vonSchröder & Kalender 03.10.2009

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Der Bär flattert in nördlicher Richtung.
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Nachbemerkung zu unserem Blog ›Das Müllstück‹ (1 – 3): Trotz heftiger Kritik erlebte das Fassbinder-Stück ›Der Müll, die Stadt und der Tod‹ am Donnerstag seine deutsche Uraufführung. Nach den Prinzipien des Urheberrechts kann nun jede deutsche Bühne das Stück nachspielen. Was wir über die Zusammenhänge wissen und davon halten, haben wir in unseren Blogs gesagt. Interessant ist: Das Mülheimer Theater an der Ruhr vertritt die Auffassung, daß es ihrer Aufführung gelinge »den bewußten und unbewußten Antisemitismus als Tatsache der bundesrepublikanischen Wirklichkeit festzustellen«. Als ob es dafür eines Beweises bedurfte!

Interessant sind die bisherigen Pressereaktionen. ›Der Freitag‹ konstatiert: »Ein politisch eher entschärfter Abend«, die ›Kölnische Rundschau‹ bejubelt die Aufführung, fragt »was an diesem Stück antisemitisch ist« und beantwortet die rhetorische Frage mit der Auskunft: »Mag sein, dass Ciulli die strittigen Textpassagen eliminiert hat.« Die Zeile »Er saugt uns aus, der Jud, trinkt unser Blut und setzt uns ins Unrecht, weil er Jud ist und wir die Schuld tragen« kam also in Mülheim nicht über die Rampe. Und die ›Berliner Morgenpost‹ resümiert: »Das Stück kann in Deutschland gespielt werden. Das wäre nun geklärt.« Wir sind gespannt, was uns die nächsten Aufführungen bescheren werden.

»Dieser Roman, kein Zweifel, ist ein Monstrum. Er schlägt um sich, jähzornig, ohne Übersicht, ohne Besinnung oder gar Disziplin, er beutelt seine Frankfurter Erzählstoffe durch und wird von ihnen durchgebeutelt.« Reinhard Baumgart, Süddeutsche Zeitung.

»Die Ausweglosigkeit, in die Zwerenz seine Personen stürzen läßt, reflektiert einen augenblicklichen Zustand, beschrieben aus der Perspektive der späten sechziger Jahre und ihrer zusammengebrochenen Revolte; sie gibt ein Protokoll der Widersprüche, an deren Unterdrückung wieder einmal gearbeitet wird; sie offenbart, als Versuch einer möglichst aufrichtigen Bestandsaufnahme, die Illusionslosigkeit eines Schriftstellers, der das Potential seines rigiden Anarchismus nicht aufzugeben willens ist zugunsten ›kleiner Schritte‹.« Wolfram Schütte, Frankfurter Rundschau.


Gerhard Zwerenz, ›Die Erde ist unbewohnbar wie der Mond‹ sowie das Drehbuch nach dem Roman von Gerhard Zwerenz von Rainer Werner Fassbinder, Leinen, 580 Seiten, April, April! Verlag 1983 (Die Notausgabe ist nur noch antiquarisch erhältlich).

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(GZ/ BK / JS)

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https://blogs.taz.de/die_erde_ist_unbewohnbar_wie_der_mond/

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