vorbei kam: „Wenn das Gericht der einstweiligen Verfügung stattgeben würde, wäre in diesem Jahr nicht genug konventionelles Saatgut verfügbar“, stellt er in der Urteilsbegründung lakonisch fest. Der dadurch entstehende Schaden für Zuckerversorgung und -preise in den USA sei grösser als der einer möglichen Verunreinigung von gentechnifreien Rüben und verwandten Sorten.
Im Juli soll in der Hauptsache entschieden werden. Das Gericht betont, dass dann andere Erwägungen die Oberhand haben könnten. Bis zur nächsten Anbausaison wäre der Saatgut-Notstand zu vermeiden. Beide Seiten betonten, dass sie sich schon auf die nächste Runde freuen.
Die KWS zieht es gerade in Deutschland vor, zu alle dem zu schweigen und läßt Monsanto elegant den Vortritt in der Öffentlichkeit. Nur in ihrem Geschäftsbericht erwähnt sie den Fall kurz unter der Rubrik „Risiken“. Ein Schelm übrigens wer bei KWS und Monsanto an Monopole denkt: Die nächste Generation von Gentechnik-Rüben will KWS, so gab sie im Januar bekannt, mit BASF entwickeln. Wenn das nicht wahre Vielfalt ist!
Das Center for Food Safety erinnert derweil Mars und Hersheys als prominente Zuckerverarbeiter an ein Versprechen, das die Unternehmen ihren Kunden vor Jahren gaben, keinen Zucker aus Gentech-Rüben einzusetzen. In einer kleinen Kampagne fragen Sie danach wie es denn heute damit aussieht und fordern die Zuckerfirmen auf, sich im gentechnikfreien Zucker-Register einzutragen.