von 29.11.2010

taz Blogs


Willkommen auf der Blogplattform der taz-Community!

Mehr über diesen Blog
Die Arbeiter zerlegten die Trafos - von giftigen Stoffen wussten sie nichts. Foto: ap

Was tut eine Behörde, die einräumen muss, dass ein von ihr genehmigter Recyclingbetrieb seit Jahren Arbeiter und Anwohner mit krebserregenden Chemikalien verseucht? Sie arbeitet langsam, ganz langsam.

Unmittelbar nachdem Ende September bekannt wurde, dass im Blut der Arbeiter des Dortmunder PCB-Entsorgers Envio auch die Seveso-Gifte Dioxin und Furan stecken, hat sich die taz beim Umweltamt der Stadt Dortmund und bei der Bezirksregierung im nordrhein-westfälischen Arnsberg um Akteneinsicht bemüht. Beschleunigt hat auch der Hinweis auf das nordrhein-westfälische Pressegesetz und das Umweltinformationsgesetz die Bearbeitung nur bedingt: Ein Blick in die Arnsberger Genehmigungs- und Verfahrensakten war erst in der zweiten Novemberhälfte möglich.

Präsentiert wird dann ein nur für die taz vorbereiteter, durcheinandergewürfelter Aktenhaufen, der mehr verwirren als aufklären soll: Wichtige Genehmigungen fehlen, müssen nachbestellt werden. Namen und Fakten sind unter Hinweis auf noch immer zu schützende Geschäftsgeheimnisse der Giftfirma Envio geschwärzt.

Mehr als zwei Tage dauert es, die Unterlagen wenigstens chronologisch zu ordnen. Noch heute fehlen trotz erneuter Nachfrage wichtige Informationen zum Arbeitsschutz, der die Envio-Mitarbeiter vor einer PCB-Verseuchung bewahren sollte. Aber das scheint üblich: Heikle Informationen rückt die Behörde erst heraus, wenn oft genug Druck gemacht, gemahnt, gedroht wurde.

„Keine Einsicht“ heißt es deshalb bis heute zu den sogenannten „Begleitscheinen“ der Transformatoren, die Envio aus der Untertage-Giftmülldeponie Herfa-Neurode ausgraben und per Schwertransport nach Dortmund schaffen ließ. Nach diesen „Begleitscheinen“ auch nur gefragt, reagiert ein Arnsberger Behördenmitarbeiter mit einem Wutanfall, schreit herum – und schleppt umgehend die hauseigene Juristin heran. Denn aus den Unterlagen wird hervorgehen, wem die riesigen Elektrobauteile einst gehörten: Insider versichern, dass darunter auch namhafte nationale Stromversorger sein werden. Auch die müssten sich dann verantworten – schließlich wissen sie genau, welche hochgefährlichen Gifte in ihren Alt-Trafos herumwabern. Nicht umsonst haben sie hohe fünfstellige Summen gezahlt, um den Müll tief unten im ehemaligen Salzbergwerk Herfa einmauern zu lassen.

„Geheim“ heißt es dazu in Dortmund und Arnsberg noch immer – als ob nicht das angeblich so sichere Verfahren Envios zur PCB-Aufbereitung, sondern die Lieferanten ein Betriebsgeheimnis wären. Offenheit, Informationsfreiheit sieht anders aus. Wir bleiben dran.

Sämtliche der taz vorliegende Unterlagen können Sie weiterverwenden, wenn Sie auf die Quelle www.taz.de verlinken: Wir bieten Ihnen folgende PDF-Dateien zum Download: 482 Seiten Genehmigungen und 440 Seiten aus der „Verfahrensakte“. Chronologisch aufgearbeitet.

Die ganze Geschichte lesen Sie hier auf taz.de.

Autor: Andreas Wyputta

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/die_giftfirma_und_die_geheime_umweltbehoerde/

aktuell auf taz.de

kommentare