Gemeinhin gilt die Grenze zwischen den USA und Mexiko als eine der am besten gesischerten der Welt. Abertausende von Migranten scheitern alljährlich an den rigiden Kontrollen in Richtung USA. In die entgegengesetzte Richtung wird es mit den Kontrollen aber nicht so eng genommen – zumindest in Ciudad Juárez. Die schwer bewaffneten Grenzbeamten sind genauso wie ihre martialisch erscheinenden Kollegen von der mexikanischen Armee schon von weitem an der internationalen Brücke „Paso El Norte“ zu sehen. Penibel wird am Grenzübergang Ciudad Juárez ins texanische El Paso jedes Auto gefilzt, welches ins gelobte Land, sprich die USA will. Es wird fleißig gependelt, denn viele der Menschen – angeblich selbst der Bürgermeister von Ciudad Juárez – ziehen es vor lieber im ruhigen El Paso als in der brisanten Ciudad Juárez zu leben. Entsprechend lebhaft wird zwischen den Schwesterstätten, die nur durch den Rio Grande getrennt und von einer Handvoll Brücken verbunden sind, gependelt. Während aber in die eine Richtung minutiös kontrolliert wird, kann in die andere Richtung nahezu alles passieren. „Das gilt vor allem für die Autos aus zweiter Hand, die in großer Zahl aus den USA eingeführt werden“ sagt Luz Sosa, Reporterin der auflagenstärksten Tageszeitung von Ciudad Juárez, dem „El Diario. Zwar sind die Mexikaner auch nicht amused, dass immer wieder Waffen made in USA aufgefunden werden, aber die abgelegten US-Schlitten, die ohne Nummerschilder durch das vollkommen zersiedelte Ciudad Juárez röhren, stören so manchen braven Mexikaner. Dabei sind die Verantwortlichen dabei nicht ganz unschuldig. „1986 haben die Behörden die Zulassungskosten merklich angehoben. Das war eine Finanzierungsquelle für die Weltmeisterschaft im eigenen Land – nur hat man die Preiserhöhung nie zurückgenommen“, erklärt der 21-jährige Kunststudent Eduardo Rosales. Seitdem sind Nummerschilder und Zulassung recht teuer. Am heruntergekommenen roten Sportcoupé von Eduardo prangt trotzdem ein mexikanisches Nummerschild, doch dafür und für den Wagen hat Vater Rosales gesorgt.
„Autos sind hier total billig, weil jeden Tag etliche Dutzend aus Texas überführt werden. Es gibt Mexikaner, die kommen aus der Hauptstadt und selbst aus dem Süden des Landes um hier in Ciudad Juárez einen billigen US-Schlitten zu erstehen“, schildert der kleingewachsene drahtige Student, der nebenbei als Tanzlehrer arbeitet, das Procedere. An den Kreuzungen der weitläufigen Autostadt sind jedoch immer öfter Wagen mit den charakteristischen schwarzen Löchern unterhalb von Kühler und Kofferraum zu sehen. Angesichts der handfesten Wirtschaftskrise, in der sich Mexiko befindet und der wenig positiven Perspektiven der Stadt sparen viele der einfachen Leute die Ausgaben für die placas, wie die Nummerschilder in Mexiko heißen. Kontrolliert wird das ohnehin kaum mehr, denn die Ordnungshüter der Stadt haben ganz andere Sorgen als die fehlenden Nummerschilder an den ausrangierten rollenden Blechmonstern aus den USA. Den Drogenkartellen will man an denn Kragen, doch die schlagen der Ordnungsmacht in aller Regel einen Haken. Moderne Waffen und Elektronik machen das genauso möglich wie die schlechte Koordination der staatlichen Truppe. Für die beiden ersten Dinge zeichnen die Amerikaner verantwortlich. Trotz vieler Ankündigungen ist die Grenze in die südliche Richtung offen wie ein Scheunentor. Für Mexikos Regierung ein Problem, für die Autofahrer des Landes hingegen ein gern gesehene Tatsache.
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